OGH 1Ob174/15t

OGH1Ob174/15t22.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Mag. A***** H*****, 2. A***** D*****, sowie 3. G***** H***** und 4. M***** H*****, alle vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte OG, Baden bei Wien, gegen die beklagte Partei Mag. ***** R***** H*****, Rechtsanwalt, *****, wegen 26.357,44 EUR sA und 17.245,80 EUR sA, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Mai 2015, GZ 11 R 71/15i‑18, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 6. März 2015, GZ 2 Cg 86/14b‑10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00174.15T.1022.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Die ursprüngliche Alleineigentümerin einer Liegenschaft, auf der Wohngebäude errichtet wurden, veräußerte ab dem Jahr 2003 sukzessive schlichte Miteigentumsanteile an mehrere Personen. Die Erstklägerin und der Zweitkläger kauften mit Vertrag vom 11. 11./17. 11. 2005 jeweils 90/1250 Miteigentumsanteile, mit denen näher definiertes Wohnungseigentum verbunden werden sollte, um insgesamt 555.000 EUR. Die Drittklägerin und der Viertkläger kauften mit Vertrag vom 11. 11. 2005 jeweils 60/1250 Miteigentumsanteile, mit denen ebenfalls näher bestimmtes Wohnungseigentum verknüpft werden sollte, um insgesamt 360.000 EUR. Beide Vertragsurkunden enthalten unter Punkt I. die folgenden Absätze:

„(2) Die Verkäuferin hat auf der vorgenannten Liegenschaft durch konzessionierte Unternehmen ein aus drei freistehenden Baukörpern bestehendes mehrgeschossiges Eigentumswohnungsprojekt, bestehend aus 10 Wohnungseinheiten, teils mit Eigengärten, Terrassen, Kellerabteilen und Tiefgaragenstellplätzen errichtet und bereits 4 Wohnungen abverkauft.

(3) Die vertragsgegenständlichen Liegenschafts-anteile sind im Verhältnis zur Gesamtnutzfläche vorläufig festgesetzt. Die Vertragsparteien verpflichten sich hiermit untereinander und auch gegenüber den zukünftigen Miteigentümern, Wohnungseigentum zu begründen und diese Verpflichtung auf ihre allfälligen Rechtsnachfolger zu überbinden, sowie die schätzungsweise vereinbarten Miteigentumsanteile, unter Zugrundelegung der Nutzwertberechnung vollkommen unentgeltlich zu berichtigen, zu übertragen und zu übernehmen. All dies ohne Wertausgleich.“

Unter Punkt V. sehen beide Verträge vor, dass der von den Vertragsparteien zum Treuhänder bestellte Beklagte den Großteil des Kaufpreises (525.000 EUR bzw 340.000 EUR) nach der lastenfreien Verbücherung des schlichten Miteigentums der Käufer an die Verkäuferin weiterzuleiten hat. Der Restkaufpreis von 30.000 EUR bzw 20.000 EUR muss der Verkäuferin erst überwiesen werden, „sobald die Begründung von Wohnungseigentum betreffend die vertragsgegenständliche Wohnung im Grundbuch gemäß Wohnungseigentumsvertrag und Nutzwertgutachten erfolgt ist“.

Darüber hinaus enthalten beide Vertragsurkunden unter Punkt XX. die folgenden Regelungen: „Den Käufern wird durch die Verkäuferin mit gegenständlichem Vertrag die Erlangung von Wohnungseigentum nach den Bestimmungen dieses Vertrages verbindlich zugesichert. […] Die Verkäuferin verpflichtet sich, die Wohnungseigentumsbegründung bis 31. 12. 2006 durchzuführen.

In der Folge wurde das Eigentumsrecht der vier Kläger jeweils samt der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG einverleibt. Hingegen ist bisher noch kein Wohnungseigentum begründet worden. Eine Miteigentümerin hatte unter anderem der Widmungsänderung einer Dachfläche und deren Zuordnung zu einem bestimmten Wohnungseigentumsobjekt nicht zugestimmt.

