European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00089.16D.1104.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch der Angeklagten Saskia Le***** zugrundeliegenden Taten (auch) unter die Qualifikation des § 129 Abs 2 Z 1 StGB und demzufolge in der sie betreffenden Subsumtionseinheit sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.
Mit ihren Berufungen werden Saskia Le***** und die Staatsanwaltschaft auf die Urteilsaufhebung verwiesen.
Der Angeklagten Saskia Le***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch rechtskräftige Schuldsprüche der Angeklagten Christoph L*****, Gabor F***** und Gökhan C***** sowie einen ebenso in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde die Angeklagte Saskia Le***** des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1, 15 Abs 1, 12 dritter Fall StGB (Schuldspruchpunkte 1./, 2./, 3./, 9./, 10./ und 31./) schuldig erkannt.
Danach hat sie fremde bewegliche Sachen anderen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei die Diebstähle teilweise durch Einbruch in Gebäude und teilweise durch Einbruch in Wohnstätten begangen wurden, und zwar
1./ in der Nacht zum 19. Jänner 2015 in D***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Christoph L***** Verfügungsberechtigten des D*****unbekannte Gegenstände durch Einbruch in deren Geschäftsräumlichkeiten, wobei die Tat beim Versuch geblieben ist;
2./ in der Nacht zum 19. Jänner 2015 in D***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Christoph L***** Namfon S*****Bargeld in Höhe von 250 Euro sowie alkoholische Getränke und Zigaretten, gesamt daher Gegenstände im Wert von 500 Euro durch Einbruch in deren Imbisslokal;
3./ am 24. Jänner 2015 in S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Christoph L***** Michael und Katharina S*****Bargeld und diverse Gegenstände im Wert von zumindest 150 Euro durch Einbruch in deren Einfamilienhaus;
9./ in der Nacht zum 21. Februar 2015 in S***** durch Leisten von Aufpasserdiensten zum Diebstahl des Christoph L*****und des abgesondert verfolgten Daniel V***** beigetragen, die im bewussten und gewollten Zusammenwirken Tanja T*****Lebensmittel, Getränke, Zigaretten und Bargeld im Wert von gesamt 299 Euro durch Einbruch in deren Geschäftsräumlichkeiten wegnahmen;
10./ in der Nacht zum 25. Februar 2015 in S***** durch Leisten von Aufpasserdiensten zum Diebstahl des Christoph L*****und des abgesondert verfolgten Daniel V***** beigetragen, die im bewussten und gewollten Zusammenwirken Verfügungsberechtigten der L*****Bargeld in Höhe von 1.336 Euro sowie diverses Handwerkzeug, Schraubendreher, vier Stemmeisen und einen Möbeltresor, gesamt also Gegenstände im Wert von 1.517 Euro durch Einbruch in die Räumlichkeiten der L***** wegnahmen;
31./ in der Nacht zum 6. August 2015 in S***** Elvedin H***** eine Jeanshose bislang unbekannten Wertes und Bargeld in Höhe von 500 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a, „9a“ und 10a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Saskia Le*****, der zum Teil Berechtigung zukommt.
Dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider setzten sich die Tatrichter bei Begründung der zum Schuldspruchpunkt 10./ getroffenen Feststellungen mit den (großteils) belastenden Angaben des Mitangeklagten Christoph L***** und der leugnenden Einlassung der Nichtigkeitswerberin auseinander und legten dabei unmissverständlich dar, aus welchen Gründen sie Letzterer nicht folgten (US 17). Eine darüber hinausgehende Erörterung sämtlicher Details der Aussagen ist unter dem Aspekt der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) nicht erforderlich, sie würde vielmehr dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zuwider laufen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 428). Die Verantwortung des Angeklagten Christoph L*****, sich heute besser daran erinnern zu können (ON 86 S 13), betrifft jedenfalls die Tat vom 27. März 2015 (Punkt 15./ des Schuldspruchs), von welchem Vorwurf die Rechtsmittelwerberin freigesprochen wurde (US 8). Die Tatrichter waren daher nicht gehalten, sie zu Faktum 10./ des Schuldspruchs, zu dem der Genannte gegenteilige Angaben tätigte (ON 86 S 11; vgl auch US 17), in ihre Erwägungen miteinzubeziehen.
Inwieweit das Detail aus der Aussage des Angeklagten Christoph L***** in der Hauptverhandlung (zum Schuldspruchpunkt 1./), nämlich: „Ich glaube nicht, dass Frau Le***** dabei war“ (ON 86 S 12), den getroffenen – auf die insoweit geständige Verantwortung der Beschwerdeführerin gegründeten – Konstatierungen zum Schuldspruchpunkt 1./, vor allem aber jenen zu den Punkten 9./ und 10./ erörterungsbedürftig (Z 5 zweiter Fall) entgegenstehen sollte, macht die Beschwerde nicht deutlich.
Mit dem bloßen Hinweis, die Tatrichter hätten die Aussagen des Angeklagten L***** zu seiner Drogen‑ und Alkoholsucht nicht berücksichtigt, rekurriert die Beschwerde erneut auf Angaben ohne erkennbare Eignung, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgeblich zu verändern (Z 5 zweiter Fall; RIS‑Justiz RS0116877).
Das zu den Fakten 15./ und 16./ erstattete Vorbringen bedarf angesichts des insoweit erfolgten Freispruchs (vgl US 8 und 18) keiner weiteren Erörterung.
Soweit die Mängelrüge (Z 5) in Ansehung der Schuldspruchfakten 9./ und 10./ im Übrigen die Aussagen des Angeklagten L***** und die Einlassung der Beschwerdeführerin einer eigenständigen Würdigung unterzieht und versucht, den festgestellten Tathergang in Frage zu stellen, bekämpft sie bloß die dem erkennenden Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung, ohne aber ein Begründungsdefizit iSd Z 5 auch nur ansatzweise darzutun.
Auch in Betreff des Schuldspruchpunkts 31./ wurden – dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider – die Angaben des Belastungszeugen Elvedin H***** hinlänglich erörtert (US 19).
Die Urteilsannahmen zu den Schuldspruchpunkten 9./ und 10./ haben die Tatrichter – dem (abschließenden) Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider – logisch und empirisch einwandfrei auf die Angaben des Mitangeklagten Christoph L***** gestützt, dabei auch die – von der Rüge hervorgehobenen – diesen Feststellungen entgegenstehenden Abschwächungen des Christoph L***** in der Hauptverhandlung (insbesondere zu Pkt 10./) und die Entlastungen des abgesondert verfolgten Daniel V***** berücksichtigt und dargelegt, aus welchen Gründen sie diese für nicht geeignet erachteten, die belastenden Beweisergebnisse zu entkräften (US 17 f).
Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld‑ oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der Beweiswerterwägungen des Erstgerichts) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780, RS0119583).
Die gegen die Schuldspruchpunkte 9./ und 10./ gerichtete Rüge vermag jedoch mit eigenständigen Beweiswerterwägungen und Schlussfolgerungen aus isoliert betrachteten Verfahrensergebnissen (wie insbesondere die die Beschwerdeführerin entlastenden, vom Erstgericht ohnehin miterwogenen Angaben des Daniel V***** und Details aus der Aussage des Christoph L***** in der Hauptverhandlung, der vom Letztgenannten zugestandenen Drogen‑ und Alkoholsucht und dem – allerdings unrichtigen (vgl die leugnende Verantwortung zum Schuldspruchpunkt 31./, vgl US 19) – Umstand, dass die Nichtigkeitswerberin sonst „sofort alle von ihr begangenen Fakten eingeräumt und zugestanden hat“), keine Bedenken im dargestellten Sinn zu erwecken, sondern kritisiert erneut nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.
Das in diesem Zusammenhang in der Rechtsmittelschrift enthaltene Begehren auf Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls über die Aussage des Mitangeklagten Daniel V***** konnte schon deshalb auf sich beruhen, weil dieses ohnedies zweifelsfrei im Sinn des Berichtigungsantrags dessen Bekundung zum Ausdruck bringt, dass Saskia Le***** am Urteilsfaktum 9./ nicht beteiligt gewesen sei (ON 86 S 6), und die Tatrichter seine so verstandene Verantwortung auch den Entscheidungsgründen zu Grunde legten (US 17; vgl auch 15 Os 61/95).
Zutreffend zeigt die Angeklagte (nominell „Z 9a“, dSn Z 10) jedoch auf, dass in den Urteilsgründen jedwede Konstatierungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf die Qualifikation nach § 129 Abs 2 Z 1 StGB (Diebstahl durch Einbruch in eine Wohnstätte) fehlen; entsprechende Feststellungen zur subjektiven Tatseite im Hinblick auf genau diese Qualifikation wurden nur zur Person des Mitangeklagten Christoph L***** getroffen (vgl US 15 iVm 19).
Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen macht eine Aufhebung des Urteils in der rechtlichen Unterstellung der Taten (auch) unter § 129 Abs 2 Z 1 StGB bereits bei der nichtöffentlichen Beratung unumgänglich (§ 285e StPO).
Die gesetzmäßige Ausführung der Diversionsrüge (Z 10a) erfordert eine methodisch korrekte Argumentation auf Basis der Gesamtheit des Urteilssachverhalts unter Beachtung der Notwendigkeit des kumulativen Vorliegens sämtlicher Diversionsvoraussetzungen (RIS‑Justiz RS0124801, RS0116823). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerde nicht gerecht. Sie erklärt zunächst nicht, in welcher Hinsicht die zu drei (von sechs) Schuldspruchpunkten leugnende Einlassung der Nichtigkeitswerberin Konstatierungen zu ihrer Bereitschaft indiziert hätte, Verantwortung für das ihr zur Last gelegte Tatgeschehen zu übernehmen (zu diesem Kriterium diversionellen Vorgehens RIS‑Justiz RS0116299 und RS0126734). Im Zusammenhang mit der (sinngemäßen) Behauptung nicht schwerer Schuld (§ 7 Abs 2 Z 1 JGG) verweist die Rüge ua auf die „geringe Schadenshöhe“ (was allerdings mit Blick auf einen Schaden von knapp unter 3.000 Euro nicht nachvollziehbar ist), die Begehung der Tathandlungen „in einem sehr engen Zeitraum“ und das Unterlassen der Begehung weiterer Tathandlungen, verabsäumt es jedoch, sich mit der vom Erstgericht (zu Recht) als erschwerend gewerteten mehrfachen Tatwiederholung (dSn § 33 Abs 1 Z 1 StGB) auseinanderzusetzen (vgl RIS‑Justiz RS0119276).
Das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, war daher in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch der Saskia Le***** zugrunde liegenden Taten (auch) unter die Qualifikation des § 129 Abs 2 Z 1 StGB und demzufolge auch in der (durch Teilrechtskraft zerschlagenen [vgl RIS‑Justiz RS0116734]) Subsumtionseinheit nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und Abs 2 Z 1, 15 Abs 1, 12 dritter Fall StGB sowie im Strafausspruch aufzuheben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.
Im Übrigen war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die (teil‑)kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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