OGH 4Ob34/16b

OGH4Ob34/16b15.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers E***** S*****, vertreten durch TSCHURTSCHENTHALER Rechtsanwälte GmbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die Beklagte C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Birgit Lajtai‑Nagl, Rechtsanwältin in Villach, wegen 6.461,50 EUR sA und Feststellung (Streitwert 2.000 EUR), über die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2015, GZ 2 R 280/15a‑9, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 18. September 2015, GZ 1 C 569/15v‑5, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00034.16B.0615.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, der Beklagten die mit 833,88 EUR (darin 138,98 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der Kläger verletzte sich anlässlich seiner Teilnahme an einem von der Beklagten veranstalteten „Blobbing“. Bei dieser Trendsportart springen zwei „Jumper“ von einem Sprungturm auf das Ende eines im Wasser schwimmenden Luftkissens, wodurch der am anderen Ende desselben sitzende „Blobber“ – wie im konkreten Fall der Kläger – in die Höhe geschleudert wird und anschließend im Wasser landet.

Vor seiner Teilnahme an der Sportveranstaltung bekam der Kläger ein Anmeldeformular ausgehändigt, das er kurz durchlas und unterschrieb. Das Formular enthielt einen Gefahrenhinweis, wonach auch bei größter Sorgfalt und optimalem Verlauf unter anderem bei der Landung im Wasser durch unrichtiges Aufkommen, Auftreten oder Stürze Unfälle mit nicht unerheblichen Verletzungsfolgen (zB Verstauchungen, Knochenbrüche, Halswirbelsäulenprellungen, Wirbelsäulenverletzungen, Gehirnerschütterungen uvm) passieren können.

Der Kläger wurde, als zwei „Jumper“ auf den „Blob“ sprangen, seitlich in einer Höhe von 2,5 bis 3 Meter über die Wasseroberfläche weggeschleudert. Er stürzte mit dem Kopf voraus mit dem rechten Ohr aufs Wasser und erlitt trotz Tragens eines Schutzhelms einen Trommelfellriss.

Die Vorinstanzen wiesen die Schadenersatz‑ und Feststellungsklage im Wesentlichen mit der Begründung ab, der Kläger sei im Anmeldeformular ausreichend über die Risiken dieses Sports aufgeklärt worden. Der Beklagten und ihrer Erfüllungsgehilfin falle auch sonst kein Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung des „Blobbings“ zur Last.

Das Berufungsgericht ließ die Revision mangels Rechtsprechung zur Frage, ob eine Binnenschifffahrtssache auch ohne Beteiligung eines Bootes oder Floßes vorliegen könne, und zur Frage der Aufklärungspflicht und Risikotragung bei der Trendsportart „Blobbing“ zu.

Rechtliche Beurteilung

Die – von der Beklagten beantwortete – Revision des Klägers ist – ungeachtet des berufungsgerichtlichen Zulässigkeitsausspruchs – in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.

1. Fragen der Gerichtszuständigkeit im Zusammenhang mit Binnenschifffahrtssachen macht der Kläger nicht geltend. Darauf ist daher nicht weiter einzugehen.

2.1. Wer an einer gefährlichen sportlichen Veranstaltung teilnimmt, nimmt das damit verbundene, in der Natur der betreffenden Veranstaltung gelegene Risiko, jedenfalls soweit er es kennt oder kennen muss, auf sich und handelt auf eigene Gefahr. Ihm wird eine Selbstsicherung zugemutet und die dem Gefährdenden sonst obliegenden Sorgfaltspflichten sind aufgehoben oder eingeschränkt (7 Ob 572/89).

2.2. Es trifft den Betreiber und Veranstalter einer Risikosportart, der auch das dafür notwendige Sportgerät zur Verfügung stellt, jedenfalls eine entsprechende Aufklärungspflicht über die Sicherheitsrisiken betreffenden Umstände; nur so wird der Teilnehmer nämlich in die Lage versetzt, diese auch ausreichend und umfänglich abzuschätzen, wobei die Schilderung, Aufklärung und Beratung (Belehrung) so konkret, umfassend und instruktiv zu erfolgen hat, dass sich der hievon Angesprochene der (möglichen) Gefahren bewusst wird und diese eigenverantwortlich abzuschätzen in der Lage ist (2 Ob 277/05g; zuletzt 6 Ob 183/15b).

3.1. Wann die Aufklärungspflicht des Vertragspartners nach der Übung des redlichen Verkehrs besteht, ergibt sich jeweils aus dem Umständen des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0111165). Die Frage, in welchem Umfang über mögliche Gefahren aufzuklären bzw zu warnen ist und aus welchen Gründen das Unterlassen einer Aufklärung schuldhaft ist, kann immer nur aufgrund der besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden und ist daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (vgl 9 Ob 38/13y betreffend Schilehrer).

3.2. Die im konkreten Fall vorgenommene Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach der Kläger über das mit der Teilnahme an der „Blobbing“-Veranstaltung verbundene Risiko ausreichend aufgeklärt wurde, ist aufgrund hinreichender Konkretisierung vertretbar und keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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