OGH 5Ob115/16x

OGH5Ob115/16x11.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers Mag. T***** S*****, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Antragsgegner Dr. G***** W*****, Hausverwalter, *****, vertreten durch Mag. Dr. Hannes Hausbauer, Rechtsanwalt in Gleisdorf, und die übrigen Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 2590 GB *****, wegen § 52 Abs 1 Z 6 WEG 2002 iVm §§ 20 Abs 3, 34 Abs 3 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 20. April 2016, GZ 7 R 196/15t‑27, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00115.16X.0711.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Im Revisionsrekursverfahren ist nur mehr strittig, ob die vom Rechtsvorgänger des Antragstellers dem Antragsgegner erteilte (Spezial‑)Vollmacht den Abschluss des Nachtrags zum Wohnungseigentumsvertrag deckte, der eine Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels (§ 19 Abs 2 WEG 1975 idF 3. WÄG) enthielt. Die Vorinstanzen haben diese Frage und folglich das Vorliegen einer wirksamen Vereinbarung verneint.

2. Die Auslegung von Willenserklärungen hat stets nach den Umständen des Einzelfalls zu erfolgen, sodass sich dabei eine erhebliche Rechtsfrage in der Regel nicht stellt (RIS‑Justiz RS0042555; RS0042936); dies gilt auch für die Erteilung und den Umfang einer Vollmacht (vgl 8 Ob 70/09s; 1 Ob 76/14d mwN; RIS‑Justiz RS0044358 [T2 und T36]). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste, ist dem Rekursgericht nicht unterlaufen:

3. Der Antragsgegner war „beauftragt und bevollmächtigt … alle Schritte zu unternehmen, die der Begründung von Wohnungseigentum … dienen“. Beispielhaft wenngleich nachrangig werden in der Vollmacht zwar auch „alle Maßnahmen im Zusammenhang mit der künftigen Verwaltung der Wohnhausanlage“ genannt, insgesamt wird aber auf das abgestellt, „was (der Bevollmächtigte) zur Erreichung des Geschäftszweckes für förderlich und nützlich hält“. Wenn dann das Rekursgericht davon ausgegangen ist, dass nach Erreichung des Geschäftszwecks, nämlich nach bereits erfolgter Begründung des Wohnungseigentums (TZ 9636/1995), der Abschluss einer Vereinbarung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels von besagter Vollmacht nicht mehr gedeckt war, dann liegt darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof als unvertretbar aufzugreifendes Auslegungsergebnis. Infolge Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG ist der außerordentliche Revisionsrekurs daher unzulässig und folglich zurückzuweisen.

4. Eine mangels Freistellung durch den Obersten Gerichtshof (§ 71 Abs 2 AußStrG) eingebrachte Revisionsrekursbeantwortung ist verfrüht und vermag keinen Kostenersatzanspruch zu begründen (5 Ob 158/12i; 5 Ob 19/14a; RIS‑Justiz RS0124792).

Stichworte