OGH 22Os9/15m

OGH22Os9/15m18.5.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 18. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Waizer und Dr. Mascher sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Sailer in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten wegen Schuld und Strafe gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 24. Juni 2015, AZ D 13‑18, 3 DV 13‑35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Staatsanwältin Dr. Wallner, des Kammeranwaltstellvertreters Dr. Danler und des Disziplinarbeschuldigten zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0220OS00009.15M.0518.000

 

Spruch:

Der Berufung wegen Schuld wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird der Berufung wegen Strafe Folge gegeben und die Zusatzgeldbuße auf 1.500 Euro herabgesetzt.

Dem Disziplinarbeschuldigten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde *****, Rechtsanwalt in *****, der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt, weil er, „obwohl er im Schreiben vom 8. November 2012 an die K***** GmbH bestätigt habe, für seine außergerichtlichen Leistungen keine Kosten zu beanspruchen und wäre lediglich, sollten Vergleichsbemühungen Erfolg haben, eine entsprechende Bonuszahlung fällig, dieser Zusage widersprechend außergerichtliche Zahlungen im Zeitraum 8. November 2012 bis 4. März 2013 im Betrag von 13.116 Euro ohne Eintritt des Erfolgszuschlags abgerechnet und mit einem ausschließlich für den Erfolgsfall von der K***** GmbH erlegten Kostenvorschuss von 12.000 Euro verrechnet habe“.

Er wurde hiefür ‑ unter Bedachtnahme auf die Erkenntnisse des Disziplinarrats der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 16. Jänner 2013, AZ D 10‑60, 3 DV 12‑23, sowie vom 5. März 2014, AZ D 12‑49, 3 DV 13‑01, DV 13‑06, 3 DV 13‑12, zu einer (Zusatz‑)Geldbuße von 3.000 Euro verurteilt.

Die Schuldberufung versagt.

Rechtliche Beurteilung

Der Disziplinarrat hat nach Durchführung eines aufwändigen Beweisverfahrens, im Zuge dessen er sich einen persönlichen Eindruck von den Beteiligten verschaffen konnte, logisch und empirisch einwandfrei begründet, warum er der mit dem Schreiben des Disziplinarbeschuldigten vom 8. November 2012 in Einklang stehenden Aussage des Zeugen Jürgen T***** folgte. Dabei konnte er sich insbesondere auch auf die Aussage des ‑ unbeteiligten ‑ Zeugen Mag. Armin E***** stützen, der in der Disziplinarverhandlung erklärt hatte, es sei ihm bekannt und er sei selbstverständlich damit einverstanden gewesen, dass der Disziplinarbeschuldigte von Jürgen T***** beauftragt worden sei, außergerichtlich mit der I***** Verhandlungen zu führen (ON 57 S 5).

Dass die ‑ unbestritten ‑ am 8. November 2012 geleistete Zahlung von 12.000 Euro erst im März des Folgejahres Eingang in die Buchhaltung des Rechtsmittelwerbers fand, spricht eine beredte Sprache.

Nachvollziehbar hat der Disziplinarrat auf Widersprüche in den Angaben des Zeugen Mag. Hubert V***** hingewiesen.

Unter Rekurs auf dessen Aussage sowie die Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten vermag die Berufung keine Bedenken gegen die Beweiswürdigung zu wecken, hat diese doch im klaren Wortlaut des Schreibens vom 8. November 2012 ihre Stütze: „In obiger Rechtssache bestätige ich dir gerne, dass ich für meine außergerichtlichen Leistungen keine Kosten beanspruchen werde. Sollten wir im Rahmen unserer Vergleichsbemühungen Erfolg haben, wäre eine entsprechende Bonuszahlung als Abdeckung meiner erbrachten Leistungen fällig, wobei wir uns diesbezüglich über die Höhe noch einigen müssten.“

Gleichwohl, ob der übergebene Betrag von 12.000 Euro nun als „Kostenvorschuss“ oder „Fonds für Lobbying“ interpretiert worden sein mag, konnte der Disziplinarrat zutreffend davon ausgehen, dass es sich hiebei um die Vereinbarung eines Erfolgshonorars handelte, das in der Folge ‑ mangels Erfolgs ‑ nicht schlagend wurde.

Letztlich hat dies der ‑ nach der Aktenlage durchaus „kämpferische“ ‑ Disziplinarbeschuldigte ersichtlich auch akzeptiert, indem er, wenn auch erst nach Einbringung einer entsprechenden Klage gegen ihn, den Betrag samt Kosten rückerstattete.

Das vorgelegte Mail Jürgen T*****s vom 15. März 2016 enthält lediglich Bedauern über den Verlauf und Anbot eines „Osterfriedens“, hat somit keinen Beweiswert.

Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass sowohl die vom Disziplinarrat erörterte „Schwarzgeldvariante“ als auch die vom Beschuldigten ins Treffen geführte Ausstellung einer inhaltlich unrichtigen Bestätigung zur Vorlage an den Rechtsvertreter T*****s disziplinarrechtlich relevant wären.

Hingegen kommt der Strafberufung Berechtigung zu:

Die vom Disziplinarrat angenommenen Strafzumessungsgründe (erschwerend das Zusammentreffen zweier Disziplinarvergehen und das disziplinär getrübte Vorleben, mildernd die nachträgliche Schadensgutmachung) sind dahin zu korrigieren, das erstgenannter Erschwerungsgrund zu entfallen hat, weil ein Rechtsanwalt bei der Geltendmachung von Honorarforderungen nicht in Ausübung seines Berufs als Rechtsanwalt und Parteienvertreter, sondern in eigener Sache tätig wird, sodass sein Verhalten nicht Gegenstand einer Berufspflichtenverletzung sein kann ( Feil/Wennig , Anwaltsrecht 8 [2014] § 1 DSt, S 863).

Andererseits wird der Disziplinarbeschuldigte dadurch begünstigt, dass zu Unrecht auch auf die zitierte Entscheidung des Disziplinarrats vom 16. Jänner 2013 Bedacht genommen worden war: Einerseits datiert die Leistungsaufstellung von einem nach dieser gelegenen Datum vom 11. März 2013. Andererseits hatte der Disziplinarrat im genannten Erkenntnis auf eines vom 20. Juni 2011, AZ D 09‑47, 1 DV 10‑04, Bedacht genommen, sodass auch aus diesem Grund eine gemeinsame Aburteilung (in erster Instanz) nicht möglich gewesen wäre (vgl 22 Os 5/14x; RIS‑Justiz RS0075198, RS0112524, RS0113612).

Berücksichtigt man, dass in den zitierten Vorerkenntnissen Geldbußen in Höhe von insgesamt 5.000 Euro verhängt wurden, so erweist sich nach Lage des Falles auch unter Bezugnahme auf die durchschnittlichen Einkommens‑ und Vermögensverhältnisse eines Rechtsanwalts und den erheblichen Milderungsumstand nachträglicher Schadensgutmachung eine Zusatzgeldbuße von 2.000 Euro als dem Unrecht der Tat und der Schuld des Rechtsmittelwerbers angemessen.

Mit Blick auf die hier (nicht nur vom Disziplinarbeschuldigten zu vertretende) unverhältnismäßig lange Dauer des Verfahrens war die Geldbuße um weitere 500 Euro messbar (RIS‑Justiz RS0114926) auf das insgesamt angemessene Ausmaß von 1.500 Euro herabzusetzen.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 54 Abs 5 DSt.

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