Die Verkäuferin trat den Beklagten alle ihr zukünftig zustehenden Kaufpreise, die auf den von ihm errichteten Treuhandkonten einlangen, zur Besicherung seiner bisher und zukünftig entstehenden Honorarforderungen ihr gegenüber ab. Nachdem über das Vermögen der Verkäuferin der Konkurs eröffnet worden war, erklärten die Kläger dem Beklagten am 22. 3. 2010, eine etwaige vor Konkurseröffnung erteilte Vollmacht und einen etwaigen vor Konkurseröffnung erteilten Auftrag zur Begründung von Wohnungseigentum zurückzuziehen. Der Beklagte hatte im Konkursverfahren seine Honorarforderungen mit insgesamt 286.122,74 EUR angemeldet, in welchem Umfang die Forderungen auch festgestellt worden sind. Am 19. 11. 2014 wurde der Konkurs nach Verteilung an die Massegläubiger aufgehoben. Zum 30. 9. 2014 erlagen auf den Treuhandkonten zugunsten der Kläger Geldbeträge in Höhe der jeweiligen Klageforderungen. Diese haben sich in der Zwischenzeit aufgrund von Abbuchungen von Bankspesen geringfügig verringert. Die Kläger forderten den Beklagten am 6. 11. 2014 auf, die jeweils vorhandenen Beträge auf das Konto des Klagevertreters zu überweisen.

Die Kläger begehren nun die Rückzahlung der genannten Treuhandbeträge samt Zinsen ab 13. 11. 2014 und brachten dazu im Wesentlichen vor, die angestrebte Begründung von Wohnungseigentum sei zwar nicht endgültig unmöglich, doch habe die Verkäuferin ihre übernommene Verpflichtung zur Begründung von Wohnungseigentum nicht erfüllt und sei angesichts der Konkurseröffnung dauerhaft nicht mehr in der Lage dazu. Derzeit fehle es am Konsens der Miteigentümer. Die vertraglich normierte Bedingung, unter der der Beklagte zur Weiterleitung der Restkaufpreise befugt sei, könne daher nicht mehr eintreten. Er habe daher die von ihm verwahrten Restkaufpreisbeträge an die Käufer rückzuüberweisen.

