European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00009.17I.0228.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der Kläger war von 1. 3. bis 30. 6. 2015 bei der beklagten Gesellschaft, die ein Krankenhaus betreibt, als Primar und Leiter einer Abteilung beschäftigt. Diesem Dienstverhältnis lag – unstrittig (vgl RIS-Justiz RS0121557 [T3]) – der schriftliche Dienstvertrag vom 25. 2. 2015 zugrunde.
Darin vereinbarten die Parteien ein unbefristetes Dienstverhältnis (Punkt 5) und hielten unter Hinweis auf die „Probezeit gemäß § 10 Gem-VBG“ fest, dass der Vertrag innerhalb von drei Monaten ab Beginn des Dienstverhältnisses von beiden Teilen ohne Angabe von Gründen jederzeit gelöst werden kann.
Zudem verpflichtete sich die Beklagte, dem Kläger ua (soweit hier relevant) dann eine freiwillige Abfertigung in Höhe von 12 Monatsgehältern zu zahlen, wenn das Dienstverhältnis innerhalb der ersten fünf Jahre durch Dienstgeberkündigung oder Entlassung aufgelöst wird, ohne dass ein vom Dienstnehmer zu vertretender Kündigungs- oder Entlassungsgrund vorliegt bzw von diesem gesetzt wurde.
Punkt 13 Z 1 des Dienstvertrags hält ua (soweit hier relevant) fest, dass auf dieses Dienstverhältnis das Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2001, LGBl 2002/17 in der jeweils geltenden Fassung Anwendung findet.
Anfang Mai 2015 teilte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten mit, dass sein tatsächliches Gehalt erheblich hinter seinen Erwartungen liege und er daher hinsichtlich seines Gehalts eine Änderung des Dienstvertrags begehre. Der Geschäftsführer lehnte eine Gehaltserhöhung des Klägers zwar nicht ab, wies jedoch darauf hin, dass dafür ein Beschluss des Aufsichtsrats notwendig sei, dieser jedoch erst Anfang Juni die nächste Sitzung habe. Da die Entscheidung über die vertragliche Gehaltsanpassung nicht vor Ablauf der für drei Monate vereinbarten Probezeit entschieden werden konnte, unterfertigten der Kläger und der Geschäftsführer der Beklagten am 21. 5. 2015 folgende als Zusatz Nummer 1 zum Dienstvertrag vom 25. 2. 2015 bezeichnete Vereinbarung:
„Unter Bezugnahme auf Punkt 5 Dauer des Dienstverhältnisses wird einvernehmlich vereinbart, dass die Probezeit gemäß § 10 Gem-VBG um ein weiteres Monat bis inklusive 30. 6. 2015 verlängert wird.“
Nicht festgestellt werden kann, wer den Vorschlag zur Verlängerung der Probezeit erstattete. Beide Parteien gingen jedoch davon aus, mit diesem Zusatz zum Dienstvertrag eine fristlose Lösungsmöglichkeit zu vereinbaren.
Zu einer Einigung über die vom Kläger begehrte Gehaltserhöhung kam es nicht. Den (Gegen‑)Vorschlag der Beklagten, den Dienstvertrag im Sinne einer Befristung auf zwei Jahre abzuändern, nahm der Kläger nicht an.
Mit Schreiben vom 23. 6. 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass „der Dienstvertrag samt Zusatz Nummer 1 vom 21. 5. 2015 gemäß der durch den Dienstnehmer gewünschten Verlängerung der Probezeit bis 30. 6. 2015 über diesen Zeitraum hinaus nicht fortgesetzt wird“.
Der Kläger begehrt von der Beklagten die vereinbarte freiwillige Abfertigung. Die Probezeitverlängerung sei wegen § 10a Sbg Gem-VBG 2001 unzulässig gewesen. Das unbefristete Dienstverhältnis sei von der Beklagten ohne gerechtfertigten Grund beendet worden.
