OGH 11Os2/06p

OGH11Os2/06p28.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. Solé als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Csaba N***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des genannten Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 5. Oktober 2005, GZ 20 Hv 56/05w-76, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Generalprokurators, Generalanwältin Mag. Fuchs, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Reif-Breitwieser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten Csaba N***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Csaba P***** wegen des Verbrechens der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB enthält - wurde Csaba N***** des Verbrechens des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 26. Mai 2005 in Fürstenfeld Harald U***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, indem er unter Bezugnahme auf unmittelbar zuvor geführte Schläge Csaba P*****s ins Gesicht des Harald U*****, wodurch dieser eine Fraktur der Nase und Hämatome im Gesichtsbereich erlitt, äußerte: „Geld her - sonst noch mehr Schläge!", fremde bewegliche Sachen abzunötigen versucht, wobei die Vollendung unterblieb, weil Harald U***** einen Pfefferspray einsetzte.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 9 lit b StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Csaba N***** behauptet das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes des Rücktritts vom Versuch nach § 16 Abs 1 StGB; sie ist nicht im Recht. Nach den Urteilsfeststellungen unterblieb die Vollendung der Tat, weil das Tatopfer einen Pfefferspray einsetzte und weglief, worauf ihm der Beschwerdeführer nicht weiter folgte (US 7 iVm 2). Straffreiheit bewirkt ein Rücktritt vom Versuch nur, wenn der Täter freiwillig von der Tat ablässt. Dies ist dann der Fall, wenn er nach seiner Auffassung die Tat vollenden könnte, nach ursprünglich gefasstem Tatentschluss diesen Willen aber wieder aufgibt. Dieses Aufgeben muss einem autonomen Motiv des Täters zuzuschreiben sein, also aus eigenem Antrieb erfolgen. Wenn der Täter von seinem Vorhaben absteht, weil er die tatplangemäßen Verwirklichungschancen als aussichtlos ansieht, kann von einer Freiwilligkeit des Rücktritts nicht mehr die Rede sein. Die Freiwilligkeit ist aber auch bereits dann ausgeschlossen, wenn sich der Täter nach Misslingen des ursprünglichen Tatplans zu einem neuen Unternehmen entschließen müsste (Hager/Massauer in WK2 §§ 15, 16 Rz 127 bis 129). Die Flucht des Opfers vom Tatort (WK² §§ 15, 16 Rz 138) und der physische Widerstand des Opfers (WK² §§ 15, 16 Rz 142) schließen das Element der Freiwilligkeit des Rücktrittes vom Versuch in der Regel aus. Ein in der Rechtsrüge behaupteter Feststellungsmangel, der für die Beurteilung der Aufhebung der Strafbarkeit des Raubversuches nach § 16 Abs 1 StGB relevant wäre, liegt im konkreten Fall nicht vor. Den Verfahrensergebnissen sind nämlich keine Anhaltspunkte für eine freiwillige Abstandnahme von der Tatvollendung zu entnehmen und das Schöffengericht war daher nicht verhalten, sich mit dieser Frage zu befassen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600). Weder aus der Aussage des Zeugen Harald U***** noch aus der - die festgestellte Drohung in Abrede stellenden - Verantwortung des Angeklagten N***** ergeben sich Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer aus einem autonomen Willensentschluss von der Ausführung des Raubes Abstand genommen habe.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 142 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten. Mildernd wertete es die enthemmende Alkoholisierung, den bloßen Versuch und dass die Tat nicht von langer Hand vorausgeplant war, erschwerend hingegen vier auf derselben schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen. Weder die auf Sanktionsreduktion und (teilweise) bedingte Strafnachsicht gerichtete Berufung des Angeklagten Csaba N*****, noch jene auf eine Erhöhung des Strafmaßes zielende der Staatsanwaltschaft ist berechtigt.

Entgegen der Ansicht des Angeklagten kommt ihm der Milderungsgrund der Tatbegehung aus Unbesonnenheit nicht zugute, steht doch bei einem mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohtem Verbrechen die damit verbundene höhere Hemmschwelle einem Verständnis für die aus dem Augenblick entstandene Tatbegehung entgegen (Ebner in WK² § 34 Rz 19). Rechtlich verfehlt wurden vom Erstgericht die enthemmende Alkoholisierung (§ 35 StGB: vgl S 65/I, 437h und 437l/I) und der - wenngleich im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB zu berücksichtigende - Umstand, dass die Tat nicht von langer Hand geplant war, als Milderungsgründe gewertet.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft zuwider kommt die durch die Faustschläge hervorgerufene physische Beeinträchtigung des Opfers dem Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 7 StGB nicht gleich, weist doch bereits die gelungene Abwehr des Tatopfers darauf hin, dass dieses keineswegs wehr- oder hilflos war. Die Behauptung, die Angeklagten hätten den Zeugen Ferenc M***** zu einer falschen Zeugenaussage veranlasst, findet weder im Urteil noch in den Verfahrensergebnissen Deckung, weshalb dieser Umstand nicht als erschwerend herangezogen werden kann.

In Hinblick auf das - im Rahmen der den Gerichten nach § 142 Abs 1 StGB zur Beurteilung obliegenden Fälle im unteren Bereich einzuordnende - Gewicht der Tat (§ 32 Abs 3 StGB) und unter Rücksichtnahme auf das beträchtlich einschlägig belastete Vorleben des Angeklagten erachtete der Oberste Gerichtshof die vom Schöffengericht verhängte Freiheitsstrafe für angemessen, sodass eine Reduktion oder Erhöhung nicht geboten war.

Spezialpräventive Gründe stehen einer auch nur teilweisen bedingten Nachsicht entgegen und gebieten den Vollzug der gesamten Strafe, weil das Vorleben des Angeklagten, der bereits vier einschlägige Verurteilungen aufweist, keine günstige Prognose ermöglicht. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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