OGH 14Os102/15d

OGH14Os102/15d17.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari, sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wüstner als Schriftführer in der Strafsache gegen George S***** wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über dessen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 14. Juli 2015, GZ 22 Hv 16/15s‑64, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00102.15D.1117.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die „Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld“ werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die gegen den Ausspruch über die Strafe gerichteten Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde George S***** des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 und 3 vierter Fall StGB (I./1./a./), jeweils mehrerer Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 206 Abs 1 StGB (I./1./b./ und c./ sowie I./2./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (II./1./ und 2./), sowie der Vergehen der pornographischen Darstellungen Minderjähriger nach (richtig:) § 207a Abs 1 Z 1 StGB (III./1./a./ und b./), § 207a Abs 1 Z 2 StGB (III./2./a./ und b./) sowie nach § 207a Abs 3 zweiter Satz StGB (IV./) schuldig erkannt.

Danach hat er in L***** und Rumänien

I./ mit unmündigen Personen den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende (zu ergänzen:) geschlechtliche Handlung unternommen, nämlich

1./ jeweils in Z***** (Rumänien) mit der zur Tatzeit zirka ein Jahr alten Ada P*****

a./ zwischen Herbst 2013 und 11. März 2014 einen Oralverkehr, indem er masturbierte, ihr das Ejakulat in das Gesicht spritzte und anschließend seinen Penis in den geöffneten Mund des Kleinkindes einführte, wodurch Ada P***** in besonderer Weise erniedrigt wurde;

b./ zirka 45 Minuten nach den zu I./1./a./ dargestellten Handlungen einen Vaginalverkehr, indem er seinen erigierten Penis wiederholt an ihrem Scheidenbereich rieb, mit kurzen Stoßbewegungen in den Scheideneingang eindrang und abschließend sein Ejakulat über ihren Scheidenbereich verteilte;

c./ zwischen Herbst 2013 und 25. März 2014 einen weiteren Vaginalverkehr, indem er wiederholt seinen Penis ‑ insbesondere auch im Zuge von Masturbations-bewegungen ‑ an ihrem Vaginalbereich rieb und in weiterer Folge mit schnellen Stoßbewegungen eine zumindest geringfügige Penetration des Vaginalbereichs vornahm;

2./ am 20. April 2014 in Z***** (Rumänien) mit der am 29. August 2007 geborenen unmündigen Alexia‑Ioana Sa***** einen vaginalen Geschlechtsverkehr, indem er zuerst oberhalb der Unterhose onanierte, ihr dann die Unterhose nach oben zog und mit schnellen Stoßbewegungen versuchte die Vagina zu penetrieren, bis er schließlich ejakulierte;

II./ außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an der am 29. August 2007 geborenen unmündigen Alexia‑Ioana Sa***** vorgenommen, indem er

1./ am 6. April 2014 in Z***** (Rumänien) seinen Penis an ihrem Genitalbereich oberhalb der Pyjamahose rieb und im Badezimmer mit seinen Fingern ihren Scheidenbereich intensiv betastete;

2./ am 25. April 2014 in A***** (Rumänien) mit seinem erigierten Penis wiederholt über ihren nackten (unentwickelten) Brustbereich strich, während sie schlafend auf der Couch lag;

III./ pornographische Darstellungen einer minderjährigen Person

1./ hergestellt, indem er

a./ von den oben dargestellten Missbrauchshandlungen (I./ und II./) jeweils Videos aufnahm und in weiterer Folge daraus einzelne Lichtbilder („Screenshots“) erstellte;

b./ am 1. September 2014 in L***** mindestens vier kinderpornographische Fotos, nämlich wirklichkeitsnahe Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend der zirka vier bis fünf Jahre alten „Denisa“ anfertigte, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen;

2./ anderen angeboten oder sonst zugänglich gemacht, nämlich insbesondere indem er

a./ am 6. August 2014 in L***** zwei Bildaufnahmen („Screenshots“ der Videos), welche seinen sexuellen Missbrauch an Ada P***** zeigen (I./), auf ein „Facebook‑Profil“ im Internet hochlud und Ana P***** übermittelte;

b./ am 15. November 2014 wiederum sieben Fotos mit kinderpornographischem Inhalt auf ein neu erstelltes Facebook‑Profil („G*****“) im Internet hochlud, um sie Ana P***** zu übermitteln;

IV./ zirka ab Frühjahr 2013 sich pornographische Darstellungen von unmündigen minderjährigen Personen in zahlreichen Angriffen verschafft und bis zur Hausdurchsuchung am 17. Dezember 2014 in L***** auf diversen Speichermedien besessen, und zwar

1./ mindestens 227 Bilddateien und eine Videodatei mit wirklichkeitsnahen Abbildungen einer geschlechtlichen Handlung an einer unmündigen Person oder einer unmündigen Person an sich selbst oder an einer anderen Person (§ 207a Abs 4 Z 1 StGB);

2./ mindestens 108 Bilddateien mit wirklichkeitsnahen Abbildungen der Genitalien oder der Schamgegend (zu ergänzen [US 12]:) unmündiger Minderjähriger, wobei es sich um reißerisch verzerrte, auf sich selbst reduzierte und von anderen Lebensäußerungen losgelöste Abbildungen handelt, die der sexuellen Erregung des Betrachters dienen (§ 207a Abs 4 Z 3 lit b StGB).

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3 und 5 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Indem die Verfahrensrüge (Z 3) behauptet, der Angeklagte habe ‑ „obwohl er teilweise nicht schuldig“ sei ‑ nur deshalb ein Geständnis abgelegt, um eine mildere Strafe zu erhalten und das Erstgericht habe dieses „Scheingeständnis“ nicht „mit voller Bestimmtheit“ hinterfragt sowie es unterlassen, trotz Geständnisses „das Beweisverfahren ausführlich und bestimmt durchzuführen“, macht sie keine Verletzung einer der in § 281 Abs 1 Z 3 StPO taxativ aufgezählten ‑ oder in (nach Inkrafttreten der StPO erlassenen) Nebengesetzen enthaltenen, ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit zu beobachtenden ‑ Bestimmungen geltend, die (ausschließlich) den in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrund darstellen würde (RIS‑Justiz RS0099118, RS0099088; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 193).

Keinen Begründungsmangel (Z 5) zeigt die Beschwerde mit der ‑ im Übrigen unzutreffenden (vgl US 15 ff) ‑ Behauptung auf, das Erstgericht habe sich „mit der Feststellung des Geständnisses begnügt, ohne sich mit der Verantwortung des Angeklagten im Detail auseinanderzusetzen“.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenso wie die vom Angeklagten angemeldete (ON 63 S 61) und ausgeführte ‑ zur Anfechtung schöffengerichtlicher Urteile aber nicht vorgesehene (vgl §§ 280, 283 Abs 1 StPO) ‑ „Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld“ bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen gegen den Ausspruch über die Strafe folgt (§ 285i StPO).

Auf die handschriftliche, mit 31. August 2015 datierte Eingabe des Angeklagten war keine Rücksicht zu nehmen, weil § 285 Abs 1 erster Satz StPO ausdrücklich nur eine einzige Ausführung der Beschwerdegründe zulässt, der ausgewiesene Verteidiger eine solche prozessordnungsgemäß eingebracht hat und daher nur diese maßgeblich ist (RIS‑Justiz RS0100175, RS0100046; Ratz, WK‑StPO § 285 Rz 7).

Bleibt mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO anzumerken, dass das Erstgericht die Strafbemessung unter anderem damit begründete, dass man „von einer wahren Schuldeinsicht oder eines Unrechtsbewusstseins kaum sprechen“ könne, der Angeklagte „seine Schuld offensichtlich nicht wirklich“ einsehe, seine Tathandlungen bagatellisierte und nur bereit war „das zuzugestehen, was sich ohnedies eindeutig aus dem Filmmaterial ergab“ (US 32). Damit wurde im Ergebnis die leugnende Verantwortung des Angeklagten als eine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache gewertet und solcherart das Gesetz unrichtig angewendet (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO; vgl RIS‑Justiz RS0090897). Diesem von der Beschwerde (und der Berufung) nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Berufungsentscheidung Rechnung zu tragen haben (RIS-Justiz RS0122140).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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