European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00106.16A.1116.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten Thomas B***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthaltenden Urteil wurde Thomas B***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall und Abs 4 Z 3 SMG, § 12 zweiter Fall (zu ergänzen: und § 15) StGB (I./), des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 4 Z 3 SMG (II./) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er
I./ von April 2013 bis September 2015 in F***** und andernorts „im bewussten und gewollten Zusammenwirken“ mit Arno B***** „als Mittäter“ auf den nachgenannten virtuellen Marktplätzen auftretende Suchtgifthändler dazu bestimmt, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mittels grenzüberschreitender Postsendungen aus‑ und einzuführen, indem er die Suchtgiftbestellungen im Darknet vereinbarte und die notwendigen Geldüberweisungen an die Lieferanten vornahm, diese ersuchte, die Suchtgifte im Postweg vom Ausland nach Vorarlberg zu schicken, sich als Abnehmer der Sendungen zur Verfügung stellte und die Suchtgiftpakete in Empfang nahm, und zwar
A./ über den virtuellen Marktplatz „S*****“
1./ unter dem Nicknamen „m*****“
a./ 360 g Amphetamin/Speed beinhaltend rund 234 g reine Amphetaminbase,
b./ 290 g kristallines MDMA beinhaltend rund 232 g reine MDMA‑Base,
c./ 10 g Kokain beinhaltend rund 8 g reine Kokainbase,
d./ 7 g Cannabiskraut beinhaltend rund 0,7 g THC,
e./ 2 g Cannabisharz,
f./ 1 g Heroin;
2./ unter dem Nicknamen „sc*****“
a./ 2.100 g Amphetamin/Speed beinhaltend rund 1.365 g reine Amphetaminbase,
b./ 55 g kristallines MDMA beinhaltend rund 46,2 g reine MDMA‑Base,
c./ 42 g Kokain beinhaltend rund 33 g reine Kokainbase,
d./ 6 g Cannabiskraut beinhaltend rund 0,9 g THC,
e./ 25 Stück Ecstasy‑Tabletten;
B./ über den virtuellen Marktplatz „A*****“
1./ unter dem Nicknamen „ma*****“
a./ 300 g Amphetamin/Speed beinhaltend zumindest 60 g reine Amphetaminbase, wobei es zu 100 g beim Versuch blieb,
b./ 50 g kristallines MDMA beinhaltend rund 10 g reine MDMA‑Base, wobei es zu 25 g beim Versuch blieb,
c./ 3 g Kokain beinhaltend rund 2,4 g reine Kokainbase,
2./ unter dem Nicknamen „sc*****“
a./ 300 g Amphetamin/Speed beinhaltend rund 60 g reine Amphetaminbase, wobei es zu 100 g beim Versuch blieb,
b./ 10 g kristallines MDMA beinhaltend rund 2 g reine MDMA‑Base;
C./ über nicht bekannte Bestellwege im Internet
a./ zirka 5 g Kokain von unbekannten Personen aus Holland,
b./ 100 g Amphetamin/Speed beinhaltend rund 10,48 g reine Amphetaminbase von Alexander W*****, wobei die Tat beim Versuch blieb,
c./ zirka 300 g Amphetamin/Speed beinhaltend rund 60 g reine Amphetaminbase von unbekannten Personen, wobei die Tat beim Versuch blieb,
d./ zirka 300 g Amphetamin/Speed von unbekannten Personen beinhaltend rund 60 g reine Amphetaminbase;
II./ von Ende 2013 bis Sommer 2015 im Großraum F***** und andernorts im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Arno B***** als Mittäter verschiedenen Drogenabnehmern vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 25b SMG) übersteigenden Menge, nämlich zumindest 2.500 g Amphetamin/Speed (beinhaltend rund 1.625 g reine Amphetaminbase) und 300 g kristallines MDMA (beinhaltend rund 240 g reine MDMA‑Base) durch Verkäufe und Übergaben überlassen;
III./ am 1. Juni 2015 in F***** wenn auch nur fahrlässig einen Pfefferspray, somit eine Waffe besessen, obwohl ihm dies gemäß § 12 WaffG verboten war.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas B*****; sie verfehlt ihr Ziel.
