European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00003.17H.0302.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Rene O***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 3. September 2015 in K***** Christiane N***** vorsätzlich durch gewaltsames Ertränken getötet.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 6 des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Die gesetzmäßige Ausführung einer Fragenrüge (Z 6) – hier in Richtung der Stellung einer Zusatzfrage wegen Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) sowie einer Eventualfrage in Richtung fahrlässiger Tötung (§§ 80 oder 81 StGB aF) – erfordert die deutliche und bestimmte Bezeichnung der vermissten Fragestellung und des sie indizierenden Tatsachensubstrats in der Hauptverhandlung samt Angabe der Fundstellen in den Akten (RIS‑Justiz RS0119418, RS0119417, RS0117447, RS0100860). Beruft sich der Nichtigkeitswerber bei der Kritik an der Unterlassung der Aufnahme einer Frage in den Fragenkatalog auf ein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis, darf er den Nachweis der geltend gemachten Nichtigkeit nicht bloß auf der Grundlage einzelner, isoliert aus dem Kontext der Gesamtverantwortung gerissener Sätze führen, sondern hat vielmehr die Verantwortung in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen (jüngst 11 Os 12/16y). Durch selektives Betonen einzelner Aussageteile unter Außerachtlassen des Zusammenhangs wird die Indizwirkung für eine angestrebte Frage nicht dargetan (RIS‑Justiz RS0117447 [T2, T4], RS0100464).
An diesen Anfechtungsvoraussetzungen scheitert die (eine Zusatzfrage in Richtung § 11 StGB vermissende) Beschwerde, soweit sie – ohne die konkreten Angaben des Angeklagten zu seinen Konsumationen zu erörtern (vgl insbesondere ON 149 S 4 f, 9 ff, 11 f) – bloß pauschal auf die Einlassung des Angeklagten verweist, durch Alkohol und Suchtmittel beeinträchtigt gewesen zu sein und sich „teilweise nur noch wie durch einen Schleier an die Vorgänge am Tattag“ erinnern zu können.
Gleiches gilt für die Rechtsmittelargumentation, wonach mehrere Zeugen von der Konsumation erheblicher Alkohol- und Suchtgiftmengen seit den Morgenstunden des Tattages berichtet hätten. Denn insoweit erschöpft sich die Beschwerde im Wesentlichen in der eigenständig beweiswürdigenden Spekulation, wonach mit Blick auf diese Beweisergebnisse das Vorliegen der Voraussetzungen des § 11 StGB die einzig „vernünftige Erklärung“ für die vorliegende Tötungshandlung sein könne.
Weshalb die Zusatzfrage nach Zurechnungsunfähigkeit im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen, dem eine Rückrechnung der Beeinträchtigung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt gerade nicht möglich war (ON 154 S 8), zu stellen gewesen wäre, erklärt das Rechtsmittel nicht.
An den eingangs dargelegten Zulässigkeitsvoraussetzungen geht auch die weitere Beschwerde vorbei, soweit sie die Stellung einer Eventualfrage in Richtung fahrlässiger Tötung (§§ 80 oder 81 StGB aF) im Zusammenhang mit dem (zwecks Ausnüchterung vorgenommenen) Abduschen des Tatopfers durch den Angeklagten und den Zeugen Michael S***** releviert. Denn sie entwickelt ihre Argumentation lediglich auf Basis beweiswürdigender Erwägungen, indem sie die Angaben der Genannten betreffend den Abduschvorgang (wonach die Atemöffnungen des Opfers nicht unter Wasser gelangten) bezweifelt und eigenständige Schlussfolgerungen aus dem Sachverständigengutachten zieht, ohne sich mit der Gesamtheit dieser Expertise (wonach ein „Brausen allein“ als Ursache für einen Ertrinkungstod definitiv ausgeschlossen sei; ON 154 S 5) auseinanderzusetzen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§§ 344, 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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