Die Beklagte bestritt das Klagebegehren dem Grunde nach und wendete ein, dass die Anwendung des Sbg Gem-VBG 2001 auf das Dienstverhältnis vereinbart worden sei. Die einvernehmlich über Wunsch des Klägers um einen Monat verlängerte Probezeit verstoße nicht gegen § 10a Sbg Gem-VBG 2001. Damit sei entweder das Dienstverhältnis innerhalb der verlängerten Probezeit zur Auflösung gebracht oder deklarativ kundgetan worden, dass das befristete Dienstverhältnis mit Fristablauf geendet habe. Abgesehen davon lägen (im Verfahren näher dargestellte) Kündigungsgründe iSd § 116 Sbg Gem-VBG 2001 vor.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Durch die Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag sei zwar die Probezeit über den gesetzlich vorgesehenen Maximalzeitraum verlängert worden. Diese Zusatzvereinbarung sei aber so zu verstehen, dass die Parteien damit nicht eine jederzeitige fristlose Lösbarkeit des Dienstverhältnisses vereinbaren wollten, sondern eine Befristung für diesen Zeitraum. Das Dienstverhältnis habe daher durch Zeitablauf und nicht durch Kündigung der Beklagten geendet, weshalb dem Kläger keine Abfertigung gebühre.
Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurück. § 10a Sbg Gem‑VBG 2001 sei zwingend, sodass die Vereinbarung eines weiteren Probemonats unwirksam gewesen sei. Das unbefristet vereinbarte Dienstverhältnis sollte durch die unzulässige Probezeitverlängerung auch nicht in ein befristetes Dienstverhältnis umgewandelt werden. Das unbefristete Dienstverhältnis habe daher durch Kündigung der Beklagten geendet. Nur wenn diese begründet wäre, gebühre dem Kläger die vereinbarte Abfertigung nicht. Das Erstgericht habe im ergänzend durchzuführenden Verfahren die von der Beklagten behaupteten Kündigungsgründe zu prüfen.
Den Rekurs ließ das Berufungsgericht zur Frage zu, ob § 10a Sbg Gem-VBG 2001 einer vereinbarten Probezeit von über drei Monaten entgegenstehe.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zur Klarstellung zulässig, im Ergebnis jedoch nicht berechtigt.
1. Ausgehend vom übereinstimmenden Rechtsstandpunkt beider Parteien, im Dienstvertrag vom 25. 2. 2015 eine nach dem Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Vertragsbediensteten der Gemeinden (Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz 2001 – Gem-VBG) (kurz: Sbg Gem-VBG 2001) zulässige Probezeit von drei Monaten vereinbart zu haben, ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts zutreffend (§ 528a iVm § 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Dieser ist in Ergänzung und Erwiderung des Rekurses noch Folgendes hinzuzufügen:
1.1. Bis zum 30. 11. 2006 sah das Sbg Gem‑VBG 2001 in seiner ursprünglichen Fassung LGBl 2002/17 in § 11 Abs 1 letzter Satz vor, dass ein Dienstverhältnis auf Probe nur für die Höchstdauer eines Monats eingegangen werden kann. Dementsprechend hatte die schriftliche Ausfertigung des Dienstvertrags auch Bestimmungen darüber zu enthalten, ob das Dienstverhältnis auf Probe, auf bestimmte Zeit oder auf unbestimmte Zeit eingegangen wird (§ 10 Abs 2 Z 4 Sbg Gem-VBG 2001 idF LGBl 2002/17).
Mit der Novellierung dieses Gesetzes durch das LGBl 2006/122 entfiel § 11 Abs 1 letzter Satz und es wurde § 10a mit der Überschrift „Probezeit“ eingeführt. Danach kann innerhalb der ersten drei Monate ab dem Beginn des Dienstverhältnisses dieses von beiden Vertragsparteien jederzeit ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Gleichzeitig entfiel in § 10 Abs 2 Z 4 Sbg Gem-VBG 2001 die Wortfolge „auf Probe“. Nach den Gesetzesmaterialien zu dieser Novelle (RV 7/2006 Blg Sbg Landtag 13. GP) war ursprünglich eine Probezeit nicht verpflichtend vorgesehen und durfte zunächst höchstens einen Monat betragen. Diese Frist hat sich in der Praxis aber als zu kurz erwiesen, um eine verlässliche Beurteilung der oder des Bediensteten vorzunehmen. Die Probezeit sollte daher auf drei Monate verlängert werden und außerdem verpflichtend am Beginn jedes Dienstverhältnisses stehen, sodass sich eine Aussage zu diesem Punkt im Dienstvertrag erübrigt.
Mit LGBl 2011/114 wurde in § 10a Sbg Gem-VBG 2001 das Wort „gekündigt“ durch das Wort „gelöst“ ersetzt, um eine Harmonisierung mit dem Wortlaut des § 114 Abs 2 Sbg Gem‑VBG 2001 herbeizuführen, wonach während der Probezeit das Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden kann (RV 22/2011 Blg Sbg Landtag 14. GP).
Mit den seit 1. 12. 2006 in Kraft stehenden Neuregelungen der Probezeit durch das LGBl 2006/122 wollte der Landesgesetzgeber zum einen die bisherige nicht verpflichtend vorgesehene höchstzulässige Probezeit von einem Monat auf drei Monate verlängern, und zum anderen erreichen, dass diese Probezeit von drei Monaten schon kraft Gesetzes für jedes (neues) Dienstverhältnis gilt. Für die Auslegung der Rekurswerberin, dem Gesetz sei das Verbot der Verlängerung der dreimonatigen Probezeit nicht zu entnehmen, weshalb die Verlängerung der Probezeit um ein Monat zulässig sei, bleibt damit kein Raum. Sie stünde auch dem Ziel der (engen) zeitlichen Begrenzung der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Probezeit, eine Umgehung des arbeitsrechtlichen Bestandschutzes zu vermeiden (vgl RIS‑Justiz RS0028444), entgegen.
1.2. Durch Abschluss eines die gesetzlich zulässige Dauer übersteigenden Probedienstverhältnisses kann unter Umständen ein befristeter Dienstvertrag zustande kommen (RIS-Justiz RS0028263). Nicht jede derartige Vereinbarung bewirkt aber diese Folge. Vielmehr hängt es vom Willen der Parteien ab, ob bei teilnichtiger Vereinbarung einer hier mehr als dreimonatigen Probezeit ab dem Beginn des vierten Monats (insgesamt gesehen) ein befristetes Dienstverhältnis oder aber ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (9 ObA 173/07t; 9 ObA 118/13p; RIS-Justiz RS0028231).
Die gegen die Auslegung des Berufungsgerichts vorgetragenen Argumente der Rekurswerberin überzeugen nicht. Sie zeigen insbesondere nicht auf, weshalb der Kläger, der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zusatzvereinbarung bereits in einem unbefristeten Dienstverhältnis zur Beklagten stand, nunmehr zur „Überbrückung“ bis zur Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats der Beklagten über seinen Gehaltswunsch ab dem vierten Monat ein befristetes Dienstverhältnis abschließen hätte sollen, hätte er doch damit seine Rechtsposition erheblich verschlechtert. Wäre der Kläger nicht bereit gewesen, sein Dienstverhältnis zur Beklagten ohne Gehaltserhöhung fortzusetzen, hätte er es ohnedies unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von nur einer Woche beenden können (§ 117 Sbg Gem-VBG 2001).
2. Zudem wird von den Parteien und den Vorinstanzen übersehen, dass das Sbg Gem-VBG 2001 nach dessen § 1 Abs 1 und 2 originär nur auf Personen anzuwenden ist, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Gemeinde des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg oder zu einem Gemeindeverband stehen. Beides war hier nicht der Fall. Das Arbeitsverhältnis des Klägers unterlag grundsätzlich dem Angestelltengesetz (§§ 1, 3 AngG; RIS-Justiz RS0027860); der Kläger war Angestellter (so auch Punkt 11. des Dienstvertrags). Das Sbg Gem-VBG 2001 wurde demnach nur kraft einzelvertraglicher Vereinbarung im Dienstvertrag Vertragsinhalt (vgl RIS-Justiz RS0081830). Die Übernahme des Sbg Gem-VBG 2001 als Vertragsschablone hat aber zur Konsequenz und ändert nichts daran, dass die für den Kläger – günstigeren (§ 40 AngG) – zwingenden Bestimmungen des AngG weiter gelten (vgl RIS-Justiz RS0116309). Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche, die Monatsfrist des § 19 Abs 2 AngG übersteigende Probezeitvereinbarung für den Kläger günstiger gewesen wäre als die gesetzliche Regelung, liegen hier nicht vor. Umso weniger würde die teilnichtige Probezeitvereinbarung einer Auslegung dahin gerecht werden, dass anstelle des unbefristet vereinbarten Dienstverhältnisses ein bloß befristetes Dienstverhältnis zu treten habe.
3. Da das Erstgericht zum abfertigungsschädlichen Einwand der Beklagten, die Kündigung des Klägers sei aus einem von diesem zu vertretenden Grund iSd § 116 Abs 2 Z 1 und 6 Sbg Gem‑VBG 2001 erfolgt, kein Beweisverfahren durchgeführt und keine Feststellungen getroffen hat, erfolgte die Aufhebung und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht durch das Berufungsgericht zu Recht.
Dem Rekurs der Beklagten ist danach keine Folge zu geben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO (RIS-Justiz RS0035976).
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