OGH 14Os53/16z

OGH14Os53/16z20.10.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Oktober 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Murat K***** wegen des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Ried im Innkreis als Schöffengericht vom 1. Februar 2016, GZ 21 Hv 8/15i‑30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00053.16Z.1020.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Murat K***** des Verbrechens der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 6. August 2015 in M***** außer dem Fall des § 201 StGB Eunike P***** dadurch, dass er ihr einen Stoß versetzte, wodurch sie gegen einen Kasten prallte, sie an den Händen nahm, in das Schlafzimmer zog, sie mehrmals stieß und auf ein Bett warf, sich auf sie legte, sie immer wieder in das Bett niederdrückte und ihr mehrmals mit der Hand auf den Hals drückte, sohin mit Gewalt, zur Duldung einer geschlechtlichen Handlung, und zwar des Betastens und Streichelns ihrer Brüste und ihres nackten Vaginalbereichs genötigt.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des beantragten „aussagepsychologischen bzw neuro-psychiatrischen“ Gutachtens zur Beurteilung der Aussageehrlichkeit der Eunike P***** Verteidigungsrechte des Angeklagten schon deshalb nicht verkürzt, weil der Antrag nicht erkennen ließ, weshalb die Zeugin die Zustimmung zu ihrer Begutachtung erteilen werde (RIS‑Justiz RS0118956).

Überdies kommt die Hilfestellung durch einen Sachverständigen nur ausnahmsweise in Betracht, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten (insbesondere) unmündiger oder jugendlicher Zeugen (RIS‑Justiz RS0120634, RS0097733). Aber auch Derartiges hat der Antragsteller (zu Recht) nicht behauptet. Bleibt anzumerken, dass die nur im Rechtsmittel erwähnte Einschätzung des Angeklagten, er „sei der Meinung, dass Eunike P***** nicht zurechnungsfähig sei bzw psychische Probleme“ habe (vgl US 4), dem im gegebenen Zusammenhang geltenden Neuerungsverbot unterliegt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) erklärt nicht, weshalb die von ihr (an sich zutreffend) referierten Feststellungen, wonach der Angeklagte Eunike P***** in die Wohnung gestoßen und auf ein Bett geworfen hat, der Zeugin immer wieder auf den Hals gedrückt und versucht hat, sich auf sie zu legen (US 2 f), die Annahme einer Gewaltanwendung im Sinn des § 202 Abs 1 StGB nicht zulassen sollten.

Der Einwand, wonach das Opfer dem Angeklagten mitgeteilt habe, mit ihm einvernehmlich geschlechtlich verkehren zu wollen, vernachlässigt die Gesamtheit der Urteilskonstatierungen. Denn danach erfolgte diese Ankündigung erst nach bereits erfolgten sexuellen Übergriffen und nur (zum Schein) deshalb, um den Angeklagten von einer Vergewaltigung abzuhalten (US 3).

Welchen subsumtionsrelevanten Umstand die Beschwerde mit dem Hinweis auf die Feststellung ansprechen will, dass Eunike P***** leicht alkoholisiert war (US 2), bleibt unerfindlich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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