OGH 14Os25/16g

OGH14Os25/16g12.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Fritsche als Schriftführerin in der Strafsache gegen DI (FH) Peter K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten DI (FH) Peter K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 18. Jänner 2016, GZ 15 Hv 23/15f‑64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00025.16G.0412.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten DI (FH) Peter K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ‑ soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung ‑ DI (FH) Peter K***** des Vergehens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB idF BGBl I 2015/112 (A) schuldig erkannt.

Danach hat er in N***** und an anderen Orten

(A) von 2007 bis 1. November 2011 als zur Verhandlung und zum Abschluss von Beschaffungsvorgängen berechtigter Bereichsleiter der S***** GmbH seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen und einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch dem genannten Unternehmen einen 5.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil von insgesamt 15.120 Euro zugefügt, indem er die Annahme und Bezahlung einer um 7.000 Euro überhöhten Rechnung der A***** Kft für die Errichtung einer Absauganlage (a) sowie einer um 8.120 Euro überhöhten Rechnung der F***** Kft für Wartungsarbeiten (b) durch das von ihm vertretene Unternehmen veranlasste, um entsprechende Kick‑Back‑Zahlungen an ihn selbst zu ermöglichen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter K***** ist nicht im Recht.

Die Verfahrensrüge (Z 3) moniert einen durch „Vortrag“ der „Berichte über kriminalpolizeiliche Ermittlungen“ und der darin enthaltenen Protokolle über die Aussagen des Mitangeklagten Csaba J***** sowie des Zeugen Artur Sc***** im Ermittlungsverfahren bewirkten Verstoß gegen § 252 Abs 1 StPO.

Mit der pauschalen Bezugnahme auf die Ermittlungsberichte der Kriminalpolizei, deren Verlesung gemäß § 252 Abs 2 StPO sogar geboten ist ( Kirchbacher , WK‑StPO § 252 Rz 124), wird ein dem Verlesungsverbot des § 252 Abs 1 StPO unterliegendes, in der Hauptverhandlung gleichwohl verlesenes Beweismittel nicht deutlich und bestimmt bezeichnet.

Csaba J***** und Artur Sc***** wurden hinwieder in der Hauptverhandlung vernommen, beriefen sich dabei auf ihre Angaben vor der Kriminalpolizei und bestätigten (Erstgenannter partiell) deren Richtigkeit (ON 48 S 4 ff, 31 ff). Damit fallen diese früheren Depositionen infolge teleologischer Reduktion nicht unter § 252 Abs 1 StPO, weil ihre Wiedergabe an der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme im Hinblick auf die Befragungs-möglichkeiten nichts ändert, die (bloß zusätzliche) Verlesung also mit anderen Worten kein ‑ der Sache nach behauptetes ‑ Unmittelbarkeitssurrogat darstellt (RIS-Justiz RS0110150; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 230; Kirchbacher , WK‑StPO § 252 Rz 31, 36; Ratz , Zweifelsfragen beim [eingeschränkten] Verlesungsverbot nach §

252 StPO, ÖJZ 2000, 550 [553 ff]).

Entgegen dem Einwand von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter gerade mit den als übergangen reklamierten Passagen der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach die vom Schuldspruch umfassten Rechnungen nicht überhöht waren und den (nach den Urteilsfeststellungen zur Verschleierung der Kick-Back-Zahlungen) vom Einzelunternehmen des Angeklagten, der D***** e.U., an die A***** Kft und die F***** Kft gelegten (Schein‑)Rechnungen vom 12. und 16. März 2010 (ON 9 S 25 f; US 8 und US 9 f) reale Leistungen zugrunde lagen, explizit auseinandergesetzt und ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sie dieser nicht zu folgen vermochten (US 16 ff).

In diese Überlegungen bezog das Erstgericht ‑ von der Beschwerde gleichfalls übergangen ‑ die zur Untermauerung der letztgenannten Aussagepassage vorgelegten beiden Mahnungen (ON 52 S 3 und 5; US 25 ff und US 28) sowie ‑ in diesem Zusammenhang ‑ die unvollständige Sicherung der Computer des Angeklagten im Ermittlungsverfahren (US 26 ff) und den Umstand ein, dass auf den als Scheinrechnungen beurteilten Fakturen die gleiche Leistungsbezeichnung („Notbeleuchtungssysteme“) aufschien wie auf einer weiteren (nicht verfahrensgegenständlichen) Rechnung der D***** e.U. an die A***** Kft, der auch nach der Überzeugung der Tatrichter reale Leistungen zugrunde lagen (ON 9 S 23; US 23).

Davon abgesehen bezieht sich die Rüge insoweit gar nicht auf entscheidende Tatsachen, weil dem Beschwerdeführer ausschließlich die Annahme und Bezahlung überhöhter Rechnungen der A***** Kft sowie der F***** Kft an die von ihm vertretene S***** GmbH angelastet wird, während die oben angesprochenen Fakturen (der D***** e.U.) ‑ wie dargelegt ‑ nach den Feststellungen nur der Verschleierung der daraus resultierenden Kick-Back-Zahlungen der beiden erstgenannten Unternehmen an ihn dienten. Die sachverhaltsmäßige Bejahung einzelner als erheblich beurteilter Umstände ist aber kein Gegenstand der Mängelrüge, soweit diese ‑ wie hier ‑ keine notwendige Bedingung für die Feststellung einer entscheidenden Tatsache darstellen (RIS‑Justiz RS0116737).

Mit welchen ‑ nicht auf (ohnehin eröterte US 19) Verständigungsprobleme mit den von der Kriminalpolizei beigezogenen Dolmetschern zurückführbaren ‑ „Wider-sprüchen und Ungereimtheiten“ in der Aussage des Mitangeklagten Csaba J***** sich das Erstgericht unter dem Aspekt von Unvollständigkeit der Beurteilung der Überzeugungskraft seiner Angaben (RIS‑Justiz RS0119422) hätte auseinandersetzen müssen, sagt die Beschwerde nicht und entzieht sich damit einer inhaltlichen Erwiderung.

Dass sich der Zeuge Balazs U***** nach seinen Angaben nicht an Gespräche zwischen den beiden Angeklagten bezüglich überhöhter Rechnungen erinnern konnte (ON 51 S 16 f), steht nicht in erörterungspflichtigem Widerspruch (erneut Z 5 zweiter Fall) zu den Urteilsannahmen zu derartigen mündlichen Vereinbarungen. Bezüglich der Beantwortung weiterer konkreter Fragen zu diesem Thema hat der Genannte übrigens in der Folge das ihm vom Vorsitzenden gemäß § 157 Abs 1 Z 1 StPO eingeräumte Aussageverweigerungsrecht in Anspruch genommen (ON 51 S 16 f, 24, 26; US 19), ohne dass sich der Beschwerdeführer dagegen zur Wehr gesetzt hätte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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