OGH 12Os156/16g

OGH12Os156/16g2.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Adamowitsch als Schriftführerin in der Strafsache gegen Pedro G***** S***** wegen Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. September 2016, GZ 9 Hv 54/16m‑64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0120OS00156.16G.0302.000

 

Spruch:

 

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Subsumtion der von den Schuldsprüchen A./1./ und 2./ erfassten Taten jeweils auch nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG und den zu diesen Schuldsprüchen gebildeten Subsumtionseinheiten, demzufolge auch im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben, insoweit eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache in diesem Umfang an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Ihm fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Pedro G***** S***** jeweils eines Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./1./) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A./2.) sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall SMG (B./1./) und nach § 27 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (B./2./) schuldig erkannt.

Danach hat er in in G***** und an anderen Orten vorschriftswidrig Suchtgift

A./ in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge

1./ eingeführt, indem er von Dezember 2015 bis 23. Februar 2016 5.961 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 12 % (715,32 Gramm Delta‑9‑THC; 35,77‑fache Grenzmenge) anlässlich mehrerer Beschaffungsfahrten von Tschechien nach Österreich brachte;

2./ anderen überlassen, indem er im zu A./1./ erwähnten Zeitraum in mehreren Angriffen 4.555 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von 12 % an im Ersturteil genannte Abnehmer gewinnbringend veräußerte und weitere 1.106 Gramm an Luis E***** C***** zum Weiterverkauf übergab (insgesamt 679,32 Gramm Delta‑9‑THC; 33,97‑fache Grenzmenge),

wobei sein Vorsatz sowohl bei der Einfuhr als auch bei der Überlassung auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war sowie die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt mitumfasste und er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass in Summe das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge des § 28b SMG überschritten wird;

B./ besessen, und zwar:

1./ am 28. Februar 2016 70 Gramm Cannabiskraut, die anlässlich seiner Festnahme sichergestellt wurden;

2./ von Anfang Dezember 2015 bis 28. Februar 2016 ca 230 Gramm Cannabiskraut bis zum Eigenkonsum, wobei er die Tathandlungen zum persönlichen Gebrauch beging.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise berechtigt.

Die Tatrichter gründeten die Annahmen zum (12%‑igen) Reinheitsgehalt der vom Schuldspruch A./ erfassten verbotenen Substanzen auf eine (in einem Parallelverfahren gegen einen Abnehmer des Angeklagten erstattete) Sachverständigenexpertise (US 5) sowie darauf, dass der Angeklagte nur zwei Bezugsquellen hatte, die ihn mit Cannabiskraut ähnlicher Qualität belieferten (US 5).

Ausgehend davon kritisiert die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu Recht eine fehlende Auseinandersetzung des Schöffengerichts mit einem weiteren (im vorliegenden Verfahren eingeholten) Sachverständigengutachten, das dem beim Angeklagten sichergestellten Cannabiskraut einen Reinheitsgehalt zwischen 4,37 % und 6 % attestierte (ON 19).

Die aufgezeigte Unvollständigkeit bezieht sich schon deshalb auf für die Subsumtion entscheidende Umstände (RIS‑Justiz RS0117499; in Bezug auf Suchtgiftmengen jüngst 14 Os 60/16d), weil nach den Urteilsannahmen eine weitere (dritte) Bezugsquelle ausscheidet und sich – auf Basis einer Suchtgiftqualität von 4,37 % bzw 6 % – betreffend den Schuldspruch A./1./ eine Reinsubstanz von 260,50 bis 357,66 Gramm (rund 13‑fache bzw 17‑fache Grenzmenge) und hinsichtlich A./2./ eine solche von 199,05 bis 273,3 Gramm (knapp 10‑fache bzw 13‑fache Grenzmenge) errechnet. Davon ausgehend wäre in beiden Fällen die vorliegend angenommene Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG (aber auch jene nach § 28a Abs 2 Z 3 SMG) nicht erfüllt.

Das aufgezeigte Begründungsdefizit macht die Urteilsaufhebung – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – schon bei nichtöffentlicher Beratung unvermeidlich (§ 285e StPO). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die weitere, gegen die Feststellungen zum Reinheitsgrad gerichtete Beschwerdeargumentation.

Im zweiten Rechtsgang wird das Schöffengericht mängelfreie Konstatierungen zur Suchtgiftqualität auf Basis sämtlicher relevanter Verfahrensergebnisse zu treffen haben.

Im Übrigen schlägt die Nichtigkeitsbeschwerde jedoch fehl.

Die gegen den Schuldspruch B./ gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) leitet ihre pauschale Behauptung, dem nachfolgenden Besitz geschmuggelten Suchtgift komme kein eigenständiger Unwert zu, nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz

RS0116565, RS0118429; zum Vorliegen echter Konkurrenz vgl im Übrigen RS0119509; 12 Os 148/12z, SSt 2012/73).

Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf den kassatorischen Teil der Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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