OGH 3Ob74/16b

OGH3Ob74/16b27.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Maria Windhager, Rechtsanwältin in Wien, gegen die verpflichtete Partei M***** „Ö*****“ GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 355 EO, über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 24. Februar 2016, GZ 46 R 13/16a‑8, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 25. November 2015, GZ 68 E 4596/15i‑4, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00074.16B.0427.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Exekutionsbewilligungsbeschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.100,90 EUR (darin enthalten 301,15 EUR USt, 294 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Aufgrund eines vor dem Handelsgericht Wien geschlossenen Teilvergleichs vom 15. September 2015 hat es die Verpflichtete zu unterlassen, das dort wiedergegebene Lichtbild des Klägers zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich vorzuführen, anzubieten oder sonst der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, insbesondere wenn das Lichtbild eigenmächtig beschnitten und/oder keine Herstellerbezeichnung angeführt wird.

Der Betreibende beantragte aufgrund dieses Titels die Exekution gemäß § 355 EO. In seinem Exekutionsantrag brachte er vor, dass die Verpflichtete als Medieninhaberin seit 5. November 2015 in der E‑Paper‑Version ihrer Ausgabe vom 27. März 2015 (Beilage ./B) das Lichtbild des Betreibenden in beschnittener Version verbreite und dieses unter drei von der Betreibenden im Exekutionsantrag namentlich bezeichneten URL (Unifom Resource Locator) der Öffentlichkeit zur Verfügung stelle. Die Verpflichtete verstoße somit dreifach gegen die Unterlassungsverpflichtung.

Die Verpflichtete wies in ihrer vom Erstgericht eingeholten Äußerung zur Strafhöhe darauf hin, dass die Strafe „aufgrund des völlig fehlenden Verschuldens“ bloß im Minimalbereich auszumessen sei. Die E‑Paper‑Version vom 27. März 2015 sei eine Woche lang online abrufbar gewesen. Danach sei sie routinemäßig offline genommen worden. Durch einen programmtechnischen Fehler der dafür zuständigen GmbH seien alte Ausgaben aus dem Archiv erneut online gestellt worden. Unmittelbar nach Bekanntwerden dieses Fehlers habe die Verpflichtete veranlasst, dass keine E‑Paper‑Ausgabe online abrufbar sei, deren Erscheinungsdatum mehr als sieben Tage zurückliege.

Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß und verhängte eine Geldstrafe von 15.000 EUR.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten Folge und wies den Exekutionsantrag ab.

Es vertrat zusammengefasst die Auffassung, dass im Exekutionsantrag der Betreibenden nicht klar und eindeutig zum Ausdruck komme, dass eine neuerliche Veröffentlichung der Ausgabe vom 27. März 2015 beanstandet werde. Das Vorbringen im Exekutionsantrag könne auch so zu verstehen sein, dass die Verpflichtete den titelwidrigen Zustand aufrechthalte. Für diesen Fall komme eine Unterlassungsexekution nach § 355 EO nicht in Betracht, weil nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur im Bereich des UWG aufgrund eines Unterlassungstitels eine Unterlassungsexekution auch dann zulässig sei, wenn eine vor Schaffung des Titels vorhandene Störungsquelle nicht beseitigt werde. Ein bloß auf Unterlassung lautender Titel nach dem UrhG rechtfertige keine Unterlassungsexekution wegen Verstoßes gegen eine Beseitigungsverpflichtung.

Das Rekursgericht bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs mit der Begründung zu, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum UWG auch im Urheberrecht Anwendung finde.

Mit seinem Revisionsrekurs strebt der Betreibende die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses an.

Der Revisionsrekurs ist schon deshalb zulässig, weil die Auslegung des Exekutionsantrags durch das Rekursgericht korrekturbedürftig ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist auch teilweise berechtigt.

1. Im Exekutionsantrag nach § 355 EO hat die betreibende Partei konkrete Behauptungen über das angebliche Zuwiderhandeln des Verpflichteten aufzustellen. Die bloße allgemeine Behauptung eines Zuwiderhandelns genügt nicht (RIS‑Justiz RS0004808; zuletzt 3 Ob 41/15y mwN; Klicka in Angst/Oberhammer, EO3 § 355 Rz 11 mwN).

Diesem Erfordernis ist der Betreibende bereits dadurch ausreichend nachgekommen, dass er nicht nur das Datum des Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot („seit 5. November 2015“) sondern auch die Art des Verstoßes (Verbreitung des Lichtbilds des Betreibenden in beschnittener Version) und den Ort des Verstoßes (drei konkret bezeichnete URL) angab.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass im Exekutionsantrag nicht klargestellt sei, ob ein neuer Titelverstoß nach Schaffung des Exekutionstitels oder das Aufrechterhalten des rechtswidrigen Zustands, der zum Exekutionstitel führte, beanstandet werde; zeigt doch allein der zeitliche Hinweis „seit 5. November 2015“ eindeutig auf, dass der Betreibende einen neuen Titelverstoß behauptet.

2. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die vom Rekursgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob ein Unterlassungstitel nach dem UrhG auch ein Beseitigungsgebot umfasst, weil der erstgerichtliche Exekutionsbewilligungs-beschluss jedenfalls wiederherzustellen ist.

3. Die Verpflichtete brachte in ihrer Äußerung zum Exekutionsantrag vor, dass nur eine ganz geringfügige Geldstrafe zu verhängen sei. Das von ihr behauptete fehlende Verschulden an den Titelverstößen ist jedoch nicht im Exekutionsbewilligungsverfahren zu prüfen: Dafür steht nur die Impugnationsklage zur Verfügung (RIS‑Justiz RS0107694; 3 Ob 107/07t = RS0107694 [T4]; Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 36 Rz 20 mwN).

4. Die Strafhöhe ist von der Anzahl der Verstöße beeinflusst; ein mehrfaches Zuwiderhandeln ist bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0013516 [T2]; RS0030819). In Anbetracht des dreifachen Verstoßes gegen den Exekutionstitel ist die Strafbemessung des Erstgerichts auch unter Zugrundelegung, dass eine besondere Schwere der Verstöße nicht zu erkennen ist, nicht zu beanstanden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO iVm § 78 EO.

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