European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0150OS00142.15V.1209.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karlo F***** des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB (A./I./1./), des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3 StGB (A./I./2./), des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (A./II./), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (A./III./) sowie eines weiteren Vergehens des Betrugs nach § 146 StGB (B./; vgl aber RIS-Justiz RS0114927) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
„A./ am 6. Dezember 2013
I./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem unbekannten Mittäter (§ 12 StGB) Nino S*****
1./ durch die Vorgabe, er und der unbekannte Mittäter seien zivile Exekutivbeamte, sich die Ausübung eines öffentlichen Amtes angemaßt
a./ in Verbindung mit der weiteren Vorgabe, in dieser Eigenschaft zur Durchführung einer Identitätskontrolle berechtigt zu sein;
b./ im Anschluss an die zu a./ angeführte Straftat mit der weiteren Vorgabe, in dieser Eigenschaft zur Durchführung einer Festnahme berechtigt zu sein;
2./ im Zuge der zu 1./a./ angeführten Straftat mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch die zu 1./a./ angeführte Behauptung mit der weiteren Vorgabe, sie seien in dieser Eigenschaft zur Sicherstellung von Gegenständen und Bargeld berechtigt, somit durch Täuschung über Tatsachen, wobei er und der unbekannte Mittäter sich fälschlich als Beamte ausgaben, zu einer Duldung, nämlich des Zulassens der Abnahme von Bargeld in Höhe von 150 Euro im Zuge der Durchsuchung verleitet, die diesen an seinem Vermögen schädigte;“
II./ Nino S***** und Christian V***** dadurch, dass er von ihnen Wertgegenstände forderte, wobei er mit einer Holzlatte eine Schlagbewegung demonstrierte, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben, zwei Mobiltelefone mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er den Raub unter Verwendung einer Waffe verübte;
III./ im Anschluss an die zu II./ gesetzte Straftat Christian V***** durch die Äußerung, wenn er die Polizei verständige, würde er wiederkommen, wobei er die Holzlatte in den Händen hielt und androhte, einen Schlag auszuführen, somit durch gefährliche Drohung, zur Abstandnahme von der Erstattung einer Anzeige, zu nötigen versucht;
B./ am 29. Jänner 2014 Dejan R***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch die Vorgabe, ein zahlungswilliger Fahrgast zu sein, zur Erbringung von Taxidienstleistungen verleitet, die diesen im Betrag von 70 Euro am Vermögen schädigte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.
Soweit sich die Urteilskritik nominell auch auf Z 4 des § 281 Abs 1 StPO beruft, geht sie ‑ mangels Bezugnahme des Vorbringens auf einen Antrag oder Widerspruch in der Hauptverhandlung ‑ schon im Ansatz fehl (RIS‑Justiz RS0099112).
Der Mängelrüge (Z 5) zuwider haben die Tatrichter sowohl die Aussage des Zeugen Dr. Andreas L***** (zum Zustandsbild des Angeklagten am Nachmittag des 6. Dezember 2013) als auch den Blutbefund vom selben Tag (ON 41) einer Würdigung unterzogen (US 10); dass das Gericht aus diesen Verfahrensresultaten und dem Inhalt der ‑ gleichermaßen berücksichtigten (US 10 zweiter Abs) ‑ Tonbandmitschnitte über Anrufe des Angeklagten beim Polizeinotruf nicht die vom Nichtigkeitswerber gewünschten Schlüsse gezogen hat, stellt weder eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) noch die ‑ ebenfalls behauptete ‑ „Aktenwidrigkeit“ (Z 5 fünfter Fall; s dazu RIS‑Justiz RS0099431) her. Vielmehr bleibt die erstgerichtliche Würdigung von Verfahrensergebnissen sowie der Umstand, dass aus Sicht des Angeklagten „nach den Denkgesetzen und den Gesetzen der Logik“ andere, für ihn günstigere Schlüsse naheliegender gewesen wären, einer Geltendmachung aus der Z 5 entzogen (RIS‑Justiz RS0098362).
Mit dem schlichten Einwand, das Gericht habe sich mit „für die rechtliche Beurteilung des Falls bedeutsamen Umständen nicht auseinandergesetzt“, wird auch keine materielle Nichtigkeit (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht (RIS‑Justiz RS0118580).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Unter dem Blickwinkel des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO ist aber zu bemerken, dass dem Schuldspruch wegen des Vergehens der Amtsanmaßung nach § 314 StGB (A./I./1./) die ‑ vom Beschwerdeführer nicht gerügte ‑ materielle Nichtigkeit des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet.
Auf Basis des Urteilssachverhalts diente die am 6. Dezember 2013 gegenüber Nino S***** erfolgte Vorgabe, als Exekutivbeamter in Ausübung eines öffentlichen Amts zu agieren, von Anfang an der Intention, in den Besitz fremden Gutes (nämlich von Suchtgift) zu gelangen (US 5). Solcherart stellten die ‑ von einem einheitlichen Bereicherungsvorsatz getragenen ‑ Tathandlungen an ein‑ und demselben Opfer ein einheitliches Geschehen her, sodass die bei der „Identitätskontrolle“ und der „Durchführung der Festnahme“ erfolgte Vorgabe, der Angeklagte und sein Mittäter seien Exekutivbeamte (A./I./1./a./ und b./), kraft Spezialität (Ratz in WK2 StGB Vor §§ 28 ‑ 31 Rz 32) vom Schuldspruch nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3 StGB (A./I./2./) erfasst ist. Eine gesonderte Subsumtion als Amtsanmaßung nach § 314 StGB ist verfehlt (RIS-Justiz RS0094635; Kirchbacher in WK² StGB § 147 Rz 58; Fabrizy, StGB11 § 314 Rz 3).
Überdies ist ‑ angesichts des aus § 29 StGB hervorgehenden Gebots, alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten, dem Tatbestand des Betrugs zu unterstellenden Straftaten bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Subsumtionseinheit zusammenzufassen ‑ die hier erfolgte gesonderte Annahme zweier Vergehen des (schweren) Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3 StGB (A./I./2./) sowie nach § 146 StGB (B./; US 3) unzulässig (RIS-Justiz RS0114927).
Diese Subsumtionsfehler wirken sich aber in concreto nicht nachteilig für den Angeklagten aus, weil bei der Strafbemessung (nach § 143 erster Satz StGB) keine darauf bezogenen Erschwerungsmomente in Rechnung gestellt wurden (US 16; vgl Ratz, WK-StPO § 290 Rz 23 bis 25). Es bestand daher kein Anlass für ein Vorgehen im Sinn des § 290 Abs 1 StPO. An den verfehlten Ausspruch des Erstgerichts ist das Oberlandesgericht im Rahmen seiner Berufungsentscheidung nicht gebunden (RIS-Justiz RS0118870).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)