European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0170OS00013.16I.0606.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Cömert A***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (A) und des Vergehens der Bestechung nach §§ 12 zweiter Fall, 307 Abs 1 StGB (B) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien im Jänner 2012
(A) den abgesondert verfolgten Manuel H*****, der als Vertragsbediensteter der Stadt Wien für die Ausstellung von Ausnahmebewilligungen gemäß § 45 Abs 4 StVO (iVm § 43 Abs 2a Z 1 StVO; [„Parkpickerl“]) zuständig war, mithin einen (im strafrechtlichen Sinn) Beamten der Gemeinde Wien, mit dem Vorsatz, dadurch die Gemeinde Wien an ihrem Recht auf Einhebung der Parkometerabgabe „(§ 45 Abs 4 und 4a StVO iVm §§ 2 und 4 Wiener PauschalierungsVO)“ und auf Parkraumbewirtschaftung zu schädigen, (zu ergänzen: wissentlich [US 9]) dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), seine Befugnis, im Namen der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch zu missbrauchen, dass er „Parkpickerl ohne entsprechenden formellen Antrag sowie damit einhergehend ohne Prüfung der von der Gemeinde Wien im Sinne einer effektiven und zielführenden Parkraumbewirtschaftung erstellten Voraussetzungen für die von seinen Abnehmern gewünschten Bezirke gegen Bezahlung eines nicht den standardmäßigen Tarifen entsprechenden, geringeren Betrages herstellte und die solcherart eingehobenen Beträge nicht an die Gemeindekasse abführte, sondern für private Zwecke verwendete“, indem er Ibrahim C***** als Mittelsmann des Manuel H***** in Kenntnis des Tatplans das Kennzeichen W***** des von ihm benutzten Fahrzeugs und den von ihm gewünschten Bezirk samt Gültigkeitsdauer von zwei Jahren mitteilte;
(B) Ibrahim C***** durch die zu A beschriebene Handlung dazu bestimmt, einem Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts einen Vorteil für diesen zu gewähren, indem er ihm die Zahlung von 200 Euro anlässlich der Herstellung des „Parkpickerls“ in Aussicht stellte und nach dessen Erhalt tatsächlich bezahlte, wobei er wusste, dass zumindest ein Teil dieses Geldbetrags an Manuel H***** weitergeleitet werden würde.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Mit der (zur subjektiven Tatseite leugnenden) Verantwortung des Angeklagten haben sich die Tatrichter auseinandergesetzt und sie mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 10 ff). Zu einer ausdrücklichen Erörterung sämtlicher Aussagedetails im Urteil waren sie schon mit Blick auf das Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht verhalten (RIS-Justiz RS0106642).
Dass diese vom Erstgericht zum Schuldspruch A angeführten Gründe für die Feststellung wissentlichen Handelns offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) seien, also Denkgesetzen oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprächen (vgl RIS-Justiz RS0118317), wird ohne nähere Darlegung bloß behauptet.
Der Einwand von Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) spricht keine Wiedergabe des Inhalts von Beweismitteln, sondern auf diesen basierende Feststellungen an und überschreitet damit die Grenzen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099431).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nimmt mit ihrer Kritik, das angefochtene Urteil enthalte zum Schuldspruch A keine (ausreichenden) Feststellungen zur Beamteneigenschaft des unmittelbaren Täters Manuel H*****, nicht Maß an der Gesamtheit des Urteilssachverhalts (RIS-Justiz RS0099810). Nach diesem sei der Genannte im Tatzeitraum Vertragsbediensteter der Gemeinde Wien und für „die Ausstellung der Parkpickerl“ (also die bescheidmäßige Erteilung von Ausnahmebewilligungen nach § 45 Abs 4 iVm § 43 Abs 2a Z 1 StVO vgl US 3), mithin für die Vornahme von Rechtshandlungen (vgl § 74 Abs 1 Z 4 erster Fall StGB), „zuständig“ gewesen (US 6). Welche weiteren Feststellungen erforderlich gewesen wären, sagt der Beschwerdeführer nicht.
Auch die Diversionsrüge (Z 10a) ist auf Basis der Urteilskonstatierungen unter Beachtung der Notwendigkeit kumulativen Vorliegens der Diversionsvoraussetzungen methodisch korrekt zu entwickeln (RIS-Justiz RS0124801). Diese Voraussetzungen verfehlt der Beschwerdeführer, indem er urteilsfremd (vgl US 10) behauptet, „die Verantwortungsübernahme, also das Unrechtsbewusstsein ist aus den Feststellungen klar ersichtlich“ (vgl RIS-Justiz RS0126734). Von den Feststellungen (vgl US 8) entfernt sich auch der zur Diversionsvoraussetzung nicht schwerer Schuld (§ 198 Abs 2 Z 2 StPO) erhobene Einwand, der Beschwerdeführer sei davon ausgegangen, „grundsätzlich einen Anspruch auf ein Parkpickerl zu haben“. Im Übrigen war nach der zur Rechtslage vor dem StrafrechtsänderungsG 2015 (BGBl I 2015/112) ergangenen Rechtsprechung Diversion bei einem Missbrauch der Amtsgewalt und Bestechung verwirklichenden Verhalten nach dem Wortlaut des § 198 Abs 3 StPO (anders als nach der geltenden Fassung) zwar nicht ausgeschlossen, kam aber diese Form der Verfahrensbeendigung wegen des signifikant höheren Unrechts- und Schuldgehalts eines solchen Verhaltens in aller Regel nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0129834).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)