OGH 8Ob78/16b

OGH8Ob78/16b17.8.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** D*****, vertreten durch Dr. Martin Neid, Rechtsanwalt in Wolkersdorf, gegen die beklagten Parteien 1) A***** H*****, und 2) R***** B*****, beide vertreten durch Mag. Arthur Machac, Rechtsanwalt in Wien, wegen 8.842,87 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom 12. Mai 2016, GZ 22 R 42/16f‑29, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00078.16B.0817.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Nichtigkeit und die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.

Das Berufungsgericht ist der Mängelrüge der Beklagten gefolgt und hat die Entscheidung des Erstgerichts im Zahlungsbegehren daher teilweise aufgehoben. Den bejahten Verfahrensmangel hat das Berufungsgericht – sowie die Beklagten – auf die Nichteinholung des Sachverständigengutachtens und die Unterlassung der Einvernahme von zwei Zeugen bezogen.

Soweit die Beklagten in der außerordentlichen Revision neuerlich eine Beweisrüge erheben, ist darauf hinzuweisen, dass eine solche in dritter Instanz nicht zulässig ist (RIS‑Justiz RS0043371).

2.1 In rechtlicher Hinsicht referieren die Beklagten in der außerordentlichen Revision zur Frage der Mietzinsreduktion nur allgemeine Grundsätze. Hinzu kommt die nicht näher begründete Behauptung, dass die gänzliche Zinsbefreiung gerechtfertigt sei, und dass dann auch das Räumungsbegehren abzuweisen wäre.

Das Berufungsgericht ist von den zutreffenden Rechtsgrundsätzen für eine Mietzinsminderung bzw Mietzinsbefreiung nach der besonderen Gewährleistungsbestimmung des § 1096 Abs 1 ABGB ausgegangen. Unter Zugrundelegung des Vertragszwecks und der Willensrichtung insbesondere des Erstbeklagten gelangte es zum Ergebnis, dass trotz Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhalts zum Ausmaß der Nutzungsmöglichkeiten des Hauses eine 90 % überschreitende Zinsminderung nicht gerechtfertigt sei, weshalb in jedem Fall ein Mietzinsrückstand im Ausmaß von 10 % bestehe.

2.2 Es entspricht der Rechtsprechung, dass sich das Ausmaß der Mietzinsminderung nach Grad und Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts richtet, wobei es dafür vor allem auf den Vertragszweck ankommt (RIS‑Justiz RS0021054; RS0020926). Die Minderung des Bestandzinses ist sodann durch Vergleich des Bestandzinses, der ohne Mangel und jenem, der mit Mangel für das Bestandobjekt am Markt zu erziehen ist, zu ermitteln (5 Ob 21/11s; 3 Ob 234/12a). Letztlich hängt das Ausmaß einer berechtigten Mietzinsminderung stets von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0108260).

Mit der Beurteilung des Berufungsgerichts zum Höchstausmaß der Mietzinsminderung setzen sich die Beklagten inhaltlich nicht auseinander. Es gelingt ihnen daher auch nicht, dazu eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

3. Auf eine Vereinbarung über die Heranziehung der Kaution „als Notlösung zur Begleichung der Miete“ haben sich die Beklagten in erster Instanz nicht berufen und dazu kein Vorbringen erstattet. Die Kaution war auch nicht Thema der Berufung. Die dazu in der außerordentlichen Revision aufgestellten Behauptungen verstoßen damit gegen das Neuerungsverbot.

4. Zur Frage der Nachzahlung des Mietzinsrückstands hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass das Bestandobjekt nicht einmal dem Teilanwendungsbereich des MRG (vgl § 1 Abs 2 Z 4 und 5) unterliege, weshalb § 33 MRG nicht zur Anwendung gelange.

Die Beklagten vertreten dazu die Ansicht, dass ihnen eine Nachzahlung „der nicht gerechtfertigten Mietzinsreduktion“ vor Räumung bzw nach Rechtskraft des Teilurteils ermöglicht werden müsse, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht vorhersehbar sei.

Auch damit zeigen die Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage. Die Anordnung in § 33 Abs 3 MRG, wonach die Regelungen des Abs 2 leg cit auf Räumungsklagen nach § 1118 zweiter Fall ABGB anzuwenden ist, gilt nur im Bereich des Kündigungsschutzes des MRG (RIS‑Justiz RS0020961; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 33 MRG Rz 33).

5. Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte