OGH 1Ob224/15w

OGH1Ob224/15w22.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „M*****“ ***** GmbH, *****, vertreten durch MAYRHOFER & RAINER Rechtanwälte KG, Wien, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Birgit Lajtai‑Nagl, Rechtsanwältin in Villach, wegen 25.365,53 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 14. August 2015, GZ 2 R 200/15m‑50, mit dem das Teilurteil des Bezirksgerichts Villach vom 15. Mai 2015, GZ 16 C 826/13w‑46, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Klägerin begehrt die Räumung des von der Beklagten zur Führung einer Kinder‑ und Jugendwohngemeinschaft gemieteten Objekts sowie die Zahlung von 25.365,53 EUR sA an ausständigen Betriebskosten und Mietzinsen.

Mit seinem Teilurteil verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zur Zahlung von 17.041,62 EUR sA und wies das Zahlungsmehrbegehren von 8.323,91 EUR sA ab. Der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht teilweise Folge, bestätigte die Abweisung des Zahlungsbegehrens über 3.447,27 EUR sA, hob das angefochtene Teilurteil hinsichtlich der Abweisung eines Betrags von 4.876,64 EUR sA auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht.

Gegen das die Abweisung des Zahlungsbegehrens im Umfang von 3.447,27 EUR bestätigende Berufungsurteil richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, die keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO anspricht.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung liegt nur dann vor, wenn ‑ ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ‑ aufgezeigt wird, dass dem Erstgericht bei der Beurteilung dieses Sachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen ist (vgl RIS‑Justiz RS0043312 [T1]). Es muss dargelegt werden, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig sein soll (RIS‑Justiz RS0043480 [T20]). Das Erstgericht war der Ansicht, dass die fehlende Beschattung im Bereich des ersten und zweiten Obergeschosses einen Mangel begründe, welcher bereits im Zeitpunkt der Übergabe bestanden habe. Dass die fehlende Beschattung der bei Abschluss des Mietvertrags vereinbarte Zustand des Objekts gewesen wäre, findet in den Feststellungen des Erstgerichts demgegenüber keine Deckung. Wenn die Klägerin ihrer Berufung dennoch zugrunde legte, bei der fehlenden Beschattung der Glasfassade und des Wintergartens handle es sich nicht um einen Mangel, sondern um den vereinbarten Zustand des Objekts, ist in der Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt sei (vgl RIS-Justiz RS0043603; RS0043312 [T14]), keine Fehlbeurteilung zu erblicken. Der aus der Verweigerung der sachlichen Behandlung der Rechtsrüge abgeleitete Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bedarf daher keine Erledigung in der Sache (vgl RIS‑Justiz RS0043231). Die versäumte Rechtsrüge kann in der Revision nicht mehr nachgetragen werden (RIS‑Justiz RS0043573 [T3]).

2. Die Revisionswerberin erkennt selbst, dass die Frage, ob § 273 ZPO anzuwenden ist, eine solche des Verfahrensrechts darstellt (RIS‑Justiz RS0040282). Soweit sie sich auch noch im Revisionsverfahren gegen die vom Berufungsgericht gebilligte Anwendbarkeit des § 273 ZPO wendet, beruft sie sich auf einen bereits vom Berufungsgericht verneinten Mangel des Verfahrens erster Instanz, der mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS‑Justiz RS0040364 [T7]; Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 503 ZPO Rz 9).

3. Die Bestimmung des § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB ist eine Vorschrift des Gewährleistungsrechts, wobei die daraus ableitbaren Ansprüche ex lege ab Beginn der Unbrauchbarkeit bzw Gebrauchsbeeinträchtigung des Bestandobjekts bis zu deren Behebung bestehen und unabhängig von den Fristen des § 933 ABGB geltend gemacht werden können (RIS‑Justiz RS0021326; RS0107866). Dass eine derartige Gebrauchsbeeinträchtigung auch darin liegen kann, wenn ‑ etwa wegen des Versagens von bei Anmietung vorhandenen Anlagen ‑ jahreszeit‑ und temperaturbedingt nur eine eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit besteht, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 9 Ob 23/15w). Steht daher ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ fest, dass die fehlende Beschattung aufgrund der Hitzeentwicklung einen bereits bei Übergabe des Bestandobjekts vorhandenen Mangel darstellt, der die Nutzungsmöglichkeit desselben zum ausdrücklich vereinbarten Verwendungszweck, nämlich dem Betrieb einer Kinder‑ und Jugendwohngemeinschaft beeinträchtigt, liegt in der von den Vorinstanzen aus diesem Grund vorgenommenen Mietzinsminderung keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Das Ausmaß der Zinsminderung richtet sich nach dem Grad und der Dauer der Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts (RIS‑Justiz RS0021324), was nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist (RIS‑Justiz RS0021324 [T3]), und damit regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufwirft.

4. Wie die Revisionswerberin selbst anmerkt, kommt der Frage nach der (Teil‑)Anwendbarkeit des MRG auf das vorliegende Bestandverhältnis Bedeutung erst für das Räumungsbegehren zu. Darauf muss aus Anlass der gegen die Bestätigung der teilweisen Abweisung des Zahlungsbegehrens erhobenen außerordentlichen Revision nicht eingegangen werden, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs ist, über bloß theoretisch bedeutsame Fragen abzusprechen (vgl RIS‑Justiz RS0002495).

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte