OGH 8Ob101/15h

OGH8Ob101/15h28.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. I***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Leitner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. H***** GmbH & Co KG, *****, 2. H***** GmbH, ebendort, beide vertreten durch Mag. Werner Piplits, Mag. Marco Mackinnon, Rechtsanwälte in Wien, wegen 6.272,42 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. Juni 2015, GZ 1 R 76/15w-56, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 4. März 2015, GZ 19 C 340/13h-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00101.15H.0628.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 614,86 EUR (darin 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Erstbeklagte hat im Auftrag der Klägerin Arbeiten zur Instandsetzung eines Parkettbodens durchgeführt. Die Zweitbeklagte ist die Komplementärgesellschaft der Erstbeklagten. Der Parkettboden war 1997 von der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten, deren Geschäftsführer der Vater des Geschäftsführers der Beklagten war, zur vollen Zufriedenheit der Klägerin verlegt worden, ebenso wie ein Parkettboden in ihren Wohnräumen. Zu dieser Zeit war auch der nunmehrige Geschäftsführer bereits bei der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten beschäftigt.

Die Sanierungsarbeiten wurden nicht fachgerecht durchgeführt. Die Mängel waren insgesamt so gravierend, dass eine fachgerechte Behebung nur durch neuerliches Abschleifen des gesamten Bodens, Vornahme der unterlassenen Ausbesserungen, neuerliche Versiegelung und Instandsetzung der beschädigten Sockelleisten, Türen und Türstöcke möglich war. Eine solcherart mangelhafte Sanierung kam im Unternehmen der Beklagten, das seit über 20 Jahren immer dieselben Mitarbeiter beschäftigte, bislang nicht vor.

Die Klägerin bemängelte umgehend die Durchführung der Arbeiten. Die Beklagte erklärte sich zur Behebung der Mängel bereit, wobei sie zunächst davon ausging, dass ein Zwischenschleifen und neuerliches Lackieren ausreichen würde. Die Klägerin erklärte, dass ihr angesichts des Ergebnisses jedes weitere Eingreifen durch die Beklagte widerstrebe und sie Angst vor weiteren Schäden habe; sie werde zu gegebener Zeit eine komplette Neubearbeitung des Bodens vornehmen lassen.

Die Erstbeklagte verstand diese Antwort dahingehend, dass sie die Mängelbehebung zu einem noch bekanntzugebenden späteren Zeitpunkt vornehmen solle. Die Klägerin übermittelte der Erstbeklagten ein von ihr eingeholtes Privatgutachten über den Zustand des Bodens und stellte in Aussicht, eine Verbesserung durch Dritte vornehmen zu lassen. Die Beklagte erklärte sich daraufhin schriftlich neuerlich bereit, alle notwendigen Schritte zur Mängelbehebung zu setzen, nötigenfalls auch an einem Wochenende.

Die Klägerin ließ die Sanierung von einem anderen Unternehmen vornehmen und bezahlte dafür 6.935 EUR netto; für die Behebung der von der Erstbeklagten verursachten Schäden an Türen und Türstöcken sind Kosten von 3.498 EUR angemessen, die Klägerin beabsichtigt, diese Reparatur vornehmen zu lassen.

Die Klägerin begehrt den Ersatz der Kosten der Mängel- und Schadensbehebung unter Abzug des mit der Erstbeklagten vereinbarten Werklohns, Verdienstentgang wegen notwendiger Schließung der Ordination, die Kosten des Privatgutachtens und den Ersatz der Wertminderung des Parkettbodens, dessen Nutzungsdauer sich um eine Schleifperiode verringert habe, insgesamt 10.449,36 EUR. Es sei der Klägerin aus triftigen, in der Person der Auftragnehmerin gelegenen Gründen nicht zumutbar gewesen, dieser einen Verbesserungsversuch zu ermöglichen.

