European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0000DS00003.160.0704.000
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Gründe:
Mit als „Dienstaufsichtsbeschwerde“ bezeichnetem Schreiben an das Oberlandesgericht Innsbruck vom 25. Februar 2016 warf Rechtsanwalt Dr. B***** der Richterin des Landesgerichts *****, *****, näher bezeichnetes Verhalten als Dienstpflichtverletzung vor (ON 1). Der Vorsitzende des Disziplinargerichts übermittelte die Eingabe der Leiterin der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck in ihrer Funktion als Disziplinaranwalt (ON 2), die sie mit der „Anregung“ retournierte, „vorerst im Sinne des § 122 RStDG eine schriftliche Stellungnahme der Beschuldigten zum angezeigten Sachverhalt einzuholen“ (ON 3).
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Disziplinargericht aus, dass die „Dienstaufsichtsbeschwerde“ nicht weiter behandelt werde (ON 5).
Dagegen richtet sich die Beschwerde des Disziplinaranwalts mit dem Begehren, dem Disziplinargericht die „inhaltliche Behandlung der Disziplinarsache“ aufzutragen (ON 7).
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht im Recht.
Zu Ds 1/16 (RIS‑Justiz RS0130573, RS0130574), worauf sich das Oberlandesgericht zur Begründung seiner Entscheidung beruft, hat der Oberste Gerichtshof nämlich klargestellt, dass Beschwerden von Beteiligten wegen Verweigerung oder Verzögerung der Rechtspflege bei den im § 78 GOG bezeichneten Stellen einzubringen sind und diesen die Wahrnehmung der dienstlichen Interessen zukommt. Eine Gerichtsentscheidung darüber sieht das Gesetz nicht vor. Das RStDG knüpft in seinem 2. Teil beim Pflichtenbereich von Justizverwaltung und Aufsicht an (§§ 73 ff GOG, § 3 Abs 1 OGHG), deren Tätigkeit in ein Disziplinarverfahren münden kann (§ 78 Abs 1 letzter Satz GOG). Wahrnehmung dienstlicher Interessen durch Private scheidet aus (vgl demgegenüber §§ 65 ff, 195, § 282 Abs 2 StPO). Von Privaten erstattete „Disziplinaranzeigen“ bilden daher keinen Prozessgegenstand für das Disziplinargericht. Prozessgegenstand des Disziplinarverfahrens (Disziplinarsache [vgl §§ 116 f RStDG]; vgl auch § 123 Abs 3, § 130 Abs 2 RStDG [Sache] und § 137 Abs 1 RStDG [zur Last gelegte Pflichtverletzung]) ist vielmehr der ohne Formzwang zum Ausdruck gebrachte, aber unmissverständliche Wille des Dienstgebers, eine Entscheidung des Disziplinargerichts herbeizuführen.
Mit der „Anregung, vorerst im Sinne des § 122 RStDG eine schriftliche Stellungnahme der Beschuldigten einzuholen“, wurde keineswegs unmissverständlich der Wille des Dienstgebers, eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über den von Dr. B***** in seiner „Dienstaufsichtsbeschwerde“ vorgetragenen Sachverhalt herbeizuführen, zum Ausdruck gebracht, was dieses zutreffend erkannte.
Der Beschwerdehinweis auf OGH 20. 3. 2014, Ds 25/13, ändert daran nichts. Der Oberste Gerichtshof hat zu Ds 25/13 ausdrücklich betont, die Entscheidung (die Einleitung der Disziplinaruntersuchung abzulehnen) „nicht von sich aus“, vielmehr nur getroffen zu haben, weil ihm der Sachverhalt vom Präsidenten des Obersten Gerichtshofs „zur dienststrafrechtlichen Beurteilung“ übermittelt worden war.
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