OGH 12Os166/15a

OGH12Os166/15a3.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. März 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Havva Y***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Jugendschöffengericht vom 15. Oktober 2015, GZ 34 Hv 53/15d‑98, sowie über deren Beschwerde gegen den gleichzeitig gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht sowie einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00166.15A.0303.000

 

Spruch:

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch I./ und demzufolge im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) sowie der Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und einer bedingten Entlassung aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Innsbruck verwiesen.

Mit ihren Rechtsmitteln wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche enthaltenden Urteil wurde Havva Y***** des Verbrechens des Raubes (vgl aber 12 Os 58/15i) nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1 StGB (I./) sowie jeweils eines Vergehens des Diebstahls nach §§ 15 Abs 1, 127 StGB (II./) und der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat sie in I*****

I./ am 3. Februar 2015 in einverständlichem Zusammenwirken mit Carina M***** anderen mit Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dadurch abzunötigen versucht, dass sie von Sophie H***** und Leonie E***** Geld forderten und sinngemäß äußerten, dass sie widrigenfalls Marokkaner holen würden, die sie schlagen würden und sie danach kein Geld und keine Handys mehr besitzen würden, weiters indem Carina M***** der Leonie E***** einen Fußtritt gegen den Oberschenkel und einen Faustschlag ins Gesicht versetzte;

II./ am 2. März 2015 im einverständlichen Zusammenwirken mit Carina M***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens M‑***** fremde bewegliche Sachen, nämlich Nahrungsmittel im Gesamtwert von 5,05 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht;

III./ am 3. Februar 2015 Viktoria S***** durch einen Faustschlag gegen das Handgelenk vorsätzlich am Körper in Form eines Distorsionstraumas verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlass der dagegen aus Z 5 und Z 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) davon, dass dem angefochtenen Urteil in Betreff des Schuldspruchs I./ nicht geltend gemachte Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 10) anhaftet.

Vorauszuschicken ist, dass das Erstgericht der Angeklagten die körperlichen Attacken der Carina M***** gegen Leonie E***** nicht anlastete, sondern nur die ‑ als Drohung im Sinn des § 142 Abs 1 StGB beurteilte -Ankündigung, „Marokkaner zu holen und danach würden die Tatopfer kein Geld und keine Handys mehr besitzen“ (vgl US 7 f).

Ein Raub liegt nur vor, wenn sich die (hier) als Tatmittel eingesetzte Drohung auf eine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben im Sinn eines sofortigen Vollzugs des angedrohten Übels bezieht (vgl RIS‑Justiz RS0117568; Kienapfel/Schmoller , StudB BT II § 142 Rz 32; Eder‑Rieder in WK 2 StGB § 142 Rz 35), wozu die Tatrichter aber keine Feststellungen getroffen haben. Aus der bloßen Konstatierung, „Marokkaner zu holen“, kann die vom Gesetz verlangte ‑ und der Abgrenzung zu § 144 Abs 1 StGB dienende (vgl Kienapfel/Schmoller , StudB BT II § 144 Rz 25, 75) ‑ Immanenz der Drohung nicht abgeleitet werden. Solcherart kann jedoch nicht beurteilt werden, ob die Tathandlung zu Recht dem Tatbestand des Raubes unterstellt wurde, oder aber als Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB zu beurteilen gewesen wäre (vgl 12 Os 41/07g).

Dieser Rechtsfehler mangels Feststellungen macht die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen bereits in nichtöffentlicher Sitzung in dem im Spruch ersichtlichen Umfang unumgänglich (§ 285e). Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das inhaltlich nur gegen den Schuldspruch I./ sowie gegen den Strafausspruch gerichtete Rechtsmittelvorbringen der Angeklagten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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