Der Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, das bisherige Scheitern der Wohnungseigentumsbegründung sei nicht der Verkäuferin anzulasten, sondern den Miteigentümern, die das von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Nutzwertgutachten weder in der ursprünglichen noch modifizierten Form akzeptiert und keinen Wohnungseigentumsvertrag abgeschlossen hätten. Ungeachtet der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Verkäuferin sei die Wohnungseigentumsbegründung nach wie vor möglich. Die Verkäuferin habe die Restkaufpreisforderungen an ihn abgetreten, soweit sie zur Abdeckung seines Honorars notwendig seien; sie würden daher insoweit ihm zustehen. Schließlich bestünden auch Treuhandvereinbarungen mit den kreditfinanzierenden Banken, aus denen er noch nicht entlassen worden sei. Auch diese stünden einer Rückzahlung an die Kläger entgegen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erkannte den Beklagten schuldig, den Klägern 26.357,44 EUR bzw 17.245,80 EUR, jeweils samt Zinsen, zu zahlen. Wenn im Falle einer mehrseitigen Treuhand die Bedingungen für die Ausfolgung des treuhändig verwalteten Geldbetrags an die Treugeber nicht eintreten, sei der Treuhänder zur Rücküberweisung an den Treugeber verpflichtet. Zugunsten strittiger Honorarforderungen stehe einem Rechtsanwalt kein Zurückbehaltungsrecht zu. Er könne nur zwischen Rückzahlung oder gerichtlichem Erlag wählen. Nach den Kaufverträgen stünden die beim Beklagten als Treuhänder erliegenden Beträge der Verkäuferin zu, sobald Wohnungseigentum begründet ist, wobei die Verkäuferin verpflichtet gewesen sei, die Wohnungseigentumsbegründung bis Ende 2006 durchzuführen. Sie sei infolge Konkurseröffnung und nachfolgender Löschung nicht mehr in der Lage, dieser Verpflichtung nachzukommen. Damit sei (relative) Unmöglichkeit der Leistung eingetreten, weshalb die Beträge an die Kläger als Käufer zurückzuzahlen seien. Der Umstand, dass es daneben eine weitere Treuhandschaft des Beklagten mit den kreditfinanzierenden Banken gebe, ändere daran nichts, weil die Kaufpreise nach den Kaufverträgen den Käufern (und nicht Dritten) zukämen. Im Übrigen habe der Beklagte die Treuhandschaften mit den finanzierenden Banken erfüllt, sodass diese keinen Anspruch mehr aus der Treuhandschaft hätten. Die Abtretung der „Kaufpreise“ an den Beklagten sei nicht wirksam, weil es sich um eine Sicherungszession handle, die entsprechende Publizitätsakte erfordere. Dazu komme, dass der Verkäuferin mangels rechtzeitiger Begründung von Wohnungseigentum die Restkaufpreise nicht zustünden, weshalb auch eine fällige Forderung darauf nicht gegeben sei. Selbst bei Wirksamkeit der Abtretung wäre für den Beklagten nichts gewonnen, weil er für seine Honorarforderung kein Zurückbehaltungsrecht habe. Zur Pfändung der „Restkaufpreise“ durch Gläubiger des Bauträgers sei anzumerken, dass ‑ unabhängig vom fehlenden konkreten Vorbringen dazu ‑ Gläubiger durch exekutive Pfändung nicht mehr Rechte erwerben könnten, als die Verkäuferin im Zeitpunkt der Pfändung hatte. Die Verkäuferin habe mangels Erfüllung der Bedingung der Begründung von Wohnungseigentum aber keinen Anspruch auf Auszahlung der Restkaufpreise.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinne einer Klageabweisung ab und erklärte die Revision für zulässig. Die durch die Eröffnung des Konkurses bewirkte Auflösung der Verkäuferin habe ihre Rechtspersönlichkeit unberührt gelassen; eine Löschung dieser Gesellschaft habe laut den Eintragungen im Firmenbuch entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht stattgefunden. Das zwischen den Klägern, der Verkäuferin und dem beklagten Treuhänder begründete mehrseitige Treuhandverhältnis sei weder durch die Konkurseröffnung noch durch den von den Klägern erklärten Vollmachtswiderruf beendet worden und daher nach wie vor aufrecht. Ein Treuhänder habe zwar bei einer mehrseitigen Treuhand treuhändig verwaltete Beträge an den leistenden Treugeber rückzuerstatten, sobald feststeht, dass die Bedingungen für die Ausfolgung an den als Empfänger vorgesehenen Treugeber nicht eintreten können. Hier sei die Weiterleitung an die Verkäuferin an die Begründung von Wohnungseigentum geknüpft worden. Dass diese in Zukunft stattfinden könne, räumten auch die Kläger ein. Ihre Rechtsansicht, sie hätten deshalb schon jetzt einen Rückzahlungsanspruch, weil die Verkäuferin ihre Verpflichtung zur Durchführung der Wohnungseigentumsbegründung nicht mehr erfüllen könne, widerspreche bereits dem Wortlaut der betreffenden Vertragsbestimmung, der nicht auf eine Mitwirkung der Verkäuferin abstelle, sondern die Fälligkeit des Restkaufpreises an jede wie auch immer in die Wege geleitete Wohnungseigentumsbegründung knüpfe, die hier zwar noch nicht stattgefunden habe, aber unzweifelhaft nach wie vor möglich sei. Darüber hinaus sei die Verkäuferin bereits bei Abschluss der beiden verfahrensgegenständlichen Kaufverträge nicht mehr Alleineigentümerin der Liegenschaft und daher nicht mehr in der Lage gewesen, selbständig vorläufiges Wohnungseigentum nach § 45 WEG zu schaffen. Die Begründung von Wohnungseigentum sei daher schon damals nicht mehr in der alleinigen Macht der Verkäuferin gestanden, sondern habe einen zwischen allen Miteigentümern abzuschließenden Wohnungseigentumsvertrag vorausgesetzt, was auch im Vertrag klar zum Ausdruck gebracht worden sei. Der letzte Satz des Vertragspunkts XX. sei daher zur Vermeidung eines Widerspruchs einschränkend dahin zu interpretieren, dass die Verkäuferin über ihre Mitwirkungspflicht hinaus nur verhalten gewesen sei, die ins Auge gefasste Wohnungseigentumsbegründung bis 31. 12. 2006 zu koordinieren, wobei sie keine Erfolgs‑ sondern nur eine Sorgfaltsverbindlichkeit getroffen habe. Die Klage sei daher in Ermangelung einer endgültigen Unerfüllbarkeit der vereinbarten Bedingung abzuweisen. Die Revision sei zulässig, weil beim Erstgericht ein gleichgelagertes Parallelverfahren anhängig sei und darüber hinaus anzunehmen sei, dass Klauseln wie die hier in Rede stehenden Vertragspunkte I. (3), V. und XX. auch bei vielen anderen treuhändig abgewickelten Liegenschaftskäufen verwendet würden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Revision der Kläger ist nicht zulässig, weil darin keine im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen erörtert werden. Fragen der Vertragsauslegung sind grundsätzlich einzelfallabhängig (siehe nur RIS‑Justiz RS0042936; vgl auch RS0044358). Eine unvertretbare Vertragsauslegung, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre, ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

Einen Nichtigkeitsgrund wollen die Revisionswerber darin erkennen, dass das Berufungsgericht von der ‑ von den Eintragungen im öffentlich einsehbaren Firmenbuch abweichenden ‑ Feststellung des Erstgerichts, die Firma der Verkäuferin sei bei Schluss der Verhandlung erster Instanz bereits gelöscht gewesen, abgegangen sei. Abgesehen davon, dass diese „Feststellung“ für die Lösung der hier maßgeblichen Rechtsfragen unerheblich ist, bleibt auch unerfindlich, warum die Revisionswerber aus dem aufgezeigten Umstand einen Eingriff in die Teilrechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung ableiten wollen. Da es sich in Wahrheit um kein Rechtskraftproblem handelt, liegt der behauptete Revisionsgrund der Nichtigkeit nach § 503 Z 1 ZPO nicht vor. Auch der hilfsweise in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangel des Berufungsverfahrens ist zu verneinen, zumal der Zeitpunkt der (zwischenzeitig erfolgten) Löschung im Firmenbuch für das hier zu beurteilende Klagebegehren bedeutungslos ist.

Entscheidend ist vielmehr, ob der beklagte Treuhänder unter den festgestellten Umständen verpflichtet ist, den Klägern die noch auf den Treuhandkonten erliegenden Beträge, die von ihnen bzw ihren finanzierenden Banken erlegt worden sind, rückzuerstatten. Die bloße Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Treugebers hat auf den Abwicklungsmodus grundsätzlich keinen Einfluss (RIS‑Justiz RS0016151). Wenn das Berufungsgericht die maßgeblichen Vertragsbestimmungen so verstanden hat, dass die Restkaufpreise so lange auf den Treuhandkonten zu verbleiben haben, als die Begründung von Wohnungseigentum „betreffend die vertragsgegenständliche Wohnung im Grundbuch gemäß Wohnungseigentumsvertrag und Nutzwertgutachten“ noch nicht erfolgt ist, erscheint dies in keiner Weise bedenklich, hat das Berufungsgericht doch darüber hinaus auf die klare Gesetzeslage hingewiesen, nach der es im vorliegenden Fall weder der Treuhänder noch der Verkäufer (Bauträger) in der Hand hat, die Auszahlungsbedingung durch eigenes Handeln herbeizuführen. Nach § 3 Abs 1 Z 1 WEG setzt die Begründung von Wohnungseigentum im Allgemeinen eine schriftliche Vereinbarung aller Miteigentümer (Wohnungseigentumsvertrag) voraus. Da die Verkäuferin selbst nicht mehr Miteigentümerin der Liegenschaft ist und die Kläger die dem Beklagten erteilten Vollmachten, in ihrem Namen an der Wohnungseigentumsbegründung mitzuwirken, widerrufen haben, liegt die Wohnungseigentumsbegründung allein in den Händen der aktuellen Miteigentümer, die sich wechselseitig auch zur Mitwirkung bei der Begründung von Wohnungseigentum verpflichtet haben. Warum es in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein sollte, dass sich die Verkäuferin dazu verpflichtet hat, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Wohnungseigentum zu begründen, ist nicht verständlich, war doch von vornherein klar, dass sie dieser Verpflichtung schon nach dem Erwerb eines Miteigentumsanteils durch den ersten Käufer nicht mehr allein entsprechen konnte. In vertretbarer Vertragsauslegung hat das Berufungsgericht im Übrigen auch eine bloße Mitwirkungs‑ und Koordinationspflicht bei der Begründung von Wohnungseigentum angenommen. Schon nach dem Erwerb eines Miteigentumsanteils durch den ersten Käufer war die Verkäuferin nicht mehr in der Lage, das Entstehen von Wohnungseigentum ohne dessen Mitwirkung herbeizuführen. Schon bei Vertragsabschluss war somit klar, dass es zu Verzögerungen oder sonstigen Schwierigkeiten bei der Wohnungseigentumsbegründung kommen könnte, wenn sich ‑ wie dies nun tatsächlich geschehen ist ‑ auch nur zwei Miteigentümer über den Inhalt des Wohnungseigentumsvertrags uneinig sind.

