European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00143.15H.0308.000
Spruch:
Das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 17. Juli 2015, GZ 34 Hv 47/15x‑29, verletzt im Schuldspruch III./ § 30 Abs 3 Z 1 SMG.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch III./ und demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben, und es wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Mohamadi K***** wird von der Anklage, er habe am 15. Jänner 2015 in I***** vorschriftswidrig einen psychotropen Stoff, nämlich Oxazepam in Form von 9 Stück Praxiten‑Tabletten, zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für die ihm nach den unberührt bleibenden Schuldsprüchen weiterhin zur Last liegenden Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG sowie nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG und des Diebstahls nach § 127 StGB wird Mohamadi K***** unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 27 Abs 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird diese Strafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit, deren Lauf am 21. Juli 2015 begonnen hat, bedingt nachgesehen.
Gründe:
Mit seit 21. Juli 2015 rechtskräftigem Urteil wurde Mohamadi K***** ‑ soweit vorliegend von Bedeutung ‑ jeweils mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG (I./1./) sowie nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall und Abs 3 SMG (I./2./), des Vergehens des Diebstahls nach § 127 StGB (II./) sowie mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit psychotropen Stoffen nach § 30 Abs 1 erster und zweiter Fall und Abs 2 SMG (III./) schuldig erkannt und zu einer ‑ gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen ‑ Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
Danach hat er
I./ von 20. November 2014 bis 9. Jänner 2015 und von 15. Jänner bis 13. Mai 2015 in I***** vorschriftswidrig in jeweils mehreren Fällen Suchtgift
1./ erworben und besessen, und zwar 173,2 Gramm Cannabisharz und 28 Gramm Cannabiskraut,
2./ anderen gewerbsmäßig überlassen, indem er nicht näher bestimmbare Mengen Cannabisharz Roland C***** und Unbekannten verkaufte.
II./ am 9. Jänner 2015 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz einem Unbekannten eine fremde bewegliche Sache, nämlich 28 Gramm Cannabiskraut, weggenommen;
III./ am 15. Jänner 2015 einen psychotropen Stoff, nämlich Oxazepam in Form von 9 Stück Praxiten‑Tabletten, zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zu Recht aufzeigt, steht der Schuldspruch III./ mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Zufolge § 30 Abs 3 Z 1 SMG ist nach § 30 Abs 1 und 2 SMG nicht zu bestrafen, wer Arzneimittel, die einen psychotropen Stoff enthalten, sofern es sich nicht um eine die Grenzmenge (§ 31b SMG) übersteigende Menge handelt, für den persönlichen Gebrauch oder für den Bedarf eines Tieres erwirbt, besitzt, befördert, einführt oder ausführt.
Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte derartige Tathandlungen in Bezug auf neun Stück Praxiten-Tabletten mit dem Wirkstoff Oxazepam, somit hinsichtlich Arzneimittel, die einen psychotropen Stoff (§ 1 Abs 1 sowie Anlage 1 der Psychotropenverordnung BGBl II 1997/375 idF BGBl II 2014/243) enthalten, begangen.
Da das angefochtene Urteil keine Aussage dazu trifft, dass die in Rede stehenden Tabletten eine die Grenzmenge (§ 31b SMG, Anlage 1 der Psychotropen-Grenzmengenverordnung BGBl II 1997/378 idF BGBl II 2014/373: 20 Gramm) übersteigende Wirkstoffmenge enthalten, verletzt der Schuldspruch III./ § 30 Abs 3 Z 1 SMG.
Gemäß § 292 letzter Satz StPO sah sich der Oberste Gerichtshof zur Aufhebung dieses Schuldspruchs und insoweit zu sofortigem Freispruch gemäß § 259 Z 3 StPO bestimmt. Denn in einem neuen Rechtsgang sind ‑ mit Blick auf die in der Praxis vorkommenden Dosierungen solcher Arzneimittel (vgl 14 Os 62/06h) ‑ Feststellungen in Bezug auf eine die Grenzmenge (§ 31b SMG) übersteigende Menge nicht zu erwarten.
Dies hatte auch die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge.
Bei der Strafbemessung war die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art erschwerend. Mildernd wirkten sich der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, die Tatbegehung vor dem 21. Lebensjahr und sein Geständnis aus.
Davon ausgehend (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich eine fünfmonatige Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen. Die Strafe war schon wegen des Verschlechterungsverbots (§ 292 erster Satz iVm § 290 Abs 2 StPO) erneut bedingt nachzusehen.
Der durch den Eintritt der Rechtskraft bereits in Gang gesetzte Lauf der Probezeit wird durch das Vorgehen im Sinn des § 292 letzter Satz StPO nicht berührt (RIS‑Justiz RS0118011), was im Spruch des Erkenntnisses deklarativ festgehalten wurde (vgl RIS‑Justiz RS0092039).
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