OGH 4Ob231/16y

OGH4Ob231/16y22.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kitzbühel Tourismus Körperschaft öffentlichen Rechts, *****, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in Kitzbühel, gegen die beklagten Parteien 1. E***** GmbH & Co KG, *****, 2.K***** L*****, beide vertreten durch Dr. Stefan Warbek, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 13. Oktober 2016, GZ 2 R 144/16t‑12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00231.16Y.1122.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die Vorinstanzen wiesen den Antrag der klagenden Körperschaft auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab, womit den beklagten Parteien untersagt werden sollte, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Kitzbühel“ im Zusammenhang mit einem geplanten Hotel in St. Johann in Tirol zu benützen, wenn dadurch der Eindruck entsteht, das Hotel habe den Standort in (der Stadt) Kitzbühel.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei zeigt dagegen keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Wie die angesprochenen Kreise eine Aussage oder Bezeichnung verstehen und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet daher in der Regel ebenso wenig eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0107771; RS0043000; RS0053112) wie die Frage, ob eine andere Beurteilung vertretbar ist (RIS-Justiz RS0107768).

2. Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Ansicht existiert zur Frage der Verwendung geographischer Angaben oder Zusätze umfassende höchstgerichtliche Judikatur. Geographische Zusätze sind dann irreführend, wenn ihnen wenigstens von einem nicht ganz unbeträchtlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine nicht den Tatsachen entsprechende Aussage über eine besondere Bedeutung, einen besonderen Umfang des Geschäfts oder eine besondere Eigenart der angebotenen Waren entnommen werden kann (RIS-Justiz RS0078654). Auch hier hängt die Beurteilung, welche Vorstellung sich mit der geographischen Bezeichnung im Verkehr verbindet, immer von den Umständen des Einzelfalls ab (4 Ob 2/14v).

3. Bei der Rechtsansicht der Vorinstanzen, im von der klagenden Partei gerügten Werbeauftritt im Internet werde deutlich darauf hingewiesen, dass sich das Hotel in St. Johann in Tirol befinde, sodass insgesamt nicht der Eindruck entstehe, das Hotel liege in der Stadt Kitzbühel, handelt es sich jedenfalls nicht um eine krasse Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden muss (RIS-Justiz RS0107771; RS0043000 [T7]). Zudem entspricht der geographische Zusatz im Hotelnamen insoweit auch den Tatsachen, weil das Hotel im politischen Bezirk Kitzbühel und im Gebiet der Kitzbüheler Alpen liegt. Die von der klagenden Partei angegriffene Einzelfallbeurteilung des Rekursgerichts bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung; sie ist jedenfalls vertretbar.

4. Auch die Ausführungen zu § 9 UWG können keine erhebliche Rechtsfrage begründen, zumal dem Verfügungsantrag ein entsprechendes Vorbringen nicht zugrundelag und die klagende Partei insoweit gegen das Neuerungsverbot verstößt. Davon abgesehen hat der Senat bereits geklärt, dass allein die Verwendung eines Ortsnamens, der auch Teil des Namens eines Tourismusverbands ist, noch nicht ausreicht, um einen Verstoß gegen allfällige Rechte des Tourismusverbands nach § 9 UWG annehmen zu können (4 Ob 255/01f – Galtür).

5. Im erstinstanzlichen Verfahren hat die klagende Partei kein Vorbringen dazu erstattet, dass sie überhaupt ein (ausschließliches) Markenrecht durch Eintragung einer Marke in das Markenregister erworben hat (vgl § 2 Abs 1 MSchG), weshalb auch der Hinweis auf einen Eingriff auf ihr „Markenrecht“ keine erhebliche Rechtsfrage begründen kann.

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