OGH 8ObS7/15k

OGH8ObS7/15k29.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner und den Hofrat Mag. Ziegelbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Mag. Thomas Kallab in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Z***** J*****, vertreten durch Dr. Walter Silbermayr, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei IEF‑Service GmbH, Geschäftsstelle Wien, 1150 Wien, Linke Wienzeile 246, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17‑19, wegen 9.370 EUR sA (Insolvenz-Entgelt), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Februar 2015, GZ 8 Rs 7/15f‑17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:008OBS00007.15K.1029.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 2 ASGG, § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zu den notwendigen Voraussetzungen für die Annahme einer Anscheinsvollmacht gehört nicht nur ein bestimmter Sachverhalt, aus dem der Erklärungsempfänger objektiv einen Willen auf Vollmachtserteilung erschließen konnte, sondern auch der Nachweis, dass dieser Sachverhalt durch ein Verhalten des Geschäftsherrn zurechenbar veranlasst wurde (RIS-Justiz RS0020331 [T3]). Der Dritte muss bei Vertragsabschluss aufgrund eines Verhaltens des vermeintlichen Vollmachtgebers auf das Bestehen einer Vollmacht vertraut haben (RIS-Justiz RS0019609 [T7]; Schurr in Schwimann ABGB-TaKom² § 1029 Rz 8-11 ua).

2. Die vom Kläger in seiner Rechtsrüge angestrebte zusätzliche Sachverhaltsfeststellung (jene Person, die den Kläger als Fahrer eingestellt hatte, sei für die Spedition „Ansprechpartner“ bei der Schuldnerin gewesen) könnte demnach - selbst unter der Annahme, dass sie von seinem erstinstanzlichen Vorbringen gedeckt wäre - das gewünschte rechtliche Ergebnis nicht tragen. Die Revision vermag nämlich keinen Zusammenhang zwischen der Funktion, die Dritte der betreffenden Person beigemessen haben, und einem Verhalten einer zur Vertretung der Schuldnerin berechtigten Person, das diesen Eindruck veranlasst hätte, herzustellen.

3. Im Übrigen gibt die Revision die Zeugenaussage, auf die sie ihre gewünschte Feststellung stützen will, unvollständig wider. Der Zeuge hat die Person, die den Kläger eingestellt hat, nur als „für die Werkstatt zuständig“ und „Kontakt für Fragen hinsichtlich Werkstatt“ bezeichnet (ON 11 S 1).

4. Der Revision ist darin beizupflichten, dass der Kläger kein Scheinarbeitsverhältnis eingegangen ist; dies bedeutet aber noch nicht, dass die Schuldnergesellschaft sein Arbeitgeber war.

Auf Grundlage der für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen ist das vom Berufungsgericht gewonnene rechtliche Ergebnis, dass die Person, die den Kläger eingestellt hat, als falsus procurator aufgetreten ist, die strengen Voraussetzungen für eine wirksame Anscheinsvollmacht nicht erfüllt waren und schließlich die vertreterlose Schuldnerin auch nicht imstande war, das vollmachtslos eingegangene Rechtsgeschäft durch Entgegennahme der Arbeitsleistungen des Klägers faktisch zu sanieren, jedenfalls vertretbar und keine iSd § 502 Abs 1 ZPO zu korrigierende Fehlbeurteilung.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte