OGH 11Os145/16g

OGH11Os145/16g17.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Oeljeschläger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang B***** wegen des Verbrechens nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Geschworenengericht vom 19. Oktober 2016, GZ 9 Hv 27/16x‑18, sowie über dessen

Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß §

494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00145.16G.0117.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Wolfgang B***** des Verbrechens nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat er sich auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, und zwar am 28. Dezember 2015 in R*****, indem er T‑Shirts mit Bezug zum Nationalsozialismus, nämlich solche mit den Aufschriften „88PUNK'N'ROLL – Rotte Charlotte“, „88 Punk‑n‑Roll“ (AS 10, ON 3), „LIVE h8, 12. Oktober 2013, Division Germania, Überzeugungstäter, Act of Violence, White Resistance“, „Braune haben bess're Laune“ und eine Hose mit dem Aufdruck „Deutsches Reich“ in die Justizanstalt verbrachte, um sie dort als Kleidung zu tragen und somit öffentlich zur Schau zu stellen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 6, 8 und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Soweit die Fragenrüge (Z 6) das Fehlen einer Aufnahme des Vorsatzes in die Hauptfrage reklamiert, leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, aus welchem Grund das durch die Anordnung des § 7 Abs 1 StGB subintellegierte Vorsatzmerkmal entgegen § 312 Abs 1 StPO– der vorschreibt, dass Hauptfragen alle (objektiven und subjektiven) gesetzlichen Merkmale der Tat enthalten müssen – vorliegend in die Frage aufgenommen hätte werden müssen (RIS‑Justiz RS0113270; Ratz , WK‑StPO § 345 Rz 33).

Soweit der Angeklagte unter dem Aspekt der Z 8 des § 345 Abs 1 StPO „vorsorglich“ mangelnde Einsichtmöglichkeit in die Rechtsbelehrung einwendet, bringt er den Nichtigkeitsgrund nicht prozessordnungsgemäß zur Darstellung (vgl dazu RIS-Justiz RS0119549).

Da die den Geschworenen erteilte Rechtsbelehrung dem Hauptverhandlungsprotokoll als Beilage I zu ON 17 angeschlossen (§ 321 Abs 1 StPO) war, entzieht sich auch die Behauptung einer Verletzung von Art 6 MRK (weil die Rechtsbelehrung angeblich keiner Kontrolle unterzogen werden konnte), einer inhaltlichen Erwiderung. Dass sie ihm – entgegen § 271 Abs 6 letzter Satz StPO – nicht spätestens zugleich mit der Ausfertigung des Urteils zugestellt worden wäre (RIS‑Justiz RS0124686 [insbesondere T1]), wird nicht einmal deutlich und bestimmt behauptet. Wodurch der Verteidiger des Angeklagten daran gehindert gewesen wäre, Akteneinsicht (§ 49 Z 3 StPO) zu nehmen, eine Kopie herstellen zu lassen und auf dieser Basis die Richtigkeit der Belehrung zu prüfen, legt er überdies nicht dar.

Das weitere Vorbringen, wonach der Sachverhalt „vorsorglich“ auch unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO gerügt werde, entspricht ebenso wenig der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die (implizierte) Beschwerde folgt (§§ 285i, 344, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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