European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00124.16A.1104.000
Spruch:
Die Durchführung der Hauptverhandlung und die Fällung des Urteils vom 1. Dezember 2015 in Abwesenheit des am 13. September 1996 geborenen Valentino O***** verletzt § 32 Abs 1 erster Satz JGG iVm § 46a Abs 2 JGG.
Das Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom 1. Dezember 2015, GZ 18 U 320/15h‑9, wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Feldkirch verwiesen.
Gründe:
Im Verfahren AZ 18 U 320/15h des Bezirksgerichts Feldkirch legte die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit Strafantrag vom 16. November 2015, AZ 81 BAZ 578/15d, dem am 13. September 1996 geborenen bosnischen Staatsangehörigen Valentino O***** das am 20. August 2015 begangene Vergehen des Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127 StGB zur Last (ON 6).
Der für 1. Dezember 2015 anberaumten Hauptverhandlung blieb der Angeklagte fern, obgleich er ordnungsgemäß geladen worden war (ON 7). Das Bezirksgericht beschloss daraufhin die Durchführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten (ON 8 S 2). Nach Durchführung eines Beweisverfahrens durch „Verlesung des gesamten Akteninhalts“ (in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes allerdings nicht gerügt; vgl demgegenüber RIS‑Justiz RS0117012) erging das – unbekämpft gebliebene – Abwesenheitsurteil, dessen Spruch im Übrigen entgegen der Bestimmung des § 271 Abs 1 Z 7 StPO im Hauptverhandlungsprotokoll nicht enthalten ist (ON 8 S 2).
Nach dem – § 260 Abs 1 Z 1 StPO zuwider nicht alle Tatbestandsmerkmale enthaltenden (vgl Lendl, WK‑StPO § 260 Rz 11) – Urteilstenor hat Valentino O***** am 20. August 2015 in Feldkirch im Kaufhaus I***** einen Kopfhörer im Wert von 22,90 Euro „zu stehlen“ versucht und hiedurch das inkriminierte Vergehen begangen (ON 9).
Rechtliche Beurteilung
Die Durchführung der Hauptverhandlung vom 1. Dezember 2015 in Abwesenheit des Angeklagten steht – wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend darstellt – mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Gemäß § 32 Abs 1 erster Satz JGG iVm § 46a Abs 2 JGG sind in Strafverfahren gegen junge Erwachsene die Bestimmungen über das Abwesenheitsverfahren nicht anzuwenden. Die Durchführung der Hauptverhandlung vom 1. Dezember 2015 (ON 8) in Abwesenheit des zu diesem Zeitpunkt erst 19‑jährigen Angeklagten war daher nicht zulässig (Schroll in WK² JGG § 32 Rz 5 und § 46a Rz 6; RIS‑Justiz RS0121343 [T1]).
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich diese Gesetzesverletzung zum Nachteil des Angeklagten auswirkte, war deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
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