Dass die Tatrichter die Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem – im Urteil beschriebenen (US 7, 13 f) – äußeren Tatgeschehen (zu I./) und „der Typizität der Tathandlungen“ (zu II./) abgeleitet haben (US 22), begründet weder (nominell geltend gemachte) Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall; RIS‑Justiz RS0089983), noch ist dieser Schluss – auch mit Blick auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten Thomas B***** – unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882, RS0098671).
Mit der Behauptung eines inneren
Widerspruchs zwischen der Feststellung, wonach die Angeklagten im Jahr 2013 begonnen hätten, gemeinsam im Darknet mit ihnen gehörenden Laptops Suchtgifte zu bestellen (US 7), und fehlenden Feststellungen, wird der behauptete Begründungsmangel (Z 5 dritter Fall) nicht aufgezeigt (RIS‑Justiz
Die von der Beschwerde vermisste Begründung (Z 5 vierter Fall) für die Konstatierungen zu II./ befindet sich auf US 19 und 22. Ebenso wenig blieben die Feststellungen zu I./C./ unbegründet, haben die Tatrichter diese doch auf die dort im Einzelnen genannten „unbedenklichen Urkunden“ gestützt (US 13 iVm US 16).
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) ist auch für den Beschwerdeführer aus objektiver Sicht unzweifelhaft erkennbar, dass das Schöffengericht für das Suchtgift Amphetamin zu I./A./ den bei den einzelnen Suchtgiftbestellungen jeweils genannten Reinheitsgehalt (teils 65 % und teils 72 %; vgl US 7 bis 12) und zu I./B./ und C./ einen solchen von 20 % angenommen hat (US 12 bis 14).
Der (nominell auch im Rahmen der Mängelrüge) zu I./ und II./ erhobene Einwand des Fehlens von Feststellungen jeweils zur subjektiven Tatseite (Z 9 lit a), übergeht die dazu getroffenen Konstatierungen (US 15) und entzieht sich daher einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0099775).
Soweit zu I./ das Fehlen von Feststellungen zu gemeinsamen Suchtgiftbestellungen behauptet wird, ist auf die Konstatierungen zu verweisen, wonach die Angeklagten im Jahr 2013 begonnen haben, gemeinsam im Darknet mit ihnen gehörenden Laptops Suchtgifte zu bestellen (US 7), beim Bezug der inkriminierten Suchtgifte „in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken“ vorgingen, die verschiedenen Angebote sondierten, die Bestellungen besprachen und wechselweise ihre Anschriften als Empfängeradressen nannten (US 13), sowie die vom Ausland aus agierenden Drogenlieferanten „durch die jeweiligen Suchtgiftbestellungen und Geldüberweisungen der beiden arbeitsteilig zusammenwirkenden Angeklagten“ zur vorschriftswidrigen grenzüberschreitenden Aus‑ und Einfuhr von Suchtgift angestiftet wurden (US 15). Weshalb diese Feststellungen eine Bestimmungstäterschaft (§ 12 zweiter Fall) – wenn auch (rechtlich richtig) nicht zugleich in Form einer Mittäterschaft, also einer mehrfachen unmittelbaren Täterschaft im Sinn des § 12 erster Fall StGB (RIS‑Justiz RS0117320; Fabrizy in WK 2 StGB § 12 Rz 18, 24 ff, 38, 48; Hager/Massauer in WK 2 StGB §§ 15, 16 Rz 215) – beider Angeklagter zur gesamten inkriminierten Suchtgiftmenge nicht tragen sollten, legt die Beschwerde nicht dar (RIS-Justiz RS0116565).
Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) zu I./ und II./ die vom Schöffengericht als erwiesen angenommenen Reinheitsgehalte der einzelnen Suchtgifte unter Hinweis auf die Sicherstellung einer geringen Menge Amphetamin minderwertiger Qualität und die Angaben des Angeklagten Arno B***** anzweifelt, orientiert sie sich neuerlich nicht an den getroffenen Feststellungen, sondern übt in unzulässiger Form Beweiswürdigungskritik.
Auf den gegen den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG gerichteten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde war keine Rücksicht zu nehmen, weil zwar die Aufhebung des gesamten angefochtenen Urteils beantragt, zu III./ jedoch kein Vorbringen erstattet wurde (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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