OGH 14Os126/15h

OGH14Os126/15h26.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Zabl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ludovit R***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ludovit R***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Geschworenengericht vom 15. Oktober 2015, GZ 12 Hv 102/15s‑199, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00126.15H.0126.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Ludovit R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde ‑ soweit vorliegend von Bedeutung ‑ Ludovit R***** des Verbrechens des Totschlags nach §§ 15, 76 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er sich nachts zum 30. Jänner 2015 in G***** in einer allgemein begreiflichen heftigen, durch den Umstand, dass seine Lebensgefährtin Monika B***** mit einem anderen Mann geschlafen haben soll, ausgelösten Gemütsbewegung dazu hinreißen lassen, die Genannte zu töten zu versuchen, indem er ihr eine Vielzahl von wuchtigen Faustschlägen gegen das Gesicht und mit einer Bierflasche gegen den Hinterkopf versetzte, ihre Haare erfasste und ihren Kopf mehrmals auf den Boden aufschlug, ihr einen Tritt und einen gezielten raschen Messerstich in Richtung ihres Herzens versetzte, wobei die Tatvollendung unterblieb, weil Monika B***** die Hand des Angeklagten samt dem Messer derart wegschlagen konnte, dass der Stich in ihren Oberschenkel ging.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 6, 8 und 10a des § 345 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Weshalb die Einlassung des Angeklagten, er habe das Messer zu Boden geworfen, nachdem ihm Monika B***** auf die Hand geschlagen habe, ein die Stellung einer Zusatzfrage in Richtung freiwilligen Rücktritts vom Versuch (§ 16 StGB) indizierendes Verfahrensergebnis darstellen soll, macht die Fragenrüge (Z 6) nicht deutlich (zu fehlender Freiwilligkeit bei physischem Widerstand des Opfers vgl im Übrigen 11 Os 2/06p; SSt 62/23; Fabrizy , StGB 11 § 16 Rz 8; Hager/Massauer in WK 2 StGB §§ 15, 16 Rz 142).

Die Rechtsbelehrung kann nur insoweit angefochten werden, als sie Fragen betrifft, die an die Geschworenen tatsächlich gestellt wurden (RIS‑Justiz RS0101091). Die Kritik der Instruktionsrüge (Z 8) an der „nicht entsprechenden“ Erörterung der Frage des Rücktritts vom Versuch geht daher ins Leere.

Der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO greift erst dann, wenn Beweismittel, die in der Hauptverhandlung vorkamen oder vorkommen hätten können, nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsannahmen zu entscheidenden Tatsachen aufkommen lassen, mit anderen Worten gemessen an Erfahrungs- und Vernunftsätzen eine unrichtige Lösung der Schuldfrage qualifiziert nahelegen. Eine über diese Prüfung hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen ‑ wie sie die Berufung wegen Schuld im Einzelrichterverfahren einräumt ‑ wird dadurch nicht ermöglicht (RIS‑Justiz RS0119583). Dass aus den vorgeführten Beweisen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können, stellt den bezeichneten Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS‑Justiz RS0099674).

Solcherart erhebliche Bedenken werden mit dem Hinweis auf die ‑ die Messerattacke erstmals in der Hauptverhandlung verneinenden ‑ Depositionen der Monika B***** (ON 185 S 20 ff; ON 9 S 25 f; ON 21 S 9 ff) sowie auf Angaben der Zeugin (vom Hörensagen) Anna L***** über Schilderungen des Opfers über den Tathergang (ON 185 S 33) nicht geweckt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§§ 344, 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte