OGH 13Os8/16z

OGH13Os8/16z9.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Schönmann als Schriftführer in der Strafsache gegen Merab M***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 25. September 2015, GZ 61 Hv 67/15d‑51, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0130OS00008.16Z.0309.000

 

Spruch:

 

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Merab M***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (I/), der Vergehen des Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (II/1), der Urkundenunterdrückung nach §§ 15, 229 Abs 1 StGB (II/2a) und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach §§ 15, 241e Abs 3 StGB (II/2b) sowie mehrerer Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (II/3) schuldig erkannt.

Danach hat er in Salzburg

I/ am 17. Mai 2015 Jelena K***** durch Anhalten eines Messers an den Hals und an den Oberschenkel in Verbindung mit der mehrfachen aggressiven Forderung nach Geld, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld im Betrag von 20 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt;

II/ am 22. Mai 2015

1) der Helena Ku***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz eine Geldbörse samt Bargeld im Betrag von 20 Euro wegzunehmen versucht sowie

2) mit Gebrauchsverhinderungsvorsatz deren Sozialversicherungskarte und Führerschein, mithin Urkunden, über die er nicht verfügen durfte (a), und deren Bankomatkarte, mithin ein unbares Zahlungsmittel, über das er nicht verfügen durfte (b), zu unterdrücken versucht sowie

3) Helena Ku*****, Maximilian G*****, Christof O***** und Ryszard R***** durch Drohung mit dem Tod, und zwar durch heftiges Gestikulieren mit einem Messer, zur Abstandnahme von seiner Verfolgung zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist teilweise im Recht.

Die zum Schuldspruch I/ erhobene Verfahrensrüge (Z 4) zeigt zutreffend auf, dass der Beschwerdeführer durch die Abweisung (ON 50 S 11) seines Antrags auf Vernehmung des Zeugen Paata Me***** zum Beweis dafür, dass er zum Tatzeitpunkt nicht in Österreich aufhältig war (ON 50 S 3), in seinen Verteidigungsrechten verletzt wurde.

Ein angebotener Alibibeweis darf nämlich nur dann abgelehnt werden, wenn sich aus dem Verfahren zweifelsfrei ergibt, dass er keinesfalls zum Erfolg führen kann (RIS‑Justiz RS0099092). Davon kann aufgrund des vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vorgelegten E‑Mails des Paata Me***** vom 19. September 2015 keine Rede sein, weil dieser darin seine Bereitschaft erklärt hatte, zur Ablegung einer Aussage nach Österreich zu kommen, zudem, sich vom 12. Mai 2015 bis zum 18. Mai 2015, also auch zum inkriminierten Tatzeitpunkt, mit dem Angeklagten in einem Hotel in den Niederlanden aufgehalten zu haben (ON 50 S 3).

Aufgrund dieses Verfahrensfehlers war der Schuldspruch I/ ‑ wie auch die Generalprokuratur zu Recht aufzeigt ‑ schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben (§ 285e StPO), was die Aufhebung des Strafausspruchs und des Adhäsionserkenntnisses nach sich zog.

Mit seiner Berufung (gegen den Strafausspruch und den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche) war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Im Übrigen kommt der Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu.

Hinsichtlich der Schuldsprüche II/1 und II/2 bezeichnet die auf Aufhebung des gesamten Urteils gerichtete Beschwerde keine Nichtigkeitsgründe deutlich und bestimmt (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).

Diese Anfechtungskriterien verfehlt die Subsumtionsrüge (Z 10), indem sie die zum Schuldspruch II/3 festgestellte Absicht des Angeklagten, bei seinen Handlungen den Eindruck einer ernst gemeinten Ankündigung einer bevorstehenden Tötung zu erwecken (US 6), nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bestreitet.

Der „hilfsweise“ behaupteten Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider ließen die Tatrichter die Verantwortung des Beschwerdeführers bei den Feststellungen keineswegs unberücksichtigt. Vielmehr überzeugte sie diese nicht (US 10).

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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