European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00046.16W.0802.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die „Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld“ werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch, das Verfallserkenntnis und den Zuspruch an die Privatbeteiligten gerichtete Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf Z***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 15 iVm 161 Abs 1 erster Satz StGB (I) und der Vergehen der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in L*****
(I) Bestandteile seines Vermögens (2 bis 4) sowie des Vermögens der C***** GmbH (im Folgenden kurz C***** GmbH; 1) „verheimlicht, beiseite geschafft oder sonst sein Vermögen bzw das Vermögen der C***** GmbH wirklich oder zum Schein verringert“ und dadurch die Befriedigung seiner und deren Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen um insgesamt mindestens 259.526,83 Euro vereitelt oder geschmälert, wobei es teilweise beim Versuch blieb, indem er
1) als Geschäftsführer der C***** GmbH
a) zwischen 21. Oktober 2013 und 23. Juni 2014 mehrfach Barbehebungen in Höhe von insgesamt 112.140 Euro vom Geschäftskonto des Unternehmens tätigte und für private Zwecke verwendete;
b) am 16. Juni 2014 im die Gesellschaft betreffenden Insolvenzeröffnungsverfahren ein Vermögensverzeichnis abgab, in dem er einen Guthabensaldo auf dem Geschäftskonto in Höhe von 20.463,58 Euro sowie eine Forderung des Unternehmens gegenüber Daniela S***** in Höhe von 11.622,16 Euro verheimlichte und solcherart der Kenntnis des Insolvenzverwalters als Interessenwahrer der Gläubiger entzog;
2) erwirtschaftete Umsätze aus seiner Tätigkeit als Einzelunternehmer (E*****) ab Ende August 2014 auf ein auf Henrieta B***** lautendes Konto überweisen ließ, zwischen September und 13. November 2014 insgesamt etwa 50.000 Euro von diesem Konto behob und weder dieses noch die (Rein‑)Erlöse im (ihn betreffenden) Insolvenzverfahren, AZ 12 S 112/14i des Bezirksgerichts Traun, offenlegte, sondern – insbesondere durch falsche Angaben im Vermögensverzeichnis – verschwieg;
3) im eben genannten Insolvenzverfahren einen Bausparvertrag im Wert von 1.301,09 Euro sowie diverse Materialien und Werkzeuge im Wert von 14.000 Euro, welche er in der Werkhalle eines anderen Unternehmens gelagert hatte, durch insoweit falsche Angaben im Vermögensverzeichnis verheimlichte, wobei es beim Versuch blieb;
4) im November 2014 Christian E***** als Verfügungsberechtigten der A***** GmbH wiederholt dazu zu bewegen versuchte, offene Forderungen gegenüber dem von ihm betriebenen Einzelunternehmen nicht auf das Geschäftskonto, sondern andere, dem Insolvenzverwalter nicht bekannte Konten zu überweisen;
(II) nach Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit zwischen 20. August 2014 und 10. November 2014 zwei Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger oder wenigstens einen von ihnen benachteiligt, indem er in jeweils drei Teilbeträgen insgesamt 12.700 Euro an Dr. Bernd B***** (1) und Ivan D***** (2) überwies.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen nominell aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Die Verfahrensrüge (Z 4) bezieht sich – wie sie selbst einräumt – nicht auf einen
in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers
. Ein solcher (oder ein nach Art von Anträgen substantiierter Widerspruch) ist jedoch unabdingbare Voraussetzung der Geltendmachung des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099244).
Mit dem Vorbringen, der in der Hauptverhandlung eingeschrittene Verfahrenshilfeverteidiger habe es ohne Rücksprache mit dem Angeklagten verabsäumt, die Vernehmung der in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft genannten Zeugen sowie die Beiziehung eines Buchsachverständigen zu beantragen, wird übrigens ein offenkundiges Versagen des vom Gericht bestellten Verteidigers (§§ 61 f StPO), das eine auch das Gericht treffende Verpflichtung zur Vorsorge auslösen würde (Art 6 MRK; RIS-Justiz RS0096569; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 315 mwN), nicht einmal behauptet. Davon abgesehen stellt die Unterlassung der Antragstellung bezüglich der Aufnahme solcher Beweise, die das Gericht angesichts der Aktenlage im Rahmen der Amtswegigkeit (§ 3 StPO) nicht für erforderlich hielt, ein solches offenkundiges Versagen nicht dar (13 Os 147/15i).