Das Erstgericht gab der Klage teilweise Folge und sprach der Klägerin unter Abweisung des Mehrbegehrens 4.176,94 EUR samt Anhang zu. Gemäß § 932 Abs 2 und Abs 4 ABGB sei dem Auftragnehmer zunächst Gelegenheit zu geben, den vertragsgemäßen Zustand selbst herzustellen. Geldersatz könne nur gefordert werden, wenn Verbesserung oder Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vorgenommen würden, wenn sie mit erheblichen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer verbunden oder wenn sie ihm aus triftigen in der Person des Auftragnehmers liegenden Gründen unzumutbar seien. Die Beklagte habe die Verbesserung mit allen dafür notwendigen Maßnahmen angeboten, sodass ihr die Klägerin einen Versuch ermöglichen hätte müssen. Ein in der Person der Erstbeklagten liegender triftiger Grund, der die Verbesserung durch die Beklagte unzumutbar gemacht hätte, sei nicht hervorgekommen. Die festgestellten Fehler hätten das Vertrauen der Klägerin in die Fähigkeiten der Leute der Beklagten, die sie im Jahre 1997 bei der Parkettverlegung bewiesen hätten, nicht so weit erschüttern können, dass ein Verbesserungsversuch unzumutbar gewesen wäre. Sie könne daher – neben dem angemessenen Verdienstentgang und den Kosten der Reparatur der Türen – für die Mängelbehebung nur jene Kosten begehren, die die Beklagte selbst für die erforderlichen Sanierungsarbeiten aufwenden hätte müssen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin keine Folge. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass es der Klägerin zumutbar gewesen wäre, einen Verbesserungsversuch zu ermöglichen. Angesichts ihrer guten Erfahrungen mit der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten, die schon dieselben Mitarbeiter beschäftigt habe, seien die erstmaligen Mängel auch dann noch kein triftiger Grund gewesen, eine zweite Chance zu verweigern, wenn grobe Fahrlässigkeit anzunehmen wäre.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die Rechtsfrage, ob eine grob fahrlässig herbeigeführte Mangelhaftigkeit ohne weitere Umstände für den Ausschluss des Vorrangs der Verbesserung nach § 932 Abs 4 ABGB ausreiche, in der Rechtsprechung noch nicht hinreichend geklärt sei.

Die Revision der Klägerin stützt sich auf diesen Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts und macht geltend, die Mitarbeiter der Beklagten hätten derart schlampig gearbeitet, dass von grober Fahrlässigkeit auszugehen sei. Dadurch sei das Vertrauen der Klägerin in die Fähigkeiten der Beklagten so erschüttert worden, sodass sie keinen einzigen Verbesserungsversuch dulden habe müssen.

Die Beklagte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig.

Die Beurteilung, ob ein Gewährleistungsbehelf dem Besteller wegen Vertrauensverlusts unzumutbar war, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0122927 [T6] = RS0120247 [T4]). Mangels einer über den Anlass hinausreichenden Aussagekraft von Einzelfallentscheidungen steht die Revision zu ihrer Überprüfung nach § 502 Abs 1 ZPO nicht offen, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre bei seiner Entscheidung eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen, die ausnahmsweise zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte.

Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Wie auch die Revisionswerberin zugesteht, reicht die Mangelhaftigkeit der Leistung alleine noch nicht aus, um eine Verbesserung aus triftigen, in der Person des Übergebers gelegenen Gründen unzumutbar zu machen (RIS-Justiz RS0120247). Angesichts der hier festgestellten tadellosen Abwicklung zweier vorangegangener Aufträge ist die Rechtsansicht nicht unvertretbar, dass auch Anzahl und Schweregrad der beim gegenständlichen Auftrag aufgetretenen Fehlleistungen objektiv betrachtet das Vertrauen in die Fähigkeiten der Beklagten nicht so weit erschüttern konnte, dass jeglicher Verbesserungsversuch unzumutbar gewesen wäre.

Soweit die Revision geltend macht, der Oberste Gerichtshof habe bereits „durchblicken“ lassen, dass auch eine grob fahrlässig herbeigeführte Mangelhaftigkeit ein triftiger Grund für die Verweigerung des primären Gewährleistungsbehelfs sein könne (8 Ob 14/08d), muss darauf nicht eingegangen werden, weil das rechtliche Ergebnis des Berufungsgerichts angesichts der Einzelfallbezogenheit der Kriterien dieser These gar nicht widerspricht.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Klägerin hingewiesen.

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