OGH 12Os132/15a

OGH12Os132/15a19.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Lulzim M***** wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. August 2015, GZ 10 Hv 55/15i‑16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0120OS00132.15A.1119.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen Privatbeteiligtenzuspruch enthält, wurde Lulzim M***** des Verbrechens des Raubes nach §§ 15 Abs 1, 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 11. Juni 2015 in G***** der Trafikantin Anita R***** durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen oder abzunötigen versucht, indem er ihr ein Küchenmesser mit acht Zentimeter langer Klinge entgegenhielt und sie mit den Worten „Überfall! Geld her!“ zur Geldübergabe aufforderte.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

In Bekämpfung der Annahme der Qualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB leitet die Subsumtionsrüge (Z 10) die geforderte rechtliche Konsequenz nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (vgl RIS‑Justiz RS0116569, RS0118416), indem sie begründungslos behauptet, dass unter Waffen im Sinn der Qualifikation des § 143 StGB nur solche im technischen Sinn zu verstehen seien, denen ein Küchenmesser nicht zu unterstellen sei.

Ebensowenig erklärt sie, weshalb das Erstgericht „im Hinblick auf die erhebliche Umstrittenheit des Waffenbegriffs ‑ zumindest im Zweifel ‑ davon ausgehen hätte müssen, dass es sich bei dem vom Angeklagten verwendeten Küchenmesser mit einer Klingenlänge von lediglich acht Zentimeter keinesfalls um eine Waffe im Sinne des § 143 Satz 1 zweiter Fall StGB handelte“ (vgl demgegenüber RIS‑Justiz RS0098465, RS0098478 [T2]; Schmoller, WK‑StPO § 14 Rz 35, 68).

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der

Waffenbegriff des § 143 StGB nicht nur

Waffen im

technischen Sinn (§ 1 WaffG) umfasst, sondern - nach funktionalen Kriterien erweitert ‑ auch alle Gegenstände, die sonst nach der konkreten Art ihres Einsatzes zur Gewaltanwendung gegen eine Person oder zur Raubdrohung geeignet erscheinen, weil sie bezüglich Form, Wirkungsweise und Anwendbarkeit in einem Kampf den ersteren gleichwertig sind, sich demnach dazu eignen, die Abwehrfähigkeit des Opfers durch unmittelbare Einwirkung herabzusetzen und solcherart den Gewahrsamsbruch zu erleichtern (RIS‑Justiz RS0093928, 11 Os 40/12k, SSt 2012/19; Eder/Rieder in WK2 StGB § 143 Rz 15 ff).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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