European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00093.15Z.1216.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 652,32 EUR (darin 108,72 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.128,98 EUR (darin 74,66 EUR an Umsatzsteuer und 681 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Teil der S*****‑Unternehmensgruppe und errichtete als Bauträger eine Wohnhausanlage mit insgesamt 71 Wohnungen. Der Kläger unterzeichnete das Anbot zum Erwerb der in dieser Wohnhausanlage gelegenen Eigentumswohnung Top 13 Stiege 2. Mit dem Anbot übergab die Beklagte dem Kläger ein Informationsblatt zu den Baukosteneigenmitteln und der Förderung, dessen Kenntnisnahme der Kläger bestätigte. In der Folge unterzeichnete der Kläger den Kaufvertrag. Das Geschäft gehörte für ihn nicht zum Betrieb seines Unternehmens.
Der Kaufvertrag lautet zu II. Kaufpreis (5) wie folgt:
„Der im Punkt II. Abs. (1) genannte, auf den vorgenannten Berechnungsgrundlagen basierende Kaufpreis ist variabel und kann sich wie folgt ändern:
a) Der Pauschalbetrag für anteilige Grund- und Grundnebenkosten gemäß Punkt II. Abs. (1) lit. a) ist fix.
b) Die Baukosteneigenmittel gemäß Punkt II. Abs (1) lit. b) sind hingegen variabel und werden zukünftig noch gemäß
• den vom Land Wien gemäß den Wohnbauförderungsbestimmungen genehmigten Gesamtbau-kosten (Prüfbericht des amtlich eingesetzten Prüforgans für Wohnhäuser, der MA 25) und
• der nach Baufertigstellung und Vorliegen der bauordnungsgemäßen Bestandspläne einzuholenden neuerlichen und endgültigen Nutzwertberechnung (siehe Punkt III. Abs (1) lit. b) dieses Kaufvertrages) angepasst. Einen sich aus dieser Endabrechnung allenfalls ergebenden Mehrbetrag an Baukosteneigenmitteln hätte der Käufer binnen 14 Tagen nach Rechnungslegung durch die Verkäuferin aus eigenem zu berichtigen, also nachzuzahlen, während eine sich aus einer allfälligen Reduzierung des Baukosteneigenmittelanteils gemäß Punkt II. Abs (1) lit. b) resultierende Überzahlung dem Käufer prompt zu ersetzen wäre.
c) Schließlich ist auch der Kaufpreisteil, der durch den vom Käufer zur schuldscheingemäßen Rückzahlung übernommenen Anteil am Förderungsdarlehen des Landes Wien gedeckt ist, variabel und wird zukünftig noch gemäß
• den tatsächlich errichteten und von der MA 25 im Rahmen der so genannten Wohnbauförderungsend-abrechnung geprüften förderbaren Nutzflächen und
• der mehrfach genannten endgültigen Nutzwertberechnung
angepasst. Etwaige sich aus dieser Wohnbauförderungsendabrechnung der MA 50/MA 25 sowie der genannten endgültigen Nutzwertberechnung ergebende Korrekturen dieses Anteiles gehen sohin zu Lasten bzw. zu Gunsten des Käufers, d.h. dass dieser letztendlich jenen Anteil am Förderungsdarlehen des Landes Wien zu übernehmen bzw. verzinsen und zu tilgen hat, der sich aus dieser Wohnbauförderungsendabrechnung ergibt. Sollten sich die entsprechend den obigen Absätzen lit. b) und c) variablen Kaufpreisteile erhöhen, so garantiert die Verkäuferin dem Käufer jedoch eine Begrenzung dieser allfälligen Erhöhungen mit insgesamt maximal 3 % dieser Kaufpreisteile, d.h. dass sich die Verkäuferin verpflichtet, jenen Betrag, der allenfalls über eine 3%-ige Erhöhung dieser Kaufpreisteile hinaus gehen sollte, selbst zu übernehmen. Eine allfällige Reduzierung dieser Kaufpreisteile ist zu Gunsten des Käufers nicht begrenzt.“
Die Bestimmung zum variablen Kaufpreisanteil war Thema der Beratungsgespräche mit jener Mitarbeiterin, die die Besichtigungen der Wohnungen für die Beklagte durchführte, und sie wurde auch mündlich mit dem Kläger bei der Kaufvertragsunterzeichnung besprochen.
Für die laut ursprünglichem Einreichplan zu errichtenden 54 Eigentumswohnungen samt 26 Kfz‑Abstellplätzen sicherte das Land Wien der Beklagten ein Förderungsdarlehen gemäß § 12 WWFSG 1989 iVm § 8 Neubauverordnung 27/2007 zu. Die restlichen Wohnungen und Kfz-Abstellplätze sollten frei finanziert errichtet werden.
Der Förderungszusicherung lag folgender Finanzierungsplan zugrunde:
Eigenmittel gemäß § 69 WWFSG 1989 8.006.072 EUR
Darlehen des Landes Wien 2.361.040 EUR
angemessene Gesamtbaukosten 10.367.112 EUR
Im September 2012 übermittelte die Beklagte dem Kläger den Endprüfbericht der MA 25 und gab ihm einen Nachzahlungsbetrag von 5.194,66 EUR bekannt.
Im Ergebnis wurden nur 47 Eigentumswohnungen samt 21 Kfz-Abstellplätzen gefördert, weil sich die Anzahl der frei finanzierten Wohnungen um sieben erhöht hatte. Die Gesamtnutzfläche der förderbaren Räumlichkeiten verkleinerte sich um 694,84 m² (= 12,95 %) auf 4.671,16 m². Die Gesamtfläche der geförderten und frei finanzierten Räumlichkeiten betrug 7.327,56 m².
Basierend auf dem Endprüfbericht wurde dann der Finanzierungsplan in Abstimmung mit dem Land Wien (MA 50) wie folgt endgültig festgestellt:
Eigenmittel gemäß § 69 WWFSG 1989 7.211.810,60 EUR
Darlehen des Landes Wien 2.055.310,40 EUR
Förderbare Gesamtbaukosten 9.267.121,00 EUR
Die Summe der Nutzwerte aller geförderten Objekte betrug 4.728 NW. Die anteiligen Baukosteneigenmittel erhöhten sich um 5.309,41 EUR auf 178.464,86 EUR (Berechnung: 7.211.810,60 EUR : 4.728 x 117). Wegen der Begrenzungsgarantie von maximal 3 % des Kaufpreisanteils schrieb die Beklagte dem Kläger nur die Nachzahlung von 5.194,66 EUR vor.
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Rückzahlung diese Kaufpreisteilbetrags von 5.194,66 EUR sA und brachte im Wesentlichen vor, dass ihm die Überprüfung der Endabrechnung der Beklagten bisher nicht möglich gewesen, ihm daher die Ursache einer allfälligen Erhöhung einzelner Baukostenanteile nicht nachvollziehbar und die Richtigkeit der Abrechnung somit fraglich sei. Die Vertragsklausel über den variablen Kaufpreis entspreche jedenfalls nicht § 4 Abs 3 BTVG und § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Die S***** sei Generalunternehmerin des Bauprojekts gewesen und die Beklagte habe sich wegen der Beherrschung durch die S***** auch jene kaufpreisrelevanten Umstände zuzurechnen, deren Eintritt vom Willen der Generalunternehmerin abhängig gewesen sei. Der Kläger habe irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt.
Die Beklagte bestritt dieses Vorbringen, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein, dass der Kläger über den variablen Kaufpreisanteil aufgeklärt worden sei. Nach Vorliegen des Flächenprüfberichts der MA 25 habe die Beklagte dem Kläger den Nachzahlungsbetrag bekanntgegeben, der sich aufgrund der festgestellten und von der MA 50 geprüften Gesamtbaukosten sowie der Anpassung an die endgültige Nutzwertverteilung ergeben habe. Unter Berücksichtigung der 3%-igen Deckelung habe sich eine Nachzahlung von 5.194,66 EUR ergeben. Die Regelung der Nach- oder Rückzahlung beruhe auf den Bestimmungen der Wohnbauförderung. Die Preisgestaltung sei üblich und gesetzlich positiviert. Die für die Entgeltänderung maßgeblichen Umstände und Kostenfaktoren seien im Kaufvertrag detailliert beschrieben worden. Durch das Abstellen auf die tatsächlichen Baukosten und die endgültigen Nutzwerte sei auch für einen Laien klar verständlich dargelegt gewesen, wie die Berechnung des endgültigen Kaufpreises vorgenommen werde. Die Vereinbarung eines variablen Preises sei auch sachlich gerechtfertigt. Das Ergebnis der Förderungsabrechnung sei nicht vom Willen der Generalunternehmerin abhängig gewesen. Der Kläger habe keine Nichtschuld bezahlt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren aufgrund des eingangs zusammengefassten Sachverhalts statt. Rechtlich war es der Meinung, dass Punkt II. (5) des Kaufvertrags weder die Bestimmtheitserfordernisse des § 4 Abs 3 BTVG, noch alle Kriterien des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG erfülle. Die Bezugnahme auf die Gesamtbaukosten sei kein bestimmter Kostenfaktor im Sinn des § 4 Abs 3 BTVG. Die Kostenfaktoren würden im Kaufvertrag gerade nicht ‑ und schon gar nicht genau ‑ festgelegt. Die Voraussetzung, dass die Gesamtbaukosten von der MA 25 genehmigt werden müssten, könne die Bestimmtheit bzw die Beschreibung der Kostenfaktoren nicht ersetzen. Die sachliche Rechtfertigung gemäß § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sei nicht überprüfbar.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge und wies das Klagebegehren ab. Es war der Rechtsansicht, dass der Kaufpreis laut Kaufvertrag in zweierlei Hinsicht variabel sei: Die Baukosteneigenmittel würden gemäß den vom Land Wien nach den Wohnbau-förderungsbestimmungen genehmigten Gesamtbaukosten und der endgültigen Nutzwertberechnung angepasst. Die Gesamtbaukosten seien in § 4 WWFSG 1989 definiert. § 4 Abs 3 WWFSG 1989 stelle klar, dass die für die Errichtung von Wohnhäusern, Wohnungen und Heimen angemessenen Gesamtbaukosten je Quadratmeter Nutzfläche unter Berücksichtigung einer normalen Ausstattung durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen seien. § 1 Neubauverordnung 2007 definiere eine Obergrenze für die angemessenen Gesamtbaukosten. Im Ergebnis verweise die Kaufpreisklausel damit auf einen auf Basis angemessener Gesamtbaukosten im Sinn des WWFSG 1989 zu berechnenden endgültigen Kaufpreis. Ein auf Basis angemessener Gesamtbaukosten zu ermittelnder Preis sei ohne Zweifel ein von bestimmten Kostenfaktoren abhängiger Preis. § 4 Abs 3 BTVG schränke diesen Preis jedoch dahin ein, dass die Kostenfaktoren genau festgelegt werden müssten oder die Festlegung des Preises nach dem WGG zulässig sei. Daraus folge, dass ein nach dem WGG zulässig vereinbarter Preis keine genaue Festlegung der Kostenfaktoren erfordere (arg: „oder“).
§ 13 Abs 1 WGG bestimme, dass gemeinnützige Bauvereinigungen für die (nachträgliche) Übertragung des Eigentums (Miteigentum) an einer Baulichkeit oder für die (nachträgliche) Einräumung des Wohnungseigentums an einer Wohnung, einem Geschäftsraum oder an Einstellplätzen (Garagen) und Abstellplätzen ein angemessenes Entgelt (Preis) zu vereinbaren haben. Dabei seien die gesamten Herstellungskosten der Berechnung des Entgelts zugrunde zu legen (§ 13 Abs 2 WGG). Darunter fielen auch die für die widmungsgemäße Benützung der Baulichkeit aufgewendeten Baukosten. Die Kaufpreisklausel entspreche durch das Abstellen auf die angemessenen Gesamtbaukosten gemäß dem WWFSG 1989 einer nach dem WGG zulässigen Preisberechnung nach dem angemessenen Entgelt im Sinn des § 13 Abs 1 WGG und sei daher mit § 4 Abs 3 BTVG vereinbar.
Die Klausel verstoße auch nicht gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG. Der Vertrag sehe die Möglichkeit einer Entgeltsenkung vor. Die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände seien im Vertrag umschrieben. Das Abstellen auf die angemessenen Gesamtbaukosten sei entgegen der Ansicht des Erstgerichts auch sachlich gerechtfertigt, zumal auch der Gesetzgeber in § 1152 ABGB für den Werkvertrag mangels Vereinbarung ein angemessenes Entgelt als sachgerecht ansehe. Darüber hinaus werde durch den vereinbarten variablen Preis lediglich die Angemessenheit des als Werklohn anzusehenden Preises für die Errichtung der verkauften Eigentumswohnung zum Zeitpunkt der Fertigstellung sichergestellt. Eine Änderung des angemessenen Entgelts während der Bautätigkeit der verkauften Eigentumswohnung sei auch nicht vom Willen des Werkunternehmers abhängig. Die Kaufpreisklausel widerspreche demnach nicht § 6 Abs 1 Z 5 KSchG.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Vereinbarung eines angemessenen Preises im Sinn des WWFSG 1989 nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Stattgebung des Klagebegehrens. Hilfsweise stellt der Kläger auch einen Aufhebungsantrag.
Die Beklagte erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise dieser nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und berechtigt, weil das Berufungsgericht die Vereinbarung des variablen Kaufpreises zu Unrecht für zulässig erachtet hat.
A. Zu § 4 Abs 3 BTVG:
1. Rechtsgrundlagen:
1.1. § 4 BTVG regelt den notwendigen Inhalt des Bauträgervertrags. In der Stammfassung bestimmte § 4 Abs 1 Z 2 BTVG als Vertragsbestandteil das vom Erwerber zu zahlende Entgelt und dessen Fälligkeit. War das Entgelt nicht als Fixpreis bestimmt, so konnte ein von bestimmten Kostenfaktoren abhängiges Entgelt vereinbart werden; eine solche Vereinbarung sollte aber nur wirksam sein, wenn diese Faktoren genau festgelegt waren und eine Obergrenze bestimmt war oder diese Festlegung des Entgelts nach dem WGG zulässig war.
1.2. Nach der Novellierung mit dem BGBl I 2008/56 enthält nunmehr § 4 Abs 3 BTVG die einschlägige Regelung und bestimmt Folgendes:
„Ist der Preis nicht als Fixpreis bestimmt, so kann ‑ ausgehend von einem Basispreis ‑ ein von bestimmten Kostenfaktoren abhängiger Preis vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung ist nur wirksam, wenn die Kostenfaktoren genau festgelegt sind und eine Obergrenze bestimmt ist oder diese Festlegung des Preises nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zulässig ist. Ist die Vereinbarung unwirksam, so gilt der Basispreis als Preis.“
1.3. In den ErläutRV (zur Stammfassung) 312 BlgNR 20. GP 15 f wird zu § 4 Abs 1 Z 2 BTVG ausgeführt:
„Das vom Erwerber dem Bauträger zu zahlende Entgelt kann ‑ vorbehaltlich anderer gesetzlicher Preisbildungsvorschriften ‑ entweder als Fixpreis vereinbart oder von anderen Umständen, zB den eigenen Kosten des Bauträgers, abhängig gemacht werden (Z 2). Wird kein Fixpreis festgelegt, so sind jedenfalls bestimmte Kostenfaktoren (etwa ein Baupreisindex oder Lohnsteigerungsraten) und eine Obergrenze zu vereinbaren, zumal nicht das gesamte unternehmerische Risiko des Bauträgers auf den Erwerber überwälzt werden soll. Ist überhaupt kein zahlenmäßig bestimmtes Entgelt vereinbart und fehlt es an der Obergrenze oder den bestimmten Kostenfaktoren, so liegt kein hinreichend bestimmter Vertrag vor (§ 869 ABGB); wird dagegen ein veränderliches, aber zahlenmäßig bestimmtes Entgelt ohne Obergrenze und ohne Nennung bestimmter Kostenfaktoren vereinbart, so können keine Erhöhungen verlangt werden (auch wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 5 KSchG vorliegen).“
Zur Stammfassung des BTVG wird im AB 450 BlgNR 20. GP 2 ergänzt festgehalten:
„Durch den neuen letzten Halbsatz wird berücksichtigt, daß das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz die Festlegung des Entgelts (§§ 13 bis 15a) für gemeinnützige Bauträger besonders regelt.“
11.4. In den ErläutRV (zu BGBl I 2008/56) 432 BlgNR 23. GP 7 wird zu § 4 Abs 3 BTVG ausgeführt:
„Der vorgeschlagene Abs. 3 entspricht im Wesentlichen dem § 4 Abs. 1 Z 2 zweiter Halbsatz BTVG. Zur besseren Verständlichkeit des Gesetzes soll dieser Sonderfall aber in einem eigenen Absatz geregelt werden. Den Vertragsparteien steht es nach wie vor frei, entweder einen Fixpreis oder einen von bestimmten Kostenfaktoren abhängigen Preis zu vereinbaren. In diesem Fall soll der Bauträger aber im Interesse der Transparenz verpflichtet werden, einen fixen Basispreis anzugeben, aus dem sich der flexible Preis ableiten lässt. Wenn die Vereinbarung eines flexiblen Preises unwirksam ist, weil die Kostenfaktoren nicht exakt festgesetzt werden, weil die Vereinbarung keine Obergrenze enthält oder weil das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz im Einzelfall diese Preisfestlegung nicht zulässt, soll nach dem vorgeschlagenen letzten Satz der Bestimmung der Basispreis als Preis gelten. Damit soll der Einwand, dass der gesamte Vertrag mangels ausreichend bestimmten Preises unwirksam ist, abgeschnitten werden. Soweit nicht die Preisbildungsvorschriften des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts anzuwenden sind, gelten auch hier die allgemeinen Schranken von Preisbildungsklauseln.“
2. Die Rechtsprechung:
2.1. Nach der Rechtsprechung ist es vorrangiges Ziel des BTVG, das Vorauszahlungsrisiko des Erwerbers durch Sicherungspflichten des Bauträgers weitgehend auszuschalten und so den Konsumentenschutz in einem Bereich der Immobilienbranche zu verstärken (4 Ob 56/03v mwN). § 4 BTVG enthält als „flankierende Maßnahme“ eine Bestimmung über Mindesterfordernisse des Vertragsinhalts. Dabei wird angestrebt, dem Erwerber ausreichende Informationen über das von ihm in Aussicht genommene Vertragsobjekt zu verschaffen, weil die Statuierung eines Mindeststandards gerade im Bauträgergeschäft zur Erreichung eines einigermaßen effizienten Erwerberschutzes unerlässlich ist. Zum Mindestinhalt eines Bauträgervertrags gehören gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BTVG (aF) bzw § 4 Abs 3 BTVG (nF) auch das vom Erwerber zu zahlende Entgelt und dessen Fälligkeit. Ist das Entgelt nicht als Fixpreis bestimmt, so kann ein von bestimmten Kostenfaktoren abhängiges Entgelt vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung ist nur wirksam, wenn diese Faktoren genau festgelegt sind und eine Obergrenze bestimmt ist oder diese Festlegung des Entgelts nach dem WGG zulässig ist. Das Entgelt kann somit als Fixpreis oder als bestimmbarer Preis umschrieben sein. Letzterer kann entweder ein Gleitpreis nach genau festgelegten Gleitfaktoren mit bestimmter absoluter Obergrenze oder ein kostendeckendes Entgelt im Sinn des WGG sein. Wird kein Fixpreis festgelegt, so sind jedenfalls bestimmte Kostenfaktoren und eine Obergrenze zu vereinbaren, zumal nicht das gesamte unternehmerische Risiko des Bauträgers auf den Erwerber überwälzt werden soll (4 Ob 56/03v mwN; 1 Ob 101/03i).
2.2. In der Entscheidung 2 Ob 270/03z (wobl 2004/99 [ Vonkilch ] = SZ 2003/152 = NZ 2006, 305 = immolex 2004/220) gab der erkennende Senat die ErläutRV (zur Stammfassung) 312 BlgNR 20. GP 15 f wieder und legte im Ergebnis wegen fehlender Angabe einer Obergrenze das zahlenmäßig bestimmte Entgelt gleich einem Fixpreis zugrunde.
2.3. In der Entscheidung 2 Ob 98/03f (ÖBA 2006, 134) wird zu § 4 Abs 1 Z 2 BTVG (aF) (ua) betont, dass es bei dieser Regelung „der präzisen Angabe preisbestimmender Faktoren“ bedarf.
3. Die Lehre:
3.1. Würth (in Rummel 3 § 4 BTVG Rz 2) vertritt die Meinung, die Ansicht Engin-Deniz (BTVG 2 § 4 Rz 2), dass die Obergrenze entfallen könne, wenn sich aus den angegebenen Faktoren der Endpreis nicht nur schätzen, sondern errechnen lasse, finde im Gesetzestext, der dem Erwerber offenbar den denkbaren Höchstbetrag seiner Belastungen aufzeigen wolle, keine Deckung.
3.2. Zu Preisanpassungsklauseln vertritt Friedl (in Illedits/Reich-Rohrwig , Wohnrecht 2 § 4 BTVG Rz 12) entsprechend den bereits wiedergegebenen Materialien die Ansicht, werde kein Fixpreis (Festpreis, Pauschalpreis) festgelegt und sei die Festlegung des Preises nach dem WGG nicht zulässig, weil keine gemeinnützige Bauvereinigung Bauträgerin ist, so seien jedenfalls ‑ ausgehend von einem Basispreis ‑ bestimmte Kostenfaktoren (etwa ein Baupreis-, Verbraucherpreisindex oder Lohnsteigerungsraten) und eine Obergrenze zu vereinbaren, zumal nicht das gesamte unternehmerische Risiko des Bauträgers auf den Erwerber überwälzt werden solle (vgl auch Pittl , BTVG 2 48); werde ein veränderliches, aber zahlenmäßig bestimmtes Entgelt vereinbart, so könnten ohne Obergrenze und ohne Nennung bestimmter Kostenfaktoren keine Erhöhungen verlangt werden, auch wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vorlägen.
3.3. Prader führt (in Schwimann/Kodek , ABGB 4 , § 4 BTVG Rz 18) aus, es sei davon auszugehen, dass eine genaue Umschreibung der Änderungsmöglichkeiten und nicht eine bloße Bezugnahme auf gesetzliche Möglichkeiten geboten sei. Sohin werde ein bloßer Verweis auf die Abrechnung nach Wohnbauförderungsrichtlinien schon nach § 6 Abs 3 KSchG scheitern. Eine nähere Aufschlüsselung könne nur im WGG-Bereich entfallen, da der Gesetzgeber insoweit einen weniger strengen Maßstab anlege.
4. Die Obergrenze:
In dem von den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag wird dem Kläger als Käufer keine Obergrenze in Form eines Absolutbetrags bekannt gegeben, sondern eine Begrenzung „mit insgesamt maximal 3 % d(...)er (betroffenen) Kaufpreisteile“ vorgenommen. Die vom Gesetz geforderte Obergrenze ist damit erst mittels einer Rechenoperation zu ermitteln, die nicht den gesamten Kaufpreis, sondern bestimmte Kaufpreisteile betrifft. Die Frage, ob im Bauträgervertrag eine dem § 4 Abs 3 BTVG entsprechende Obergrenze mit einem Absolutbetrag bezeichnet werden muss, braucht hier nicht abschließend beurteilt zu werden.
5. Zu den Baukosteneigenmitteln:
5.1.1. Laut Vertragspunkt II. (5) b des von den Streitteilen abgeschlossenen Vertrags sind die Baukosteneigenmittel zunächst insofern variabel, als sie „gemäß den vom Land Wien gemäß den Wohnbauförderungsbestimmungen genehmigten Gesamtbaukosten (Prüfbericht des amtlich eingesetzten Prüforgans für Wohnhäuser, der MA 25) … angepasst werden“.
5.1.2. Zunächst wird mit dieser Regelung jedenfalls kein bestimmter Kostenfaktor, etwa im Sinn eines in den wiedergegebenen ErläutRV genannten Baupreisindices oder von Lohnsteigerungsraten, festgelegt.
5.1.3. Vertragspunkt II. (5) b stellt ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Beklagten ‑ nicht auf die „angemessenen Gesamtbaukosten“ im Sinn des WWFSG 1989 iVm § 1 Neubauverordnung 2007 ab, die überdies auch keinen „Kostenfaktor“ darstellen, sondern eine „unter Berücksichtigung einer normalen Ausstattung … durch Verordnung der (Wiener) Landesregierung“ festgesetzte Obergrenze (vgl § 4 Abs 3 WWFSG 1989 iVm § 1 Neubauverordnung 2007).
5.1.4. Mit der genannten Preisanpassungsklausel wird letztlich nicht nachvollziehbar auf das angemessene Entgelt nach §§ 13 ff WGG Bezug genommen. Dazu hat der Oberste Gerichtshof im Übrigen schon dahin Stellung genommen, er verstehe den oben (1.3.) bereits wiedergegebenen Justizausschussbericht in dem Sinn, dass die Festlegung des Entgelts nach dem WGG nur gemeinnützige Bauträger betreffe (2 Ob 270/03z =wobl 2004/99 [ Vonkilch ] = SZ 2003/152). Die Beklagte nimmt hier für sich aber gar nicht in Anspruch, eine als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigung im Sinn des § 1 WGG zu sein.
5.1.5. Ausschließliches Kriterium für die Änderung des Entgelts sollen nach besagter Vertragsbestimmung letztlich die genehmigten Gesamtbaukosten laut einem amtlichen Prüfbericht sein. Im Ergebnis wird damit erreicht, dass das Risiko, ob die vom Bauträger für das Bauvorhaben kalkulierte und die ihm behördliche zugesicherte (zugesagte) Förderung nach der Prüfung der Endabrechnung tatsächlich erlangt werden kann, auf den Käufer überwälzt wird. Eine solche vertragliche Vereinbarung ist keine durch Wortlaut und Zweck des § 4 Abs 3 BTVG gedeckte Regelung eines variablen Entgelts.
5.2.1. Die Baukosteneigenmittel sollen nach Vertragspunkt II.(5)b insoweit variabel sein, als sie „der nach Baufertigstellung und Vorliegen der bauordnungsgemäßen Bestandspläne einzuholenden neuerlichen und endgültigen Nutzwertberechnung“ angepasst werden.
5.2.2. Der Nutzwert ist gemäß § 2 Abs 8 WEG 2002 die Maßzahl, mit der der Wert eines Wohnungseigentumsobjekts im Verhältnis zu den Werten der anderen Wohnungseigentumsobjekte der Liegenschaft bezeichnet wird. Er ergibt sich aus der Nutzfläche des Objekts und aus Zuschlägen oder Abstrichen für werterhöhende oder wertvermindernde Eigenschaften desselben.
5.2.3. Die Nutzwerte und deren Berechnung sind demnach keine Kostenfaktoren, die die vom Bauträger zu erbringenden und erbrachten Leistungen betreffen. Durch eine Abweichung der endgültigen Nutzwerte gegenüber den ursprünglich kalkulierten ändern sich die tatsächlichen Kosten der vom Bauträger erbrachten Leistungen nicht. Mit dieser vertraglichen Regelung geht es im Ergebnis darum, den wirtschaftlich-kalkulatorischen Nachteil einer von der präliminierten Nutzwertberechnung des Bauträgers letztlich abweichenden endgültigen Nutzwertberechnung auf den Käufer zu überwälzen. Eine solche vertragliche Vereinbarung ist ebenfalls keine durch Wortlaut und Zweck des § 4 Abs 3 BTVG gedeckte Regelung eines variablen Entgelts.
6. Zum Anteil am Förderungsdarlehen:
6.1. Nach Vertragspunkt II. (5) c ist der Kaufpreisteil, der durch den vom Käufer zur schuldscheingemäßen Rückzahlung übernommenen Anteil am Förderungsdarlehen des Landes Wien gedeckt ist, variabel. Er soll gemäß den tatsächlich errichteten und von der MA 25 im Rahmen der so genannten Wohnbauförderungsendabrechnung geprüften förderbaren Nutzflächen und der bereits genannten endgültigen Nutzwertberechnung angepasst werden.
6.2. Auch diese Möglichkeit der Preisanpassung orientiert sich nicht an einem die Leistungen oder den Aufwand des Bauträgers betreffenden Kostenfaktor, sondern ausschließlich an einer behördlichen Entscheidung über die förderbaren Nutzflächen und die zuvor (5.2.1. bis 5.2.3.) schon behandelte Nutzwertberechnung. Es soll mit diesem Vertragspunkt ‑ bei unverändertem Kostenaufwand des Bauträgers ‑ das Risiko einer nachträglichen Änderung von Kalkulationsgrößen dem Käufer aufgebürdet werden. Eine solche vertragliche Regelung erlaubt § 4 Abs 3 BTVG nicht.