Soweit in diesem Zusammenhang inhaltlich unvollständige Begründung (nominell Z 4, der Sache nach Z 5 zweiter Fall) der Negativfeststellung zum Verzicht der T***** GmbH (dessen einziger Gesellschafter und Alleingeschäftsführer der Angeklagte war) auf ihre Darlehensforderung in Höhe von 330.000 Euro gegenüber der C***** GmbH (US 4 f) geltend gemacht wird, scheitert der Einwand schon an der gebotenen Bezeichnung der Fundstelle des angeblich unerörtert gebliebenen Schriftstücks in den umfangreichen Akten (RIS‑Justiz
RS0124172; vgl im Übrigen US 5).
Das nominell auf Z 5 gestützte Vorbringen beschränkt sich darauf, den Urteilskonstatierungen ohne jeglichen Aktenbezug gegenteilige Sachverhaltsannahmen (etwa zum Schuldspruch I/1/a die substratlose Behauptung, dass es sich bei den angelasteten Privatentnahmen um Rückzahlungen eines Gesellschafterdarlehens handelte und das EKEG „nicht angewendet werden hätte dürfen“, weil hinsichtlich der C***** GmbH „in keiner Weise Insolvenzgefahr bestand“; vgl aber US 4 f) und andere (zudem nicht auf entscheidende Tatsachen bezogene) urteilsfremde eigene Thesen (etwa zur Kenntnis des Angeklagten von der Einleitung des Konkursverfahrens über die C***** GmbH [vgl dazu Kirchbacher in WK² StGB § 156 StGB Rz 5;
RIS‑Justiz
RS0095308], zum Wert der dem Unternehmen entzogenen Vermögensbestandteile sowie zur [Un‑]Pfändbarkeit einzelner vom Schuldspruch I/3 umfasster Gegenstände, welche Umstände mit Blick auf die Verurteilung nach § 156 Abs 1 StGB, der keine Wertgrenze enthält, nicht schuld- oder subsumtionsrelevant sind) gegenüberzustellen und orientiert sich solcherart nicht an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes, womit sich die Beschwerde insoweit einer inhaltlichen Erwiderung entzieht.
Indem sie zusammenfassend die Ansicht vertritt, es seien „keine konkreten Verfahrensergebnisse erzielt“ worden, welche die dem Beschwerdeführer „zur Last gelegten Verbrechen darstellen würden“, übergeht sie prozessordnungswidrig die (mängelfreien) beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter zur Gänze (US 12 bis 17) und erschöpft sich in einer – in dieser Form unzulässigen – Beweiswürdigungskritik. Mit der Behauptung, die „diesbezüglichen Feststellungen“ des Erstgerichts seien „unglaubwürdig“, wird ein Begründungsmangel gar nicht behauptet. Welche Konstatierungen zu entscheidenden Tatsachen nach ihrem Standpunkt „mit sich selbst in Widerspruch stehen“ („widersprüchlich sein“) sollten (Z 5 dritter Fall; vgl dazu
RIS‑Justiz RS0119089), erklärt die Beschwerde nicht, womit auch dieser Einwand einer inhaltlichen Antwort nicht zugänglich ist.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bestreitet der Sache nach (erneut substratlos) die Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 4 ff) und zum Vorliegen einer Gläubigermehrheit in Betreff der C***** GmbH (US 6) sowie des Angeklagten als Einzelunternehmer (US 8 ff), orientiert sich damit nicht am Urteilssachverhalt und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (zur Einheitlichkeit des Haftungsfonds bei Einzelunternehmen Kirchbacher in WK 2 StGB § 156 Rz 9).
Aus welchem Grund der Umstand, dass der Beschwerdeführer einziger Gesellschafter sowohl der C*****GmbH als auch der T***** GmbH war, Einfluss auf die Beurteilung von (nach den Urteilsfeststellungen) rein privaten Entnahmen aus der erstgenannten Gesellschaft als Verbrechen der betrügerischen Krida nach § 156 StGB (Schuldspruch I/1/a) haben sollte, erklärt sie nicht.
Mit Einwänden gegen die Höhe des für verfallen erklärten Betrags wird bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung gebracht.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - ebenso wie die im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehene „
Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld“ – bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die gegen den Strafausspruch, das Verfalls- und das Adhäsionserkenntnis gerichtete Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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