European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00022.16Y.0525.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Der Angeklagten Verena P***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde relevant – Verena P***** (zu A.A.I.) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 Z 3 SMG, (zu A.A.II.) des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 3 SMG, (zu A.A.III.) der „Verbrechen“ (richtig: Vergehen) der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 dritter Fall SMG sowie (zu A.A.IV.) des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG schuldig erkannt.
Danach hat sie
A.A.I./ im Jahr 2014 am Grenzübergang B*****, teilweise im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittäterinnen, in mehreren Fahrten insgesamt zumindest 6.050 g Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 5 % Delta‑9‑THC (302,5 g reines Delta‑9‑THC), sohin in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nach Österreich eingeführt, indem sie es in einem Fahrzeug auf dem Straßenweg von B***** nach I***** transportierte;
A.A.II./ von Anfang 2014 bis 24. Juni 2015 in I***** und Umgebung, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern, insgesamt zumindest 6.785 g Cannabiskraut und Cannabisharz (mindestens 411 g reines Delta‑9‑THC), sohin in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, anderen im Zug einer – im Urteil näher beschriebenen – Mehrzahl überwiegend gewinnbringender Verkaufshandlungen überlassen;
A.A.III./ zwischen Ende März und 24. Juni 2015 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Mittätern zumindest 1 kg Cannabiskraut (78 g reines Delta‑9‑THC) im PKW auf dem Straßenweg von J***** nach I***** mit dem Vorsatz befördert, dass es durch überwiegend gewinnbringenden Verkauf in Verkehr gesetzt werde;
A.A.IV./ am 24. Juni 2015 über die zu A.A.I. und II. genannten Mengen hinaus überwiegend zum gewinnorientierten Weiterverkauf geringe Mengen Suchtgift, nämlich 126,5 g Cannabisharz und 5 g Cannabiskraut (Delta‑9‑THC) besessen.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Nichtannahme der Privilegierungen nach § 28a Abs 3 SMG (A.A.I. und II.), § 28 Abs 4 SMG (A.A.III.) und § 27 Abs 5 SMG (A.A.IV.) wie auch gegen den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; ihr kommt keine Berechtigung zu.
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider haftet den – dem Anfechtungsziel entgegenstehenden – Feststellungen, wonach die Angeklagte die den Schuldsprüchen zugrundeliegenden Taten nicht vorwiegend deshalb beging, um ihren eigenen Konsum zu finanzieren oder durch die Taten Suchtmittel für den eigenen Konsum zu erlangen (US 24), kein Begründungsmangel an.
Soweit die Beschwerde unter Verweis darauf, dass dem Urteil keine Ausführungen zum Ausmaß des Eigenkonsums zu entnehmen sind, weshalb keine Relation zwischen den Mengen des verkauften und des konsumierten Suchtgifts errechnet werden könne, eine bloße „Scheinbegründung“ behauptet (Z 5 vierter Fall), übersieht sie, dass § 27 Abs 5 SMG lediglich auf die Absicht des Täters zur Tatzeit abstellt, mehr als die Hälfte des Gewinns in neuerliche Suchtmittelbeschaffung (für den Eigenkonsum) fließen zu lassen (RIS‑Justiz RS0125836), während die Frage, ob der erwirtschaftete Gewinn tatsächlich im intendierten Sinn verwendet wurde, keinen entscheidenden Umstand betrifft. Demgemäß bedurften die zur allein maßgeblichen Annahme der Intention der Beschwerdeführerin führenden beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter über das Ausmaß deren Suchtgiftkonsums weder eigener „konkreter Feststellungen“ noch sonst einer mathematischen Aufschlüsselung im Urteil (vgl RIS‑Justiz RS0098471).
Mit der – verfehlt unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit eingeordneten (vgl RIS‑Justiz RS0099431) – Behauptung (Z 5 zweiter Fall) des Fehlens einer Auseinandersetzung mit den Angaben der Angeklagten in der Hauptverhandlung, wonach der gesamte Erlös aus den Suchtgiftverkäufen für die Finanzierung des Eigenkonsums verwendet worden sei, vernachlässigt die Rüge die Urteilsausführungen dazu (US 30).
Indem die Beschwerde „Feststellungen“ fordert, dass „die Angeklagte einerseits in der Lage war, mit legalen Einkünften ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, sie aber andererseits ihre Schulden die ganze Zeit nicht bezahlen konnte“, übt sie der Sache nach lediglich Beweiswürdigungskritik in Bezug auf die dargestellten, den Privilegierungen entgegenstehenden Konstatierungen nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen – Schuldberufung.
Dies gilt auch für ihre Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (in dubio pro reo), der niemals Gegenstand des formellen Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO sein kann (RIS‑Justiz RS0102162).
Die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Schöffengericht die zu A.A.III. subsumierten Taten irrig als Verbrechen statt als Vergehen (der Vorbereitung des Suchtgifthandels nach § 28 Abs 1 dritter Fall SMG) bezeichnet hat. Dem Ausspruch, ob eine strafbare Handlung ein Verbrechen oder ein Vergehen ist, kommt jedoch nur deklarative Bedeutung zu; die Falschbezeichnung begründet keine Urteilsnichtigkeit (vgl RIS‑Justiz RS0089896, RS0089903). Der der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zur Last gelegte Erschwerungsgrund des Zusammentreffens mehrerer Verbrechen wurde, weil bereits zu A.A.I. und A.A.II. verwirklicht, zu Recht angenommen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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