OGH 10ObS73/16g

OGH10ObS73/16g28.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Susanne Jonak (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ö*****, vertreten durch Dr. Clemens Pichler, LL.M., Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Invaliditätspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 14. April 2016, GZ 25 Rs 31/16v‑107, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00073.16G.0628.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Der 1962 geborene Kläger war während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag in einem einzigen Unternehmen als Montagehelfer ausschließlich mit der Schalterschrankverkabelung in der Abteilung Schalterschrankbau des Geschäftsbereichs „Heizungstechnik“ im Bereich industrielle Kabelbaumfertigung befasst. Zu seinen Aufgaben gehörte das Ablängen der Drähte und Kabel, das Anhängen der entsprechenden Crimps und Aderendhülsen, der Aufbau und der Zusammenbau der Kabelbäume nach Kabellisten bzw nach Verdrahtungsunterlagen (Plänen) und Montagezeichnungen und die anschließende Prüfung der Kabelbäume, bei der auch elektronische Hilfsmittel wie Prüf- und Messgeräte zum Einsatz kamen. Er hatte die Kabel auch abzumessen und zuzuschneiden; auf diese Kabel wurden Stecker, Steckdosen oder Büchsen aufgesteckt. Dabei arbeitete er nach einem Plan und nur nach Vorgaben, seine Arbeiten hatte er mit Prüf- und Kontrollgeräten zu kontrollieren. So konnte er durch einen Anschluss an einen Computer selbst prüfen, ob irgendwo eine Störung vorliegt bzw wo deren Ursache liegt, und den Fehler selbst beheben. Mit Maschinenbau hatte er nichts zu tun, bei Problemen hatte er einen Elektriker zu fragen. Bei der Tätigkeit des Klägers waren technische Unterlagen, die Arbeitsschritte, Arbeitsmittel und Arbeitsmethoden, die einschlägigen Sicherheitsvorschriften, Normen, Sicherheits- und Umweltstandards werksseitig stereotyp vorgegeben. Maschinen und Geräte nahm der Kläger nie in Betrieb. Die Schalterschrankverkabelung ist eine spezialisierte Tätigkeit im industriellen Umfeld. Qualifizierte Fachkenntnisse werden dabei nur für die Planung und Verkabelung von Schaltschränken, nicht jedoch für die serienmäßige Fertigung derartiger Teile erfordert; bei der industriellen Fertigung können qualifizierte Fachkenntnisse nicht in der erforderlichen Tiefe erworben werden.

Das Berufungsgericht verneinte eine Qualifikation des Klägers als „angelernter Elektroinstallationstechniker“, umfasse doch nach den Feststellungen das Berufsbild des Elektroin-stallationstechnikers (Lehrzeit: 3,5 Jahre) ein wesentlich weiteres Feld als der Kläger während seiner Tätigkeit abgedeckt habe. So sei bei der Tätigkeit des Klägers weder das Lesen noch die Anwendung technischer Unterlagen, die Planung, welche Arbeitsmittel herangezogen werden, welche Arbeitsmethoden und welche Arbeitsschritte erforderlich sind, notwendig gewesen; der Kläger habe auch keine Maschinen und Geräte in Betrieb nehmen und keine Schutzmaßnahmen zur Verhütung von Schäden treffen oder technische Daten prüfen und dokumentieren müssen. Feststehe, dass die serienmäßige Fertigung von Schalterschränken keineswegs die qualifizierten Fachkenntnisse eines Elektrotechnikers erfordere, sodass der Kläger diese Kenntnisse auch bei seiner Tätigkeit nicht in der „erforderlichen Tiefe“ erworben habe. Seine Tätigkeit sei deshalb jedenfalls nicht geeignet gewesen, einen Berufsschutz zu begründen.

Rechtliche Beurteilung

Der Kläger zeigt in seiner außerordentlichen Revision keine Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:

Voraussetzung für die Qualifikation als angelernter Arbeiter ist es, dass der Versicherte hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Kenntnisse den Anforderungen entspricht, die üblicherweise an Absolventen des Lehrberufs gestellt werden. Es reicht jedoch nicht aus, wenn die Kenntnisse und Fähigkeiten nur ein Teilgebiet eines Tätigkeitsbereichs umfassen, der von gelernten Arbeitern ganz allgemein in viel weiterem Umfang beherrscht wird (RIS‑Justiz RS0084638).

Der Revisionswerber meint, das Berufungsgericht habe sich von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entfernt. Wie der Kläger arbeiteten auch Elektroinstallationstechniker mit beendeter Lehrzeit nach einem Plan und nach Vorgaben und bedienten Prüf- und Kontrollgeräte und kontrollierten so ihre Arbeiten.

Weshalb diese Übereinstimmung ausgehend vom festgestellten Sachverhalt im Sinn der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs die Qualifikation als angelernter Arbeiter begründen soll und weshalb die vom Berufungsgericht nur beispielsweise angeführten Unterschiede in den Kenntnissen und Fähigkeiten eines Absolventen des Lehrberufs eines Elektrotechnikers und jenen des Klägers für die Verneinung dieser Qualifikation nicht ausreichen sollen, also die behauptete Abweichung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, führt der Revisionswerber allerdings nicht aus.

Stichworte