European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0080OB00129.15A.1215.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung
Die Klägerin und der Beklagte sind Grundstücksnachbarn. Der Beklagte verfolgte die Klägerin zwischen Mai 2012 und August 2013 mehrmals wöchentlich, unter anderem indem er ihre Nähe aufsuchte, ihr auf der Straße hinterherging, sie filmte und fotografierte sowie vom Gehsteig oder von einem Traktor aus durch das Fenster in ihr Schlafzimmer fotografierte. Er wurde deswegen mit Urteilen vom 27. 6. 2013 und 30. 8. 2013 des Erstgerichts wegen beharrlicher Verfolgung gemäß § 107a Abs 1 und Abs 2 Z 1 StGB rechtskräftig verurteilt. Im Urteil vom 27. 6. 2013 wurde der Beklagte außerdem gemäß § 218 Abs 1 Z 2 StGB für schuldig erkannt, die Klägerin am 8. 9. 2013 in seinem Anwesen durch eine geschlechtliche Handlung vor ihr, nämlich durch Reiben seines entblößten erigierten Penis unter Umständen, unter denen dies geeignet war, berechtigtes Ärgernis zu erregen, belästigt zu haben.
Die Taten des Beklagten haben bei der Klägerin Wut und Hilflosigkeit ausgelöst, sie wurde dadurch in ihrer Lebensweise beeinträchtigt. Eine psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert hat die Klägerin nicht erlitten.
Die Klägerin begehrte eine Entschädigung für erlittene Schmerzen und Beeinträchtigungen in Höhe von 15.500 EUR.
Das Erstgericht sprach der Klägerin 2.900 EUR sA unter Abweisung des Mehrbegehrens zu. Da sie keine krankheitswertige psychische Störung erlitten habe, komme lediglich eine Entschädigung für immaterielle Beeinträchtigung gemäß § 1328a Abs 1 Satz 2 ABGB in Betracht. Dafür erscheine unter Abwägung von Art, Dauer und Nachvollziehbarkeit der zugefügten Unlustgefühle ein Betrag von pauschal 3.000 EUR angemessen, davon sei noch der im Strafverfahren erreichte Zuspruch von 100 EUR abzuziehen.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung über Berufung der Klägerin teilweise dahin ab, dass es den Zuspruch auf 4.900 EUR sA erhöhte.
Der Beklagte sei nicht nur wegen Stalkings, sondern auch wegen sexueller Belästigung der Klägerin verurteilt worden, sodass auch nach § 1328 ABGB eine Entschädigung gebühre. Im Rahmen der Globalbemessung komme der beharrlichen Verfolgung gegenüber der einmaligen Belästigung aber das weit größere Gewicht zu. Die lange Dauer der beharrlichen Verfolgung der Klägerin sei als besonders erschwerend zu berücksichtigen, weshalb der vom Erstgericht zuerkannte Betrag insgesamt zu gering anmute.
Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision gegen sein Urteil für zulässig, da noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob § 1328 ABGB auch auf Tathandlungen nach § 218 Abs 1 Z 2 StGB anzuwenden sei.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie beantragt, dem Rechtsmittel des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Die Klägerin hat ein pauschales Ersatzbegehren für erlittene Unbill gestellt und dabei nicht nach den Folgen einzelner Geschehnisse innerhalb des Dauertatbestands differenziert. Das Berufungsgericht hat dementsprechend auch zutreffend den Entschädigungsbetrag global ausgemessen. Maßgeblich dafür war das gesamte Verhalten des Beklagten und seine Auswirkungen auf das Befinden der Klägerin. Ob für die so ermittelte Entschädigung eine oder mehrere rechtliche Anspruchsgrundlagen zur Verfügung standen, ist für das Ergebnis nicht von Bedeutung und wäre nur dann entscheidungswesentlich, wenn sich das Klagebegehren ausschließlich auf den einmaligen Belästigungsvorfall bezogen hätte.
2. Die Ausmessung der Höhe des Entschädigungsbetrags ist eine Entscheidung im Einzelfall (8 ObA 18/03k), die nur dann eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen könnte, wenn das Berufungsgericht den ihm zu Gebote stehenden Ermessensspielraum deutlich überschritten hätte. Eine solche Fehlbeurteilung wird in der Revision, deren Ausführung sich auf die Rechtsfrage der Grenzen des § 1328 ABGB beschränkt, gar nicht behauptet.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen, weil darin nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen wurde (RIS‑Justiz RS0035979).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)