OGH 4Ob241/15t

OGH4Ob241/15t27.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** B*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. B***** S***** 2. R***** S*****, vertreten durch Rechtsanwälte Gruber Partnerschaft KG in Wien, wegen Beseitigung und Wiederherstellung (Streitwert 12.000 EUR), über die Rekurse der klagenden Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht 1. vom 28. April 2015, GZ 18 R 74/14g‑69 und 2. vom 19. Mai 2015, GZ 18 R 74/14g‑71, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00241.15T.0127.000

 

Spruch:

1. Der Rekurs gegen den Beschluss vom 28. April 2015 wird zurückgewiesen.

2. Dem Rekurs gegen den Beschluss vom 19. Mai 2015 wird keine Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Das Bezirksgericht Mödling wies mit Urteil vom 14. 10. 2013 die auf Beseitigung von zwei Kameras und eines Betonsockels sowie auf Wiederherstellung des vorherigen Zustands gerichtete Klage des Rekurswerbers ab. Mit seinem Urteil vom 8. 9. 2014 gab das Landesgericht Wiener Neustadt als Berufungsgericht der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und erachtete die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. 4. 2015 wies das Berufungsgericht den dagegen eingebrachten Abänderungsantrag des Klägers samt der damit verbundenen Revision zurück. Dieser Beschluss wurde der Gerichtskanzlei am selben Tag in schriftlicher Abfassung zur Ausfertigung abgegeben und den Parteienvertretern jeweils am 2. 6. 2015 zugestellt.

Im Dezember 2014 zeigten alle beim Bezirksgericht Mödling tätigen Richter (einschließlich der Erstrichterin) ihre Ausgeschlossenheit nach § 43 Abs 1 Z 3 StPO für ein gegen den Kläger dort geführtes Strafverfahren an. Unter Bezugnahme auf diese Selbstmeldung beantragte der Kläger mit seinem direkt beim Berufungsgericht am 29. 4. 2015 eingebrachten Schriftsatz, dieses möge „ das gegenständliche Verfahren für nichtig erklären, dh das Ersturteil des Bezirksgerichts Mödling vom 14. 10. 2013 … wegen Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 1 ZPO aufheben “. Die Befangenheitserklärung der Erstrichterin im Strafverfahren beziehe sich nämlich auch auf das gegenständliche Zivilverfahren.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. 5. 2015 wies das Berufungsgericht diesen Antrag zurück und hob dabei unter anderem hervor, dass eine beschlussmäßige Entscheidung über die Befangenheit der Erstrichterin nicht vorliege.

In seinem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs beantragt der Kläger, diesen Beschluss dahin abzuändern, dass das Verfahren vor dem Bezirksgericht Mödling als nichtig aufgehoben werde. Der in diesem Rekurs enthaltene Ablehnungsantrag gegen die Vorsitzende des Berufungssenats wurde bereits rechtskräftig zurückgewiesen. Der Kläger bekämpft weiters auch den Beschluss vom 28. 4. 2015 mit Rekurs und begehrt dessen Aufhebung wegen Nichtigkeit. Der Rechtsmittelausschluss des § 508 Abs 4 ZPO betreffe nicht den Fall der Nichtigkeit des § 477 Abs 1 Z 1 ZPO. Der Kläger wirft dem Berufungsgericht erkennbar vor, dieses habe sich mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses „ über das anhängige Nichtigkeitsverfahren einfach hinweggesetzt “.

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Rekurs gegen den Beschluss vom 28. 4. 2015:

1.1 Nach § 508 Abs 4 Satz 2 ZPO ist ein Rechtsmittel gegen den Beschluss über einen Antrag nach § 508 ZPO nicht zulässig. Ein Beschluss ist allerdings dann anfechtbar, wenn der Abänderungsantrag deshalb zurückgewiesen wurde, weil die Anwendbarkeit des § 508 Abs 1 ZPO verneint wurde (8 Ob 59/08x mwN; RIS‑Justiz RS0112034 [T1, T2, T7]). Der absolute Rechtsmittelausschluss betrifft nur Beschlüsse, mit denen das Berufungsgericht den Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO und die damit verbundene ordentliche Revision mangels Stichhaltigkeit der ins Treffen geführten Abänderungsgründe zurückwies (RIS-Justiz RS0112034 [T6]). Gerade ein solcher Beschluss liegt hier vor, weshalb der dagegen erhobene Rekurs unzulässig ist.

1.2 Die Anfechtbarkeit kann auch nicht mit Hinweis auf die geltend gemachte Nichtigkeit begründet werden, weil Nichtigkeitsgründe nur mit einem zulässigen Rechtsmittel geltend gemacht werden können (RIS‑Justiz RS0041942 [T13]).

1.3 Davon abgesehen geht der Vorwurf ins Leere, das Berufungsgericht habe die im Schriftsatz vom 29. 4. 2015 geltend gemachte Nichtigkeit nicht beachtet. Die angefochtene Entscheidung wurde nämlich bereits am 28. 4. 2015 gefällt und der Gerichtskanzlei an diesem Tag zur Abfertigung übergeben (§ 415 ZPO), weshalb das Berufungsgericht bereits an seine Entscheidung gebunden und das Verfahren über den Antrag nach § 508 ZPO damit vor dem Zweitgericht abgeschlossen war (vgl § 416 Abs 2 ZPO). Nach diesem Zeitpunkt einlangende Schriftsätze können auf das Verfahren keinen Einfluss mehr haben und sind daher zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0104364 [T4]).

2. Zum Rekurs gegen den Beschluss vom 19. 5. 2015:

2.1 Das Zweitgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag des Klägers zurück, mit dem dieser unter Bezugnahme auf den Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 1 ZPO die Aufhebung des Ersturteils wegen Befangenheit der Erstrichterin anstrebte. Dieser Antrag des Klägers entsprach inhaltlich einer (neuerlichen) Berufung, weshalb ein Rekurs gegen den Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig ist.

2.2 Inhaltlich ist der Rekurs aber nicht berechtigt, weil der Antrag schon wegen Verstoßes gegen die Einmaligkeit des Rechtsmittels unzulässig war. Jeder Partei steht nämlich nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu. Weitere Rechtsmittelschriften und Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind unzulässig (RIS-Justiz RS0036673; RS0041666; RS0102887; RS0100170).

2.3 Das Erstgericht hat den Rekurs des Klägers im Ergebnis daher zu Recht zurückgewiesen (vgl auch Punkt 1.3).

2.4 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40, 50 ZPO.

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