European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00128.16A.0615.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
Der 1992 geborene Antragsteller, der im Juni 2015 die Matura mit ausgezeichnetem Erfolg absolvierte, studiert seit dem Wintersemester 2015/2016 Rechts-wissenschaften und bezieht die Familienbeihilfe sowie die Studienbeihilfe. Er lebt zusammen mit seinem eingetragenen Partner, der neben einer geringfügigen Beschäftigung ebenfalls Jus studiert. Der Partner befindet sich im 1. Semester des dritten Abschnitts, bezieht Studienbeihilfe und ist finanziell nicht leistungsfähig. Gegen den Antragsgegner und Vater des Antragstellers bestand bisher kein Unterhaltstitel.
Der Antragsteller begehrte vom Antragsgegner einen monatlichen Unterhalt von 410 EUR ab 1. 10. 2015. Er sei einkommenslos und betreibe sein Studium zielstrebig.
Der Antragsgegner sprach sich gegen die beantragte Unterhaltsbemessung aus. Weder der Antragsteller noch dessen eingetragener Partner betrieben das Studium der Rechtswissenschaften zielstrebig. Der Partner sei deshalb auf ein unter Anspannung seiner Kräfte erzielbares Einkommen anzuspannen, sodass dem Antragsteller ein Unterhaltsanspruch gegenüber seinem eingetragenen Partner zustehe.
Das Erstgericht gab dem Unterhaltsantrag zur Gänze statt. Wegen des Bezugs der Studienbeihilfe ging es von einem zielstrebig betriebenen Studium der beiden Partner aus und verneinte daher die Selbsterhaltungsfähigkeit des Antragstellers. Die Unterhaltspflicht der Eltern für ein verpartnertes Kind sei zwar gegenüber der Lebenspartnerunterhaltspflicht nur subsidiär. Sie greife aber dann, wenn der Partner auch bei der gebotenen äußersten Einschränkung des eigenen Bedarfs nicht imstande ist, seiner ihn nach § 94 ABGB (gemeint: § 12 EPG) obliegenden Unterhaltspflicht zu genügen. Mangels Leistungsfähigkeit des Partners, der sein Studium zielstrebig betreibe, sei der Antragsgegner daher subsidiär zur Unterhaltsleistung zu verpflichten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters keine Folge. Wenngleich der Partner des Antragstellers die durchschnittliche Studiendauer noch nicht ausgeschöpft habe, sei derzeit (ex ante) nicht davon auszugehen, dass dieser sein Studium insgesamt innerhalb der durchschnittlichen Studiendauer abschließen wird können. Allerdings bestehe keine Rechtsgrundlage, dass sich der unterhaltspflichtige Elternteil auf die mögliche Anspannung des eingetragenen Partners seines Kindes berufen kann, um sich dadurch seiner Unterhaltspflicht zu entledigen. Jede Anspannung setze immer ein vorwerfbares Verhalten voraus. Darauf könne sich der Vater nicht berufen, weil ihm gegenüber den Partner seines Sohnes keine Obliegenheit treffe, einer angemessenen Tätigkeit nachzugehen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Anwendung des Anspannungsgrundsatzes auf den Ehegatten bzw den eingetragenen Partner des geldunterhaltsberechtigten Kindes gegenüber seinen Eltern noch ungeklärt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Antragsgegner erhobene Revisionsrekurs ist entgegen diesem Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Die in der angefochtenen Entscheidung als erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG erachtete Rechtsfrage, ob der unterhaltspflichtige Vater die mögliche Anspannung des eingetragenen Partners des unterhaltsberechtigten Sohnes einwenden kann oder nicht, ist für die Entscheidung nicht präjudiziell. Geht man nämlich zugunsten des Rechtsmittelswerbers davon aus, dass eine Anspannung des Partners zu prüfen ist, würde sich am Ergebnis der Entscheidung nichts ändern.
2. Neben der auch vom Vater nicht mehr bestrittenen zielstrebigen Betreibung des Studiums durch den Antragsteller ist aufgrund der getroffenen Feststellungen und dem Inhalt der unstrittigen Urkunden, die der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt werden können (RIS‑Justiz RS0121557 [T3]), davon auszugehen, dass auch dessen Partner das Studium im Rahmen der durchschnittlichen Dauer von 13 Semestern und damit zielstrebig betreibt (RIS‑Justiz RS0117107). Bei der vorzunehmenden ex post‑Betrachtung (RIS‑Justiz RS0110600) des tatsächlichen Studienerfolgs ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der Partner zum Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz nämlich im 9. Semester seines Studiums und bereits im dritten Abschnitt befindet, dessen Mindeststudienzeit drei Semester beträgt, wobei er gerade wegen der Vielzahl von zuletzt innerhalb weniger Monate positiv absolvierten mündlichen Prüfungen (darunter Bürgerliches Recht, Zivilverfahrensrecht, Arbeitsrecht, Unternehmensrecht, diverse Wahlfächer) und Pflichtübungen eine Absolvierung des bisherigen Studiums in angemessener Zeit sichergestellt hat. Wegen der – auch durch den festgestellten Bezug der Studienbeihilfe indizierten (§ 16 Abs 1 Z 1 Studienförderungsgesetz 1992; vgl für die Familienbeihilfe: RIS‑Justiz RS0110600 [T2, T9]) – zielstrebigen Betreibung des Studiums wird der Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit des Partners hinausgeschoben (RIS‑Justiz RS0117107; RS0110600 [T1, T6]; RS0047580; RS0107724), sodass dieser nicht in der Lage ist, seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Antragsteller nachzukommen. Damit kommt die subsidiäre Unterhaltspflicht der Eltern zum Tragen (RIS‑Justiz RS0047698; RS0108788).
3. Das Ergebnis hängt somit nicht davon ab, ob sich der Vater gegenüber seinem Sohn auf eine Anspannung des Partners berufen kann oder nicht. Bei dieser Sachlage käme somit der Lösung der vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung zu. Die Anrufung des Obersten Gerichtshofs ist aber nach § 62 Abs 1 AußStrG nur zulässig, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, die angeschnittene Rechtsfrage also für die Entscheidung präjudiziell ist (RIS‑Justiz RS0088931; Schramm in Gitschthaler/Höllwerth AußStrG § 62 Rz 33). Fehlende Relevanz für die Entscheidung des zu beurteilenden Falls schließt aber das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage aus.
4. Auch der Revisionsrekurs zeigt keine (sonstige) erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 AußStrG auf. Das trifft insbesondere auf den lapidaren Hinweis zu, es sei (auch im Zusammenhang mit der gemeinsamen Wohnung) unklar, wie der Partner seinen Lebensunterhalt bestreitet. Insoweit der Antragsgegner damit ein ausreichendes Eigeneinkommen des Partners andeutet, ist dem die Feststellung zur mangelnden (finanziellen) Leistungsfähigkeit des Partners entgegenzuhalten. Von dieser Feststellung geht auch der Vater aus, weil er in seinem Rechtsmittel dem Partner seines Sohnes beim Studium fehlende Zielstrebigkeit vorwirft und deshalb dessen Anspannung verlangt. Dadurch nimmt der Antragsgegner aber gerade auf die Erzielung eines fiktiven Einkommens Bezug (RIS‑Justiz RS0047536; RS0047663 ua).
5. Da somit keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu lösen sind, ist der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
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