OGH 8Ob40/16i

OGH8Ob40/16i24.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun-Mohr als weitere Richter in der Insolvenzsache der C***** GmbH, *****, Insolvenzverwalter Mag. Dr. Günther Hödl, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs 1. des Geschäftsführers der Schuldnerin P***** Z*****, 2. der Schuldnerin, beide vertreten durch Dr. Erich Hirt, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. April 2016, GZ 28 R 69/16x-14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0080OB00040.16I.0524.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Am 15. 4. 2015 beantragte das Land ***** aufgrund näher bezeichneter rückständiger Abgabenforderungen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Diese bestritt das Vorliegen der Insolvenzvoraussetzungen. Die Abgabenfestsetzungen der Antragstellerin seien unionsrechtswidrig. Die Antragsgegnerin habe gegen die Abgabenbescheide Rechtsmittel erhoben, sodass die Forderungen mangels Rechtskraft jedenfalls nicht fällig seien.

Das Erstgericht wies den Eröffnungsantrag im ersten Rechtsgang mit Beschluss vom 5. 5. 2015 ab. Die Forderung des Antragstellers sei nach der Aktenlage nicht ausreichend bescheinigt.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss über Rekurs der Antragstellerin auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Zwar sei dem Erstgericht beizupflichten, dass der vorgelegte Rückstandsausweis aufgrund formaler Mängel als Bescheinigungsmittel für die darin genannte Forderung nicht genüge, jedoch liege zumindest für einen Teil der Abgabenforderungen (Zeitraum 1. 4. 2010 bis 31. 8. 2010) ein die Festsetzung bestätigendes letztinstanzliches Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. 4. 2012 vor. Die Antragsgegnerin habe zugestanden, darauf nur eine Teilzahlung geleistet zu haben, sodass eine Restforderung im Ausmaß von 465.382,30 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen und Verzugszinsen als Insolvenzforderung des Antragstellers bescheinigt sei. Auch mit den weiteren im Rekurs erhobenen Argumenten, insbesondere dem Hinweis auf eine an die Europäische Kommission gerichtete Beschwerde, gelinge es der Schuldnerin nicht, die bereits bescheinigte Insolvenzforderung in Zweifel zu ziehen.

Mit Rücksicht auf den Zeitraum des Beitragsrückstands sei auch die Zahlungsunfähigkeit der Antragsgegnerin indiziert, sodass das Erstgericht das Insolvenzeröffnungsverfahren fortzusetzen habe.

Nach Durchführung weiterer Erhebungen eröffnete das Erstgericht mit Beschluss vom 8. 2. 2016 über das Vermögen der Schuldnerin den Konkurs. Die Forderung des Antragstellers sei ua mit dem vollstreckbaren Bescheid vom 15. 7. 2013 über 5.615.691,06 EUR sA glaubhaft gemacht worden. Die Zahlungsunfähigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass mehrere vollstreckbare Forderungen nicht beglichen wurden, ein Kostenvorschuss sei erlegt worden.

Dem gegen diesen Beschluss erhobenen gemeinsamen Rekurs der Schuldnerin und ihres Geschäftsführers gab das Rekursgericht nicht Folge.

Im Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses seien die von der Antragstellerin behaupteten Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin für sämtliche Abgabenzeiträume bis 2012 durch rechtskräftige Erkenntnisse des VwGH bestätigt gewesen. Der innerstaatliche Instanzenzug sei damit abgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Schuldnerin und ihres Geschäftsführers ist gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO iVm § 252 IO unzulässig (RIS‑Justiz RS0044101).

Wie die Rechtsmittelwerber grundsätzlich richtig ausführen, ist zwar nach herrschender Lehre und Rechtsprechung dann nicht von einem zur Gänze bestätigenden Beschluss des Rekursgerichts auszugehen, wenn das Erstgericht auf Grundlage einer ihm im ersten Rechtsgang ohne Rechtskraftvorbehalt (§ 527 Abs 2 ZPO) überbundenen Rechtsansicht entschieden hat. In diesem Fall, in dem das Rekursgericht nur die Beachtung seiner schon vorher geäußerten Rechtsansicht durch das Erstgerichts zu prüfen hatte, kann nämlich in Wahrheit von der Bestätigung der Rechtsansicht eines anderen Gerichts nicht gesprochen werden (vgl bis zur WGN 1989 RIS-Justiz RS0044323 mwN; 8 Ob 63/03b; 4 Ob 33/89; allgemein Kodek in Rechberger ZPO 4 § 528 Rz 35 mwN).

Die dargestellten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall aber nicht erfüllt.

Im ersten Rechtsgang hat das Rekursgericht dem Erstgericht die Rechtsansicht überbunden, dass der Antragstellerin die Bescheinigung einer durch das Erkenntnis des VwGH vom 27. 4. 2012, Zl 2011/17/0114-6, rechtskräftig bestätigten Forderung von (unter Berücksichtigung einer Teilzahlung) zumindest 465.382,30 EUR sA gelungen sei.

In seinem angefochtenen Eröffnungsbeschluss erachtete das Erstgericht die Forderung des Antragstellers nicht aufgrund des vom Rekursgericht herangezogenen Bescheids, sondern aufgrund des einen anderen Abgabenzeitraum betreffenden Bescheids der ***** Landesregierung vom 15. 7. 2013 über 5.615.691,06 EUR sA als bescheinigt. Dieser Bescheid wurde erst während des zweiten Rechtsgangs, nämlich mit Erkenntnis des VwGH vom 20. 1. 2016, Zl 2013/17/0644‑14, letztinstanzlich bestätigt.

Der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts beschränkt sich daher nicht auf die Überprüfung seiner im ersten Rechtsgang überbundenen Rechtsansicht, sondern bestätigt eine davon unabhängig begründete erstinstanzliche Entscheidung, sodass er der Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO unterliegt.

Der Revisionsrekurs ist daher absolut unzulässig.

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