7. Zwischenergebnis:
Die gemäß den Wohnbauförderungsbestimmungen behördlich vorgenommene Genehmigung der Gesamtbaukosten, die endgültige Nutzwertberechnung und die nach der Wohnbauförderungsendabrechnung geprüften förderbaren Nutzflächen sind per se keine Kostenfaktoren im Sinn des § 4 Abs 3 BTVG. Deren Änderung kann daher keine rechtswirksame Grundlage für eine auf § 4 Abs 3 BTVG gestützte Preisänderung sein. Auf die Frage, ob eine Begrenzung mit insgesamt maximal 3 % der von der Preisanpassung betroffenen Kaufpreisteile eine im Rahmen § 4 Abs 3 BTVG ausreichende Bestimmung einer Obergrenze ist, kommt es dann nicht mehr an.
B. Zu § 6 Abs 1 Z 5 KSchG:
1. Nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG sind für den Verbraucher Vertragsbestimmungen im Sinn des § 879 ABGB nicht verbindlich, nach denen „dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine Leistung ein höheres als das bei der Vertragsschließung bestimmte Entgelt zusteht, es sei denn, dass der Vertrag bei Vorliegen der vereinbarten Voraussetzungen für eine Entgeltänderung auch eine Entgeltsenkung vorsieht, dass die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände im Vertrag umschrieben und sachlich gerechtfertigt sind sowie, dass ihr Eintritt nicht vom Willen des Unternehmers abhängt“.
2. § 6 Abs 1 Z 5 KSchG ist neben den für einzelne Vertragsverhältnisse geltenden Sonderbestimmungen, wie etwa § 4 Abs 3 BTVG, anzuwenden. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass § 4 Abs 3 BTVG eine dem § 6 Abs 1 Z 5 KSchG vergleichbare Zielsetzung, nämlich die Preisgestaltung offen zu legen, verfolgt, um damit einen Schutz des Erwerbers vor der Willkür seines Vertragspartners zu schaffen. Der Unternehmer hat zumindest darzutun, nach welchen Kriterien er im Fall eines Preisvorbehalts den späteren Preis bestimmen will (4 Ob 56/03v; 1 Ob 101/03i).
3. Durch den allgemein alle Ziel- und Dauerschuldverhältnisse erfassenden § 6 Abs 1 Z 5 KSchG einerseits und den speziell den Bauträgervertrag betreffenden § 4 Abs 3 BTVG andererseits ergibt sich für den hier zu prüfenden Vertrag ein verschränkter Rechtsschutz insofern, als in den Anwendungsbereich beider Bestimmung fallende vertragliche Regelungen auch kumulativ deren Anforderungen entsprechen müssen, um rechtswirksam zu sein. Genügt daher die fragliche Preisanpassungsregel nicht dem § 4 Abs 3 BTVG, so wäre sie auch dann nicht zulässig, wenn sie in § 6 Abs 1 Z 5 KSchG Deckung fände. Ob Letzteres zutrifft muss daher nicht mehr geprüft werden.
C. Ergebnis:
1. Eine in einem Bauträgervertrag enthaltene Vertragsbestimmung, die die Preisanpassung allein deshalb erlaubt, weil die gemäß den Wohnbauförderungsbestimmungen letztlich behördlich genehmigten Gesamtbaukosten, die endgültige Nutzwertberechnung oder die für die Wohnbauförderungsendabrechnung geprüften förderbaren Nutzflächen von den anfänglich zugesagten bzw kalkulierten Werten abweichen, knüpft nicht an Kostenfaktoren im Sinn des § 4 Abs 3 BTVG an und ist daher keine nach dieser Bestimmung zulässige Preisanpassungsklausel. Eine solche, dem § 4 Abs 3 BTVG widersprechende Klausel ist auch dann unwirksam, wenn sie nach § 6 Abs 1 Z 5 KSchG zulässig wäre. Damit erweist sich die Revision als berechtigt. Dem Kläger steht die Rückforderung des zu viel bezahlten Preises zu (vgl 10 Ob 35/11m mwN), weshalb in Stattgebung seines Rechtsmittels das Ersturteil einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederherzustellen war.
2. Die Kostenentscheidung beruht für alle Instanzen auf §§ 50, 41 ZPO.
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