OGH 7Ob216/15p

OGH7Ob216/15p16.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Höllwerth, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich und Dr. Singer als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Ing. H***** T*****, vertreten durch Pallas Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, gegen die Antragsgegnerin Stadt Wien, Rathaus, 1082 Wien, vertreten durch Rudeck - Schlager Rechtsanwalts KG in Wien, wegen Entschädigung gemäß § 58 WrBauO, aus Anlass des „außerordentlichen“ Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Oktober 2015, GZ 48 R 169/15f‑73, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 22. April 2015, GZ 1 Nc 1/13w‑65, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00216.15P.1216.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung

Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. 10. 2012 wurde dem Antragsteller gemäß § 58 Abs 1 und 2 lit d WrBauO eine Entschädigung von 30.210 EUR „zuerkannt“.

Mit Antrag vom 4. 1. 2013 begehrte der Antragsteller die gerichtliche Entscheidung über die Entschädigung, deren Höhe er zuletzt mit 75.544 EUR bezifferte.

Das Erstgericht setzte die Entschädigung mit 72.184 EUR fest und wies das Mehrbegehren von 3.360 EUR ab.

Dagegen erhob allein die Antragsgegnerin Rekurs; dabei bekämpfte sie nur die Festsetzung einer 55.581,68 EUR übersteigenden Entschädigung, das sind 16.602,32 EUR. Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Dagegen erhob die Antragsgegnerin einen „außerordentlichen“ Revisionsrekurs, der dem Obersten Gerichtshof unmittelbar zur Entscheidung vorgelegt wurde. Diese Vorgangsweise entspricht nicht dem Gesetz.

Rechtliche Beurteilung

1. § 59 Abs 8 WrBauO in der bis zum 31. 12. 2013 geltenden Fassung legte für die hier verfahrensgegenständliche Verpflichtung zur Erbringung einer Entschädigung für eine Mehrleistung (§ 58 Abs 2 lit d WrBauO) eine sukzessive Kompetenz fest (vgl 4 Ob 103/14x; 3 Ob 127/14v; 9 Ob 50/14i). Gemäß § 58 Abs 4 iVm § 59 Abs 8 WrBauO in der damals geltenden Fassung wurde vorgesehen, dass das Gericht über den Antrag im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden hat. Damit ist die Zulässigkeit des an den Obersten Gerichtshof herangetragenen Rechtsmittels nach den Bestimmungen des AußStrG zu beurteilen.

2.1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - bei einem vermögensrechtlichen Entscheidungsgegenstand jedenfalls unzulässig, wenn dieser an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt. In einem solchen Fall kann nur eine Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 AußStrG an das Rekursgericht erhoben werden.

2.2. Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell‑rechtlichen Inhalt (RIS‑Justiz RS0007110, RS0109789). Ein rein vermögensrechtlicher Entscheidungsgegenstand liegt jedenfalls immer dann vor, wenn der Anspruch auf eine Geldleistung gerichtet ist (RIS‑Justiz RS0007110 [T30], RS0109789 [T12]). Im vorliegenden Fall geht es um die Festsetzung einer in Geld zu bemessenden Entschädigung; der Anspruch zielt letztlich auf die Erbringung einer Geldleistung durch die Antragsgegnerin ab und ist daher rein vermögensrechtlicher Natur.

2.3. Gegenstand des Rekursverfahrens war ein von der Antragsgegnerin angefochtener Betrag von 16.602,32 EUR. Mangels eines 30.000 EUR übersteigenden Werts des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz wäre das Rechtsmittel daher - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird - dem Rekursgericht (allenfalls nach Verbesserung) vorzulegen gewesen. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach der Revisionsrekurs zulässig sei, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS‑Justiz RS0109623 [T14]).

Stichworte