OGH 4Ob122/15t

OGH4Ob122/15t20.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** „Ö*****“ GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Gheneff‑Rami‑Sommer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 33.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Mai 2015, GZ 5 R 57/15m‑10, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Vergleichende Werbung ist primär nach § 2 UWG zu beurteilen und danach wettbewerbsrechtlich nur dann zu beanstanden, wenn die ernstlich und objektiv nachprüfbar behaupteten Umstände nicht den Tatsachen entsprechen oder die Ankündigung sonst zur Irreführung geeignet ist (RIS‑Justiz RS0077980). Nach dem allgemeinen Fallprüfungsschema beim Irreführungstatbestand (vgl RIS‑Justiz RS0123292) ist die Irreführungseignung danach zu beurteilen, wie ein durchschnittlicher Leser bei flüchtiger Aufmerksamkeit (RIS‑Justiz RS0078470) den Gesamteindruck der Werbung (RIS‑Justiz RS0078352) wahrnimmt, wobei je nach beworbenem Produkt oder beworbener Dienstleistung auch ein erhöhter Aufmerksamkeitsgrad zu unterstellen ist (RIS‑Justiz RS0114366). Der Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine werbliche Mitteilung verstehen, kommt in der Regel keine erhebliche Bedeutung zu (RIS‑Justiz RS0043000; RS0107771).

2. Werbung mit der Druckauflage ist grundsätzlich zulässig (4 Ob 140/93), wobei nicht darauf hingewiesen werden muss, dass die Druckauflage von der Verkaufsauflage abweicht (RIS‑Justiz RS0078700). Dieses Wissen kann bei den angesprochenen Verkehrskreisen vielmehr vorausgesetzt werden oder ist für sie nicht relevant. Suggeriert die Werbung jedoch, dass die Druckauflage allein maßgebliches Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg einer Zeitung ist (4 Ob 132/10f; 4 Ob 118/11y), ist sie irreführend, weil für die Werbewirksamkeit einer Zeitung in erster Linie die Leserzahl maßgeblich ist (4 Ob 23/03s; 4 Ob 122/09h).

3. Wenn die Vorinstanzen aus der fett gedruckten und optisch besonders hervorgehobenen Ankündigung „Heute“ ist der große Gewinner in Verbindung mit einem entsprechenden Balkendiagramm zur Darstellung der Druckauflagenentwicklung der Gewinner & Verlierer geschlossen haben, die angesprochenen Verkehrskreise verstünden dies nicht nur als Hinweis auf die positive Entwicklung der Druckauflage, sondern vor allem auch auf den wirtschaftlichen Erfolg der Beklagten, ist dies keine aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die Begriffe Gewinner und Verlierer beziehen sich nach allgemeinem Verkehrsverständnis im gegebenen Zusammenhang auf den wirtschaftlichen Erfolg der verglichenen Tageszeitungen, während die bloße Steigerung der Druckauflage gänzlich vom Willen des Medieninhabers abhängt und keine verlässliche Aussage über einen wirtschaftlichen Erfolg erlaubt. Die Beklagte belegt ihre Aussage „Heute“ ist der große Gewinner aber ausschließlich mit der Druckauflage. Die Beurteilung der beanstandeten Eigenwerbung als irreführend ist daher im Sinne der zitierten Rechtsprechung (4 Ob 132/10f und 4 Ob 118/11y) vertretbar. Die von der Revisionsrekurswerberin ins Treffen geführte Entscheidung 4 Ob 152/12z betraf einen gänzlich anders gelagerten Sachverhalt: Dort hatte die Beklagte nicht nur mit der Druckauflage geworben, sondern dieser die niedrige Verkaufsauflage gegenübergestellt, sodass gerade kein Fall einer ausschließlich mit der Druckauflage begründeten Spitzenstellungswerbung vorlag.

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