OGH 6Ob196/15i

OGH6Ob196/15i23.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer und Dr. Friedrich Petri, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Andres Jeidler, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wegen 12.799,98 EUR sA über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Juni 2015, GZ 2 R 65/15s‑90, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 838,44 EUR (darin 139,74 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden ‑ Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

Die Frage, ob auf einen konkreten Vertrag die Regeln des Werkvertrags oder des Auftrags zur Anwendung kommen, richtet sich im Wesentlichen nach der jeweiligen Parteienvereinbarung, also nach dem Vertragsinhalt. Dies ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0042936, RS0042776), der keine erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommt.

Die rechtliche Qualifikation von Verträgen mit Architekten ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt. Demnach ist ein Vertrag, mit dem einem Architekten nur der Auftrag zur Herstellung der Baupläne erteilt wird, als Werkvertrag zu qualifizieren (RIS‑Justiz RS0019644 [T2]). Wenn aber über die Herstellung der Baupläne hinaus dem Architekten die Verrichtung von Vertretungshandlungen aufgetragen wurde, kann ein gemischter Vertrag vorliegen, der auch Elemente eines Bevollmächtigungsvertrags enthält (RIS‑Justiz RS0019364). Obliegt dem Architekten auch die Bauaufsicht, kommt darin zum Ausdruck, dass der Architekt auch mit der Wahrnehmung der Interessen des Bauherrn gegenüber den Professionisten betraut ist. Immer dann, wenn die damit übernommene Aufgabe zur Wahrung der Interessen für den Auftraggeber den Ausschlag gibt, überwiegen die Elemente des Bevollmächtigungsvertrags (RIS‑Justiz RS0019364 [T5]). In der Literatur werden im Wesentlichen ähnliche Abgrenzungskriterien vertreten ( Strasser in Rummel ABGB 3 § 1002 Rz 27).

Für die vom Berufungsgericht für erforderlich gehaltene „Schärfung“ der Judikatur zur rechtlichen Qualifikation des Architektenvertrags besteht daher kein Raum.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen ist das Bauprojekt letztlich nur daran gescheitert, dass die Beklagte im Jahr 2009 die Pläne eigenmächtig eingereicht hat, ohne die erforderlichen Unterschriften der Miteigentümer beigebracht zu haben. Die Abklärung des Orts‑ und Landschaftsbildschutzes hatte ausdrücklich die Beklagte übernommen. Damit geht der in der Revision vertretene Standpunkt, wonach die Klägerin die Verzögerung zwischen Herbst 2009 und März 2010 zu vertreten habe, nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

Den Feststellungen der Vorinstanzen ist nicht zu entnehmen, durch welches Verhalten der Klägerin das Vertrauen in sie so schwer erschüttert worden sein sollte, dass die Beklagte zum Rücktritt berechtigt wäre (vgl dazu RIS‑Justiz RS0018286 [T8]). Im Übrigen ist ‑ abgesehen davon, dass eine Rücktrittserklärung von den Vorinstanzen nicht festgestellt wurde ‑ stets eine Frage des Einzelfalls, ob derart wichtige Gründe vorliegen, die zu einer sofortigen Vertragsaufhebung berechtigen (RIS‑Justiz RS0018286 [T9]).

Entgegen der von der beklagten Partei vertretenen Rechtsansicht könnte auch bei Qualifikation des vorliegenden Vertrags als Werkvertrag das Risiko der mangelnden Genehmigungsfähigkeit des geplanten Werks nicht automatisch der Klägerin auferlegt werden. Abgesehen davon, dass nach den Feststellungen der Vorinstanzen die dritte Version des Einreichplans genehmigt worden wäre und schon die zweite Version prinzipiell genehmigungsfähig war, kam es der Beklagten im vorliegenden Fall nicht auf die strikte und gesicherte Einhaltung der Rechtslage, sondern primär auf eine spezielle bauliche Gestaltung an. Die damit allenfalls verbundenen Probleme im Genehmigungsverfahren nahm die Beklagte bewusst auf sich, indem sie nach dem Auftreten der Schwierigkeiten ankündigte, erforderlichenfalls den Rechtsweg zu beschreiten. Die Relevanz der von der Beklagten monierten Verletzung von Aufklärungspflichten hinsichtlich der zu erwartenden Schwierigkeiten unter dem Aspekt des Orts‑ und Landschaftsbildes ist ebenso wenig ersichtlich wie die Grundlagen für einen im erstgerichtlichen Verfahren auch nicht näher konkretisierten Wandlungsanspruch im Sinne des § 932 ABGB. Wenn bei dieser Sachlage die Vorinstanzen den Entgeltanspruch der Klägerin bejahten, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.

Die Revision bringt daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

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