OGH 9ObA14/16y

OGH9ObA14/16y25.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johanna Biereder und Mag. Matthias Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Elfgund Abel‑Frischenschlager, Rechtsanwältin in Linz, gegen die beklagte Partei S*****verband *****, vertreten durch Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Entlassungsanfechtung, in eventu Feststellung (Revisionsinteresse: Feststellung), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 21. Dezember 2015, GZ 11 Ra 80/15m‑19, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00014.16Y.0225.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der vom Beklagten behauptete Verfahrensmangel wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Eine vom Berufungsgericht bereits verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz ist im Revisionsverfahren nicht bekämpfbar (RIS‑Justiz RS0042963).

2. Der Beklagte meint, mit rechtskäftiger Abweisung des Hauptbegehrens, die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären, liege auch hinsichtlich seines Eventualbegehrens, den aufrechten Bestand seines Dienstverhältnisses festzustellen, wegen Anspruchsidentität eine entschiedene Rechtssache vor.

Die Argumentation übersieht, dass die Begehren auf verschiedene Anspruchsgrundlagen, nämlich einen Rechtsgestaltungsanspruch nach dem Benachteiligungsverbot des § 19a Abs 1 iVm § 17 Z 1 Oö Gemeinde‑Gleichbehandlungsgesetz (Oö G‑GBG) und einen Feststellungsanspruch mangels Entlassungs‑ oder Kündigungsgrund iSd § 22 Abs 3 und § 26 Abs 2 Oö Gemeinde‑Dienstrechts‑ und Gehaltsgesetz 2002 (Oö GDG 2002), gestützt waren und das Hauptbegehren mangels einer tatbestandlichen Voraussetzung des § 19a Oö G‑GBG abgewiesen worden war. Über die Berechtigung des in eventu erhobenen Feststellungsbegehrens auf der Basis anderer Anspruchsgrundlagen ist damit noch nichts gesagt (zur Zulässigkeit der gemeinsamen Erhebung einer Anfechtungs‑ und einer Feststellungsklage bei Kündigung oder Entlassung s auch RIS‑Justiz RS0039015 [T3]). Mangels Präjudizialität entfaltet die Entscheidung über das Hauptbegehren auch keine Bindungswirkung für das Eventualbegehren (vgl RIS-Justiz RS0127052).

3. Ob die Voraussetzungen für eine gerechtfertigte vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses vorliegen, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, die nur bei krasser Fehlbeurteilung eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO darstellen könnte (RIS‑Justiz RS0106298; zur Ehrverletzung im besonderen RS0060938 [T3]). Eine korrekturbedürftige grobe Fehlbeurteilung der Vorinstanzen liegt hier nicht vor:

Gestützt auf die Bestimmungen der §§ 145 ff Oö GDG 2002 (Dienstbeurteilung) erachtet es der Beklagte in seiner Zulassungsbeschwerde als erhebliche Rechtsfrage, dass auch abgemahnte alte Fälle in die Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit des Klägers miteinzubeziehen seien, wodurch der Entlassungsgrund des § 26 Abs 2 Z 2 Oö GDG 2002, jedenfalls aber der Kündigungsgrund des § 22 Abs 3 iVm § 24 Abs 2 Z 6 Oö GDG 2002 verwirklicht sei.

Nach dem festgestellten Sachverhalt wurde dem Kläger, einem Diplomkrankenpfleger des beklagten Verbandes, die Entlassung deshalb ausgesprochen, weil seine Rechtsvertreterin den Beklagten in einem Schreiben aufgefordert hatte, eine Ermahnung sowie einen Leistungshinweis aus dem Personalakt des Klägers zu entfernen und ihn vor künftigen Mobbinghandlungen zu schützen. Das Schreiben enthielt auch eine Auflistung bisheriger Vorkommnisse. An der Entfernung der Ermahnung konnte der Kläger schon deshalb ein Interesse haben, weil ihm der Beklagte eine Dienstbeurteilung für die letzten zwölf Monate in Aussicht gestellt hatte und Grund der Ermahnung der substratlose Vorwurf einer strafbaren Handlung des Klägers war, die ihn zu einer verbalen Überreaktion veranlasst hatte. Der Beklagte beließ es in der Folge bei der Einholung einer Stellungnahme des früheren Heimleiters, der die Vorwürfe des Klägers als „erfunden und erlogen“ bestritt, obwohl er den Kläger nach den Feststellungen mit zynischen und sarkastischen Bemerkungen bedacht hatte und auch die Richtigkeit des (später zurückgezogenen) Vorwurfs einer Heimbewohnerin nicht überprüft hatte. Dass andere Mitarbeiter auf einen korrekten Umgang oder die Unterlassung rassistischer oder beleidigender Bemerkungen gegenüber dem Kläger hingewiesen worden waren, steht nicht fest und wird vom Beklagten in der Revision auch nicht behauptet. Wenn die Vorinstanzen hier insgesamt keine Pflichtverletzung oder Vertrauensunwürdigkeit des Klägers sahen, die eine Entlassung oder eine Kündigung seines Dienstverhältnisses rechtfertigte, so ist dies nicht weiter korrekturbedürftig. Ein Zusammenhang mit den §§ 145 ff Oö GDG 2002 besteht nicht.

4. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Stichworte