OGH 11Os140/16x

OGH11Os140/16x17.1.2017

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Jänner 2017 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Oeljeschläger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Heidi B***** wegen des Verbrechens nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 7. November 2016, GZ 52 Hv 28/16d-46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0110OS00140.16X.0117.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde die Angeklagte Heidi B***** des Verbrechens nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat sie sich zumindest ab 15. Mai 2015 in A***** und andernorts durch öffentlich im sozialen Netzwerk „F*****“ zugängliche Beiträge auf andere als die in den §§ 3a bis 3f beschriebene Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, und zwar

1./ durch den Kommentar „Das Ziel des Krieges, war nicht der Holocaust. AMTLICH nachweisbar, waren es keine Vergasungsanlagen, sondern Arbeitslager. Es wurden auch keine 6.000.000 Juden vergast, wie permanent in allen Geschichtsbüchern und deren Dokumentationsfilmen von der USA-Israel Elite behauptet, sondern es verstarben laut Urkunden ca 6.000 Juden in den Lagern, zum Großteil durch Hunger. Das ist schon mal eine große Lüge die verbreitet wurde. Ich möchte die Grauen des Krieges und vieler Sadistischen Generäle und Soldaten weißgott nicht verschönern, jedoch möchte ich die WAHRHEIT!!!“, und

2./ durch Hochladen eines Porträts Adolf Hitlers mit dem diesem zugeschriebenen Zitat „Es stört Mich das man mich Heute nur als Diktator sieht, und nur meine Fehler in den Vordergrund stellt. ....(unleserlich) Und davor wollte ICH euch beschützen!“ und dem eigenen Kommentar dazu „Versucht nur mal die Sichtweise des angeblich ALLEIN BÖSEN Adolfs einzunehmen, vielleicht kommt ihr dann auf was drauf ...“.

Die Geschworenen haben die anklagekonform an sie gestellte Hauptfrage bejaht.

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Die Anfechtung des Urteils eines Geschworenengerichts mittels Rechts- oder Subsumtionsrüge (§ 345 Abs 1 Z 11 und 12 StPO) setzt einen Vergleich der im Wahrspruch der Geschworenen enthaltenen und damit festgestellten Tatsachen mit dem darauf angewendeten Strafgesetz voraus. Dabei muss an den durch den Wahrspruch festgestellten Tatsachen festgehalten und aus dem Wahrspruch selbst ein Rechtsirrtum nachgewiesen werden, wobei ein Rückgriff auf im Wahrspruch nicht festgestellte (angebliche) Ergebnisse des Beweisverfahrens ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0101089, RS0101485, RS0101527).

Die Angeklagte bestreitet indes den (subintelligiert) bejahten Vorsatz (RIS-Justiz RS0089089, RS0113270) auf Betätigung im nationalsozialistischen Sinn mit Bezugnahme auf – ihrer Ansicht nach – „jedenfalls ausreichende Indizien“, wofür sie ein Detail aus dem zu 1./ inkriminierten Text, die eigene Verantwortung und den Umstand, dass laut Abschlussbericht ON 9 sonst keine „Daten mit verbotswidrigen Inhalten“ gefunden wurden, heranzieht. Damit spricht sie keine materiell‑rechtliche Nichtigkeit an (vgl RIS-Justiz RS0101148, RS0101013, RS0101527). Sie unternimmt bloß den prozessual unbeachtlichen Versuch, die den Geschworenen vorbehaltene Würdigung der Verfahrensergebnisse auf Basis eigener Überlegungen in Zweifel zu ziehen.

Bloß der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlage des normativen Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch“ (einschließlich des Bedeutungsinhalts einer Äußerung, Handlung oder Textstelle) auf der Feststellungsebene angesiedelt ist und somit allein den Geschworenen zukommt. Bejahen diese die Schuldfrage, ist davon auszugehen, dass sie eben jene Voraussetzungen als erwiesen angenommen haben, aufgrund derer das zu beurteilende Sachverhaltselement dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch“ entspricht, sodass (auch) dessen Bejahung einer Anfechtung mit Rechts- oder Subsumtionsrüge entzogen ist (RIS-Justiz RS0119234; Lässig in WK² VG § 3g Rz 17).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§§ 285i, 344 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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