Aber auch bei Annahme einer echten Verpflichtung der Verkäuferin zur Verschaffung von Wohnungseigentum zu einem bestimmten Zeitpunkt wäre für die Kläger im Ergebnis nichts gewonnen, weil auch dies nicht dazu führen könnte, dass der Beklagte zur Herausgabe der Treuhanderläge an sie verpflichtet wäre. Die Kläger wollen ersichtlich an den Kaufverträgen unverändert festhalten. Sie sind von ihnen weder gemäß § 918 ABGB zurückgetreten, noch haben sie ein Gestaltungsrecht auf Wandlung oder auf Preisminderung ausgeübt. Darüber hinaus haben sie schon im Verfahren erster Instanz ausdrücklich zugestanden, dass die Wohnungseigentumsbegründung objektiv weiterhin möglich ist; auch in der Revision berufen sie sich lediglich auf eine „subjektive Unmöglichkeit“ auf Seiten der Verkäuferin. Der derzeitige Schwebezustand kann aber ausschließlich durch ein gemeinsames Vorgehen der Miteigentümer ‑ allenfalls nach klageweiser Inanspruchnahme nach § 43 WEG jener Miteigentümer, die sich allenfalls weigern, den in den Kaufverträgen vorgesehenen Wohnungseigentumsvertrag abzuschließen ‑ beendet werden. Erst dann kann jene Bedingung (Begründung von Wohnungseigentum) eintreten, die den Beklagten verpflichtet, die restlichen Treuhandbeträge auszuzahlen.

Solange die Kaufverträge unverändert aufrecht sind, haben die Kläger, die aus dem Verzug bzw der unvollständigen Erfüllung gegenüber der Verkäuferin bisher offenbar keine (vertragsändernden) Rechtsfolgen geltend gemacht haben, auch im Verhältnis zu dieser ‑ bzw zu deren Gläubigern ‑ keinen Anspruch auf eine Verringerung des Kaufpreises, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt die Treuhandbeträge weiterhin vom Beklagten zu verwahren sind. Der Rechtsbehauptung, die vertragliche Regelung über die Auszahlung von Kaufpreisteilen lasse nur den Schluss zu, dass auf die Erfüllung „dieser Verpflichtung“, nämlich der Verpflichtung zur Wohnungseigentumsbegründung, ein bestimmter Kaufpreisteil gewidmet worden sei, hat schon das Berufungsgericht richtig entgegen gehalten, dass es in dieser Vertragspassage lediglich um die Fälligkeit einzelner Kaufpreisteile geht. Die Annahme, die Käufer hätten bei Verzug mit der Wohnungseigentumsbegründung die Möglichkeit, den früher fällig gewordenen Kaufpreisteil der Übertragung der Miteigentumsanteile zuzuordnen und für den Restbetrag die vereinbarte treuhändige Abwicklung „aufzukündigen“, ist weder mit der hier gewählten mehrseitigen Treuhand ‑ der Beklagte ist ja insbesondere auch den kreditgewährenden Gläubigern verpflichtet, die sich in der Regel als Sicherheit ein Pfandrecht an einem Wohnungseigentumsobjekt und nicht an einem bloßen ideellen Miteigentumsanteil versprechen lassen ‑ vereinbar, noch haben die Kläger einen entsprechenden übereinstimmenden Parteiwillen im Verfahren erster Instanz behauptet. Solange die Kaufverträge ‑ mangels Ausübung vertragsändernder Gestaltungsrechte durch die Käufer ‑ unverändert bestehen und die zukünftige Begründung von Wohnungseigentum noch möglich (und auch durchaus wahrscheinlich) ist, besteht weder ein Anspruch der Kläger auf Rückzahlung des vertragsgemäß vorgenommenen Treuhanderlags, noch eine Verpflichtung des Treuhänders, zur Ausfolgung der noch erliegenden Beträge an die Käufer. Inwieweit die Kläger die Rückzahlung der Treuhandgelder fordern können, wenn sie ‑ gemeinsam mit den übrigen Miteigentümern ‑ die Auszahlungsbedingung der Begründung von Wohnungseigentum unter Einsatz weiterer finanzieller Mittel herbeiführen, ist hier nicht zu prüfen.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50 Abs 1 iVm 40 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die fehlende Zulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, sodass sein Schriftsatz nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig war.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte