OGH 13Os155/15s

OGH13Os155/15s9.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtswärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Thomas E***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 erster Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 1. September 2015, GZ 20 Hv 13/15y‑53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00155.15S.0309.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen die Aussprüche über die Strafe und die privatrechtlichen Ansprüche werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Thomas E***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB idF BGBl I 2001/130 (I) und des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 erster Fall StGB (II/A/1), jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (II/A/1) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II/A/2) sowie mehrerer Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II/A/3) schuldig erkannt.

Danach hat er in Pöchlarn und an anderen Orten

(I) im Sommer 2003 (US 9) außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2001/130 (US 27) Elisabeth V***** mit Gewalt, nämlich durch Fixieren der Arme und Auseinanderdrücken der Beine, zur Duldung des Beischlafs genötigt, weiters

(II) vom Frühjahr 2004 bis zum August 2009

(A) in jeweils zahlreichen Angriffen

1) mit der am 31. August 1995 geborenen, sohin unmündigen Ulrike E***** den Beischlaf und diesem gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen, nämlich Oral‑ und Analverkehr sowie digitale und linguale Vaginalpenetration, unternommen, wobei eine der Taten eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), und zwar eine posttraumatische Belastungsstörung sowie weitere, länger als 24 Tage anhaltende massive psychische Beeinträchtigungen, zur Folge hatte,

2) außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an der am 31. August 1995 geborenen, sohin unmündigen Ulrike E***** vorgenommen und von ihr an sich vornehmen lassen, indem er seinen Penis an ihr rieb, sie an Brust und Vagina streichelte und sie veranlasste, ihn zu masturbieren, sowie

3) mit einer minderjährigen Person, die seiner Aufsicht unterstand, nämlich seiner am 31. August 1995 geborenen Nichte Ulrike E*****, durch die zu II/A/1 und 2 beschriebenen Taten geschlechtliche Handlungen vorgenommen und von ihr an sich vornehmen lassen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) mehrfach unzureichende Sachverhaltsermittlung (§ 2 Abs 2 StPO) behauptet, ohne darzulegen, aus welchem Grund der Beschwerdeführer insoweit an sachgerechter Antragstellung gehindert gewesen sein soll, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (14 Os 85/01, EvBl 2002/58, 238; RIS‑Justiz RS0114036 und RS0115823).

Mit dem Einwand, das Erstgericht hätte eine ‑ im Urteil ausdrücklich erörterte (US 19) ‑ Geldschuld des Beschwerdeführers gegenüber Elisabeth V***** im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin anders werten müssen, wendet sich die Beschwerde nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Den Anfechtungskategorien des § 281 Abs 1 Z 5 StPO zuordenbares Vorbringen ist der Rüge nicht zu entnehmen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit gemäß § 285d Abs 1 StPO ‑ ebenso wie die hier gesetzlich nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld (ON 52a S 28) ‑ schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung gegen den Strafausspruch und den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche kommt daher dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Dabei wird dieses zu berücksichtigen haben (12 Os 119/06a, SSt 2007/35 [verst Senat]; RIS‑Justiz RS0122140), dass der Strafausspruch an Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO leidet, weil das Erstgericht zur Strafbemessung auch die leugnende Verantwortung des Angeklagten (US 31) herangezogen hat (SSt 57/47, RIS‑Justiz RS0090897).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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