OGH 12Os16/16v

OGH12Os16/16v7.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Melanie B***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127, 130 erster Fall StGB, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Juli 2015, GZ 152 Hv 70/15a‑28, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Mag. Höpler, sowie des Verteidigers Mag. Haas, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00016.16V.0407.000

 

Spruch:

Der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Juli 2015, GZ 152 Hv 70/15a‑28, mit welchem vom Widerruf der zu AZ 185 BE 34/15w des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten bedingten Entlassung abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, verletzt das Gesetz in § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Der Beschluss wird im Umfang der Verlängerung der Probezeit aufgehoben.

Gründe:

Mit dem gekürzt ausgefertigten, auch einen Freispruch enthaltenden Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 29. Jänner 2014, GZ 143 Hv 180/13h‑28, wurde Melanie B***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 (irrig, aber ihr nicht zum Nachteil gereichend) „erster und“ vierter Fall, 12 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Nach Verbüßung von zwei Dritteln dieser Freiheitsstrafe wurde sie mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 13. März 2015 nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren und Anordnung von Bewährungshilfe sowie Erteilung einer Weisung am 17. Mai 2015 bedingt entlassen (GZ 185 BE 34/15w‑9).

Mit ab 30. Oktober 2015 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 15. Juli 2015, GZ 152 Hv 70/15a‑28, wurde die Genannte wegen am 26. April 2014, am 17. September 2014 und am 24. September 2014 begangener Taten des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt, deren Vollzug nach § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Unter einem wurde (neuerlich) Bewährungshilfe angeordnet und eine Weisung erteilt.

Darüber hinaus fasste das Gericht den auf § 53 Abs 1 und Abs 3 StGB iVm § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO gestützten Beschluss auf Absehen vom Widerruf ‑ unter anderem ‑ der zu AZ 185 BE 34/15w des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten bedingten Entlassung und verlängerte die Probezeit auf fünf Jahre. Auch diese Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

Rechtliche Beurteilung

Wie die Generalprokuratur in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes zutreffend ausführt, steht der zuletzt genannte Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Die Entscheidung, ob eine bedingte Strafnachsicht widerrufen oder (im Fall des Absehens vom Widerruf) die Probezeit verlängert wird (§ 53 Abs 3 erster Satz StGB), setzt nach § 53 Abs 1 erster Satz StGB (von der hier nicht aktuellen Ausnahme des letzten Satzes dieser Bestimmung abgesehen) eine während der Probezeit begangene strafbare Handlung voraus (vgl auch § 494a Abs 1 erster Satz StPO; RIS‑Justiz RS0092019).

Da dem in Ansehung der zu AZ 185 BE 34/15w des Landesgerichts für Strafsachen Wien gewährten bedingten Entlassung gefassten Beschluss dieses Gerichts vom 15. Juli 2015, GZ 152 Hv 70/15a‑28, auf Absehen vom Widerruf und auf Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre ausschließlich zwischen 26. April 2014 und 24. September 2014, somit vor Beginn der bezughabenden Probezeit am 17. Mai 2015 begangene strafbare Handlungen zu Grunde liegen, verletzt dieser § 53 Abs 1 erster Satz und Abs 3 StGB.

Der Ausspruch der Verlängerung der Probezeit auf fünf Jahre wirkt sich für die Verurteilte nachteilig aus. Der Oberste Gerichtshof sah sich daher veranlasst, die Feststellung der Gesetzesverletzung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

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