European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E116495
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 626,10 EUR (darin enthalten 104 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Die Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Anlässlich ihrer Eheschließung im August 2014 begehrt sie eine Ausstattung in Höhe von 25.500 EUR.
Das Jahresnettoeinkommen des Antragsgegners betrug 2014 68.377,67 EUR zuzüglich einer Abfertigung von 37.724,29 EUR netto. Er leistete in diesem Jahr an seine geschiedene Gattin (die Mutter der Antragstellerin) 31.920 EUR an Unterhalt. Der Wert seines Vermögens (Immobilien, Sparguthaben etc) betrug bezogen auf das Jahr 2014 244.028,54 EUR.
Die Antragstellerin verdiente im Jahr 2014 bis zu ihrer Eheschließung durchschnittlich 768,77 EUR monatlich.
Das Erstgericht erachtete den Ausstattungsanspruch in der beantragten Höhe von 25.500 EUR als angemessen. Rechtlich ging es – soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich – implizit davon aus, der Ausstattungsanspruch sei in Höhe von 29 % der mit 97.345,46 EUR (einschließlich Vermögenszuwachs von 12.201,32 EUR) angenommenen Jahresbemessungsgrundlage anzusetzen. Infolge Berücksichtigung der Unterhaltspflicht des Antragsgegners für dessen geschiedene Ehefrau sei dieser Prozentsatz um 3 % herabzusetzen (damit ergibt sich ein rechnerischer Wert von 25.309,82 EUR).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners teilweise Folge und änderte den Zuspruch auf 19.900 EUR sA ab. Rechtlich ging es – soweit für das Revisionsrekursverfahren wesentlich – davon aus, dass die im Jahr 2014 an die geschiedene Ehegattin tatsächlich erbrachte Unterhaltsleistung von 31.920 EUR von der mit 97.345,46 EUR ermittelten Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen sei, sodass sich der Ausstattungsanspruch mit nur 19.000 EUR errechne (= etwa 29 % von der nach Abzug der Unterhaltsleistung von 31.920 EUR auf 65.425,46 EUR reduzierten Bemessungsgrundlage).
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs unter Hinweis darauf zu, dass der Ausstattungsanspruch als Unterhaltsanspruch angesehen werde, was dafür spreche, dass (weitere) Unterhaltspflichten des Ausstattungspflichtigen durch Herabsetzung des Unterhaltsprozentsatzes zu berücksichtigen seien. Nach der Entscheidung 10 Ob 92/04h sei einer weiteren Unterhaltspflicht hingegen dadurch Rechnung zu tragen, dass diese im Nominalbetrag von der dem Ausstattungsanspruch zu Grunde zu legenden (Jahres‑)Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem gemäß § 71 Abs 1 AußStrG den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass der Anspruch auf Bestellung einer Ausstattung nach § 1220 ABGB aus der elterlichen Unterhalts- und Versorgungspflicht hervorgeht und deren letzten Akt bildet (RIS-Justiz RS0022246). Er ist daher seiner Rechtsnatur nach im weitesten Sinn ein Unterhaltsanspruch und unterliegt – mit gewissen Einschränkungen –unterhaltsrechtlichen Grundsätzen (2 Ob 57/10m; 7 Ob 248/10m; RIS‑Justiz RS0022246 [T1]).
2. Bestehen und Höhe des Ausstattungsanspruchs hängt von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der betreffenden Personen im Einzelfall ab. Für die Ermittlung der Höhe des Ausstattungsanspruchs gibt es keine starren Regeln. Von der Rechtsprechung wird er unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des konkreten Falls mit etwa 25 % bis höchstens 30 % des anrechenbaren Jahresnettoeinkommens des Ausstattungspflichtigen ausgemessen (Gitschthaler, Unterhaltsrecht3 Rz 1188 mwN).
3.1 Weitere Unterhaltspflichten des Ausstattungspflichtigen wurden in mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs so berücksichtigt, dass vom anrechenbaren Jahreseinkommen der Nominalbetrag der in diesem Jahr geleisteten weiteren (gesetzlichen) Unterhaltspflichten in Abzug gebracht wurde (10 Ob 92/04h; ebenso bereits 5 Ob 765/82). Insoweit besteht ein Unterschied zum Unterhaltsrecht, wo weitere Unterhaltspflichten des Unterhaltsschuldners nicht durch Abzüge ihrer absoluten Höhe von der Unterhaltsbemessungsgrundlage, sondern durch Verminderung der Prozentpunkte vom maßgebenden Unterhaltssatz in Anschlag zu bringen sind (RIS-Justiz RS0047474).
3.2 In der Entscheidung 10 Ob 92/04h wurde dieses Abweichen von den Grundsätzen der Unterhaltsbemessung damit begründet, dass im Hinblick auf die durch die Ausstattungspflicht doch erhebliche finanzielle Belastung und die weiteren – im zu beurteilenden Einzelfall vorgelegenen – Umstände die Anrechnung des Nominalbetrags sachgerechter erscheine. Gitschthaler (Unterhaltsrecht3 Rz 1171) merkt zu dieser Anrechnungsmethode an, dass die Ausstattung mit einem bestimmten Prozentsatz des Jahresnettoeinkommens ausgemessen werde, sodass auch die weiteren Unterhaltspflichten des Ausstattungspflichtigen für dieses konkrete Jahr zu kapitalisieren und von der Bemessungsgrundlage in Abzug zu bringen seien.
4.1 Im vorliegenden Fall ist nicht außer Acht zu lassen, dass im Jahr der Eheschließung eine das Jahreseinkommen erheblich erhöhende Abfertigungszahlung anfiel und in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurde sowie dass die Höhe des Ausstattungsanspruchs mit 29 % – somit nur knapp unterhalb der von der Rechtsprechung gezogenen Höchstgrenze von 30 % – festgesetzt wurde. Hat das Rekursgericht die anzurechnende Bemessungsgrundlage dann nicht nur prozentmäßig, sondern um den Nominalbetrag der an die geschiedene Ehegattin geleisteten Unterhaltszahlungen reduziert, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifende Ermessensüberschreitung zu erblicken. Diese Art der Ausmittlung der Bemessungsgrundlage hindert die Antragsgegnerin nicht daran, noch einmal an den Lebensverhältnissen des Antragsgegners angemessen teilzunehmen.
4.2 Auch mit dem Argument, die mangelnde Praktikabilität der Methode der Anrechnung des Nominalbetrags trete insbesondere dann zu Tage, wenn der Ausstattungspflichtige seiner weiteren Unterhaltspflicht nicht in Geld, sondern durch Gewährung von Naturalunterhalt (etwa während aufrechter Ehe) nachkomme, gelingt es der Revisionsrekurswerberin nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen. Da zur Ermittlung der Höhe des Ausstattungsanspruchs eine gesetzliche Grundlage für die Anwendung eines bestimmten Berechnungssystems fehlt, kann der Oberste Gerichtshof nur ganz grundsätzlich aussprechen, welche Kriterien bei der Berechnung des Ausstattungsanspruchs im jeweiligen Einzelfall Berücksichtigung zu finden haben, nicht aber ein für alle denkbaren Fälle anwendbares Berechnungssystem erstellen.
4.3 Auch die weiteren Ausführungen im Revisionsrekurs bieten keinen Anlass von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen.
Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG war der Revisionsrekurs zurückzuweisen (§ 71 Abs 2 Satz 1 AußStrG).
Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners waren zuzusprechen (§ 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG), weil darin im Wesentlichen jene Umstände dargelegt wurden, die den Revisionsrekurs der Antragstellerin unzulässig machen (RIS-Justiz RS0122774).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)