European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E117245
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Das Vermessungsamt Bruck an der Mur brachte beim Erstgericht einen Antrag auf Abschreibung geringwertiger Trennstücke nach § 13 LiegTeilG ein. Der mit dem Grundbuchsgesuch vorgelegte, vom Vermessungsamt nach § 13 Abs 1 LiegTeilG am 18. 2. 2016 zu GZ 166/2016/60 beurkundete Antrag wurde nur von der Leiterin des Vermessungsamts, nicht jedoch von den anwesenden, als vertragsschließenden Parteien bezeichneten Grund‑eigentümern, die von den Grundstücksveränderungen betroffen waren, unterzeichnet.
Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Agrarbezirksbehörde nicht Folge. Es ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zur Klärung der Frage zu, ob eine Agrarbezirksbehörde Grundeigentümer bei der Durchführung der Abschreibung von Grundstücken nach § 13 LiegTeilG beim Vermessungsamt vertreten könne und ob die Parteien die Beurkundung durch das Vermessungsamt unterschreiben müssten.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig, weil die einschreitende Agrarbehörde nicht rechtsmittellegitimiert ist.
1. Eine Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde wird nur dann bejaht, wenn das Rechtsmittel auf die Einhaltung von bundes‑ und landesgesetzlichen Flurverfassungsbestimmungen abzielt, welche die Behörde mit ihrem Rechtsmittel gewährleisten will (RIS‑Justiz RS0006663 [T2]). Das ist hier nicht der Fall.
2. Die Agrarbezirksbehörde bezieht sich in ihrem Revisionsrekurs zunächst auf das von den Eigentümern der betroffenen Grundstücke geschlossene Flurbereinigungsübereinkommen, das agrarbehördlich mit Bescheid genehmigt wurde. § 47 Abs 1 und 2 des Flurverfassungs‑Grundsatzgesetzes (FlVfGG) 1951 ordneten iVm § 61 Abs 1 und 2 des Steiermärkischen Zusammenlegungsgesetzes 1982 in Flurbereinigungsverfahren ausnahmslos die amtswegige Richtigstellung des Grundbuchs an.
3. Nach der – im Revisionsrekurs selbst zitierten – Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur von Amts wegen anzuordnenden (RIS‑Justiz RS0061103) Berichtigung des Grundbuchs nach agrarischen Operationen ist die Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde in solchen amtswegigen Verfahren zu verneinen (5 Ob 1/16g; 5 Ob 128/14f). Wenn es sich daher um ein amtswegiges Berichtigungsverfahren handelte, wäre die Agrarbehörde ebenfalls nicht rechtsmittellegitimiert.
3. Tatsächlich ist hier aber ein Antrag auf bücherliche Durchführung der Abschreibung geringwertiger Trennstücke im Sonderverfahren nach den §§ 13 f LiegTeilG zu beurteilen. Nach § 13 Abs 1 LiegTeilG kann die Vermessungsbehörde den Antrag auf bücherliche Durchführung, die Zustimmung der Buchberechtigten zur lastenfreien Abschreibung und den Titel des Eigentumserwerbs beurkunden, wenn ein Trennstück oder mehrere Trennstücke lastenfrei oder unter Mitübertragung von Grunddienstbarkeiten abgeschrieben werden sollen und die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Abschreibung nach den Abs 3 oder 4 offenbar gegeben sind. Der Antrag kann sowohl vom aktuellen als auch vom künftigen Eigentümer des Trennstücks beim Vermessungsamt gestellt werden (Kodek Grundbuchsrecht² § 13 LiegTeilG Rz 2 mwN; Rassi Grundbuchsrecht² Rz 521 mwN).
4. Die Agrarbezirksbehörde zieht die Anwendung der Sonderbestimmungen des § 13f LiegTeilG nicht in Zweifel. Sie meint allerdings, sie könne entweder selbst den Antrag auf Durchführung des vereinfachten Verfahrens beurkunden und diesen an das Vermessungsamt weiterleiten oder den Antrag direkt beim Grundbuchsgericht einbringen. Eine gesetzliche Grundlage für ihre – dem eindeutigen Wortlaut des § 13 Abs 1 LiegTeilG widersprechende – Zuständigkeit zur Beurkundung oder für ihre Berechtigung zur Einbringung des Antrags nennt sie nicht. Ihr Rechtsmittel zielt darauf ab, einem Antrag von Grundeigentümern nach § 13 LiegTeilG zum Erfolg zu verhelfen, nicht aber die Einhaltung bundes- oder landesgesetzlicher Flurverfassungsbestimmungen zu gewährleisten.
5. Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen wegen fehlender Rechtsmittellegitimation unzulässigen Rekurs meritorisch, so ist dieser Mangel der funktionellen Zuständigkeit nach der Rechtsprechung aus Anlass eines Revisionsrekurses als Nichtigkeit wahrzunehmen (RIS‑Justiz RS0121264). Für ein solches Vorgehen besteht hier kein Anlass, weil der Beschluss des Erstgerichts ebenso wie jener des Rekursgerichts den betroffenen Grundeigentümern nicht zugestellt wurde, und daher die Abweisung des Antrags nicht rechtskräftig werden konnte (5 Ob 1/16 g mwN).
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