OGH 12Os20/16g

OGH12Os20/16g7.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Goran M***** wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 17. Juli 2015, GZ 55 Hv 31/15b‑22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00020.16G.0407.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Goran M***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster Fall und Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 1. April 2014 in W***** mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der B***** GmbH durch die Vorgabe, Hariz H***** zu sein und als Vertreter der S***** GmbH zum Abschluss von Verträgen berechtigt zu sein, unter Vortäuschen der Zahlungsfähigkeit, Zahlungswilligkeit und Rückgabewilligkeit, also durch Täuschung über Tatsachen unter Benutzung einer falschen Urkunde, indem er die Unterschrift des Hariz H***** nachmachte, zur Ausfolgung von Baumaschinen und Elektro- sowie Schweißgeräten im Gesamtwert von 18.789 Euro verleitet, wodurch er die erstgenannte GmbH mit diesem Betrag an ihrem Vermögen schädigte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Unvollständigkeit des Urteils (Z 5 zweiter Fall) liegt dann vor, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (RIS‑Justiz RS0098646 [T3]).

Ob „beim ersten Vermietvorgang“ am 18. März 2014 Hariz H***** in den Geschäftsräumlichkeiten der geschädigten GmbH anwesend war, ist hingegen kein entscheidender Umstand (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 399), weshalb das Vorbringen der Mängelrüge, das Erstgericht hätte in diesem Zusammenhang die Aussage des Zeugen Michael S***** unberücksichtigt gelassen, ins Leere geht.

Soweit die weitere Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) behauptende Mängelrüge ausführt, es wäre nicht nachvollziehbar, dass Angestellte eines Unternehmens entgegen den Vorgaben durch den Vorgesetzten Geräte ohne Ausweiskontrollen ausfolgten, lässt sie außer Acht, dass der Angeklagte selbst zugestand, am 1. April 2014 die Waren abgeholt und auf dem Ausgabeschein mit dem Namen Hariz H***** unterschrieben zu haben (US 7). Im Übrigen richtet sich das Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung.

Inwiefern erörterungsbedürftig sein sollte, dass angeblich die Ausgabe der Geräte am 1. April 2014 „betreffend die Uhrzeit seitens des geschädigten Unternehmens ... nicht näher definiert werden“ konnte, bleibt offen.

Indem der Nichtigkeitswerber die erstgerichtliche Beweiswürdigung im Zusammenhang mit dem Vermerk „OMV“ auf dem Ausgabeschein (US 10) als offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) bezeichnet, wird der angesprochene Nichtigkeitsgrund nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ausgegangen wird (RIS‑Justiz RS0119370).

Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) liegt nur bei (erheblich) unrichtiger Wiedergabe des Inhalts von Urkunden und Protokollen von Aussagen vor (RIS‑Justiz RS0099431), was die Mängelrüge mit der ‑ nicht näher substantiierten Behauptung ‑ Feststellungen stünden im Widerspruch zu „relevanten Beweisinhalten“ gar nicht behauptet.

Die Ausführungen, die Verantwortung des Angeklagten zeichne „eher das unbekümmerte Bild einer Person, die ... Geräte abholt und zur SCS bringt, da ihr Auftraggeber nach eigenen Angaben noch andere Sachen holen muss“, richten sich in unzulässiger Weise gegen die dem Schöffengericht vorbehaltene Beweiswürdigung.

Entgegen der weiteren Behauptung der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) blieben die Feststellungen zum Schädigungsvorsatz des Angeklagten nicht unbegründet (US 9 ff).

Ebenso wenig hat sich das Erstgericht ‑ entgegen dem diesbezüglichen Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde (inhaltlich Z 9 lit a) - betreffend die subjektive Tatseite mit einer bloßen Wiedergabe der verba legalia begnügt. Der Angeklagte lässt in diesem Zusammenhang vielmehr den vom Erstgericht hergestellten Sachverhaltsbezug (US 6) außer Acht (vgl RIS-Justiz RS0119090).

Indem die Beschwerde vermeint, der Ausspruch des Erstgerichts „über sämtliche Fakten“ bliebe undeutlich (Z 5 erster Fall), wird kein Bezug zum angefochtenen Urteil hergestellt.

Das gilt auch für die weiteren Behauptungen, die Tatrichter hätten ihre Feststellungen auf abstrakt gehaltene Vermutungen gegründet und die Ausführungen, ein Gericht dürfe Feststellungen nicht willkürlich treffen.

Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld‑ oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Indem der Angeklagte insoweit auf das aus Z 5 erstattete Vorbringen verweist und ausführt, „aus dem Akteninhalt und den Beweisergebnissen und unter Bedacht auf eine lebensnahe Beurteilung“ könne der Angeklagte nicht der Täter sein, verlässt er den Anfechtungsrahmen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes.

Mängel der Sachverhaltsermittlung können aus Z 5a nur mit der Behauptung gerügt werden, dass der Beschwerdeführer an einer darauf abzielenden Antragstellung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823). Dies übersieht der Nichtigkeitswerber, indem er dem Schöffengericht vorwirft, mehrfach gegen die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitserforschung verstoßen zu haben.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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