OGH 15Os30/16z

OGH15Os30/16z13.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Danek als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen Raphael G***** wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Schöffengericht vom 17. Dezember 2015, GZ 15 Hv 11/15m‑30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00030.16Z.0413.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Raphael G***** des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 2. Mai 2015 in E***** eine wehrlose Person, nämlich die infolge übermäßigen Alkoholgenusses willenlose und schlafende Ines T*****, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf vornahm, indem er mit seinem Penis in ihre Vagina eindrang.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten; sie schlägt fehl.

Die Verfahrensrüge (Z 4) scheitert mit ihrer Kritik an der Abweisung des in der Hauptverhandlung am 24. November 2015 gestellten Antrags auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens aus dem Fachbereich Gynäkologie zum Beweis dafür, „dass sich der Ablauf gemäß Schilderung der Frau T***** nur mit Zustimmung von ihr so ereignen konnte und die Darstellung aus medizinischer Sicht gar nicht möglich ist“ (ON 25a S 14), bereits daran, dass der vom Gericht bestellte medizinische Sachverständige zu diesem Thema ein ‑ zum Beweisthema konträres ‑ Gutachten erstattet hat (ON 29 S 13 f), das vom Antragsteller nicht im Sinn des § 127 Abs 3 StPO in Frage gestellt wurde. Ein durch § 281 Abs 1 Z 4 StPO garantiertes Überprüfungsrecht hat der Beschwerdeführer aber nur dann, wenn er in der Lage ist, einen der in § 127 Abs 3 StPO angeführten Mängel von Befund oder Gutachten aufzuzeigen (vgl RIS‑Justiz RS0117263). Im Übrigen wurde bei der Antragstellung auch nicht dargetan, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse (RIS‑Justiz RS0118444) und verstößt das ergänzende Beschwerdevorbringen dazu gegen das Neuerungsverbot (RIS‑Justiz RS0099618).

Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet ungewürdigte „Widersprüche in den Aussagen der Zeugin Ines T*****“ betreffend ihre Wahrnehmungen zur Position des Angeklagten bei ihrem Aufwachen, legt aber mangels jeglicher Bezugnahme auf die Akten (vgl RIS‑Justiz RS0124172) nicht dar, wann die Zeugin angeblich (von den Urteilsfeststellungen abweichend) ausgesagt habe, der Angeklagte sei nicht hinter, sondern auf ihr gelegen.

Die Ableitung der subjektiven Tatseite aus dem ‑ konkret angeführten ‑ „äußeren Geschehen“ (US 8) ist dem Einwand der Beschwerde (Z 5 vierter Fall) zuwider unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0098671).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a StPO) geht prozessordnungswidrig nicht von den Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite (US 4) aus (RIS‑Justiz RS0099810), sondern bestreitet diese nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung.

Soweit die Beschwerde das Fehlen von Feststellungen dazu, „wie es im Zuge des Auskleidens der Zeugin Ines T***** zu den in Rede stehenden sexuellen Handlungen gekommen ist“, kritisiert, versäumt sie die gebotene Konkretisierung, welche über die auf US 3 f getroffenen Urteilskonstatierungen hinaus aus ihrer Sicht zusätzlich erforderlich gewesen wären.

Die eine Beurteilung nach § 287 Abs 1 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) argumentiert gleichfalls nicht prozessordnungsgemäß, übergeht sie doch die Urteilsfeststellungen, wonach der Angeklagte zur Tatzeit zwar durch Alkohol beeinträchtigt, jedoch noch in der Lage war, das Unrecht seines Handelns einzusehen und dieser Einsicht gemäß zu handeln (US 5).

Soweit die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) „aus Vorsichtsgründen“ eine Überschreitung der „Strafrahmenbegrenzung des § 287 StGB“ behauptet, orientiert sie sich nicht am ‑ nach § 205 Abs 1 StGB erfolgten ‑ Schuldspruch.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte