OGH 22Os11/15f

OGH22Os11/15f18.5.2016

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 18. Mai 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Anwaltsrichter Dr. Mascher und Dr. Waizer sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Sailer in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, nach Anhörung der Generalprokuratur über die Beschwerde des Kammeranwalts gegen den Einstellungsbeschluss des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Tirol vom 24. Februar 2015, AZ D 14‑69, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0220OS00011.15F.0518.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss aufgehoben.

Es liegt Grund zur Disziplinarbehandlung des ***** in mündlicher Verhandlung wegen des Vorwurfs vor, er habe im April 2014 Igor S***** für die Verfassung der diesem mit Schreiben vom 15. April 2014 übermittelten Ratenvereinbarung betreffend die inklusive Zinsen und Kosten mit 4.352,85 Euro aushaftende Forderung des durch den Disziplinarbeschuldigten im Verfahren AZ 5 C 776/13z des Bezirksgerichts Lienz vertretenen Andre W***** sowie die Überwachung der Ratenzahlungen 720 Euro (inkl USt), sohin maßlos überhöhte Kosten, verrechnet.

Zur Durchführung des weiteren Verfahrens werden die Akten dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Tirol zugeleitet.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach der Disziplinarrat aus, dass aus den Gründen des § 3 DSt kein Grund zur Disziplinarbehandlung des Beschuldigten hinsichtlich des oben genannten Vorwurfs bestehe.

Nach den wesentlichen Verdachtsannahmen des Disziplinarrats habe der Disziplinarbeschuldigte nach Leistung einer Anzahlung durch den Gegner nach im zitierten Verfahren ergangenem Anerkenntnisurteil jenem die aushaftende Forderung inklusive Zinsen und Kosten mit restlich 4.352,85 Euro bekannt gegeben und gleichzeitig ein Ratenzahlungsangebot über 14 Raten zu je 300 Euro unterbreitet. Für die Verfassung dieser Ratenvereinbarung sowie für die Überwachung der Ratenzahlungen habe er einen Betrag von 720 Euro inklusive Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Selbst bei für den Disziplinarbeschuldigten günstigster Berechnungsweise nach § 19 NTG wäre er lediglich berechtigt gewesen, brutto 256,20 Euro zu verlangen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Einstellungsbeschluss gerichteten Beschwerde kommt Berechtigung zu.

Wie der Kammeranwalt zutreffend ausführt, hat ein Rechtsanwalt bei der Erstellung von Honorarnoten peinlichste Genauigkeit und größte Sorgfalt walten zu lassen.

Die Verrechnung von maßlos (ganz beträchtlich, stark, grob) überhöhten Kosten verletzt Ehre oder Ansehen des Berufsstandes (RIS‑Justiz RS0055068, RS0055671).

Selbst unter Berücksichtigung, dass keine gesicherte Rechtsprechung dazu vorliegt, unter welchem Ansatz eine hier (noch dazu einseitig vom Disziplinarbeschuldigten angebotene) Ratenvereinbarung zu verrechnen sei, und unter der vom Disziplinarrat ohnehin zu seinen Gunsten angenommenen Honorierung nach § 19 NTG ergebe sich, dass der das Doppelte des demgemäß verrechenbaren Honorars übersteigende, ca 1/6tel der geltend gemachten Forderung ausmachende Betrag als maßlos überhöht anzusehen sei (vgl auch Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek , RAO 9 [2015] § 1 DSt Rz 20 f).

Nach Lage des Falls bedürfte es auch keiner besonderen Publizität des angeschuldigten Disziplinarvergehens (RIS‑Justiz RS0055114 [T5]; Feil/Wennig , Anwaltsrecht 8 [2014] § 1 DSt S 859), weist doch die bisherige Aktenlage auf ein schwerwiegendes Fehlverhalten des Disziplinarbeschuldigten hin, das auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass er die in Rede stehende Honorarforderung nicht weiter betrieb (der Gegner hätte ja im Vertrauen auf korrekte Abrechnung auch zahlen können) die Anwendung des § 3 DSt verwehrt.

Der Beschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur Folge zu geben und gemäß § 89 Abs 2b zweiter Satz StPO (iVm § 77 Abs 3 DSt; vgl Fabrizy , StPO 12 § 89 Rz 3) in der Sache zu entscheiden (§ 28 Abs 2 DSt).

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