OGH 11Os103/15d

OGH11Os103/15d17.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pottmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mag. Karl V***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Genannten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 30. April 2015, GZ 11 Hv 63/14h‑46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00103.15D.0917.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil ‑ das auch einen unbekämpft gebliebenen Freispruch des Angeklagten von einem gleichartigen Vorwurf enthält ‑ wurde Mag. Karl V***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, am 10. Oktober 2011 Mag. Thomas B***** und am 19. Oktober 2011 Dr. Klaus K***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die wahrheitswidrige Vorgabe, er lebe in guten finanziellen Verhältnissen, sei ein rückzahlungsfähiger und -williger Kreditnehmer und werde ihnen lukrative Beteiligungen an einem „Casino-Projekt“ in San Marino verschaffen, zur Gewährung je eines Darlehens in Höhe von 100.000 Euro, somit zu Handlungen verleitet, die sie in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Die Mängelrüge (Z 5) bringt vor, das Erstgericht habe seine „Feststellungen zur subjektiven Tatseite“ (unter anderem) daraus abgeleitet, dass „über den Angeklagten ein Sanierungsverfahren vor dem Handelsgericht eröffnet“ worden sei. Zur Begründung dieser Annahme habe es sich auf Unterlagen (vgl US 5) gestützt, die - mangels Verlesung oder resümierender Darstellung ihres Inhalts ‑ in der Hauptverhandlung nicht vorgekommen seien (der Sache nach Z 5 vierter Fall).

Dem Beschwerdeführer ist zwar zuzugeben, dass die Formulierung im Hauptverhandlungsprotokoll, es werde „der wesentliche Akteninhalt“ vorgetragen (ON 164 S 30), der Vorschrift des § 271 Abs 1 Z 5 StPO ebensowenig gerecht wird wie jene (ON 38 S 9) des „Einsehens“ in „Unterlagen aus dem Konkursverfahren AZ 38 S 151/14 des HG Wien“ (RIS‑Justiz RS0110681; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 462). Die Einholung tatsächlicher Aufklärungen (§ 285f StPO) zur Frage, ob durch den damit protokollierten Vorgang (auch) die betreffenden Urkunden in die Hauptverhandlung eingeführt wurden (§ 258 Abs 1 StPO), konnte dennoch unterbleiben.

Denn weder ist entscheidend (zum Begriff Ratz , WK-StPO § 281 Rz 399), ob über das Vermögen des Angeklagten am 22. Dezember 2014 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde (US 2 f), noch erblickten die Tatrichter in diesem bloß illustrativ erwähnten (vgl US 7) Umstand (erkennbar) eine notwendige Bedingung für die Feststellung einer für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage bedeutsamen Tatsache. Seine sachverhaltsmäßige Bejahung ist daher kein Gegenstand der Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0116737).

Aussagen des Zeugen Mag. B***** zu Zeit, Art und Ausmaß vom Nichtigkeitswerber geleisteter (Teil-)Rückzahlungen hat das Erstgericht keineswegs übergangen (Z 5 zweiter Fall), sondern seinen diesbezüglichen Feststellungen (US 4) ausdrücklich zugrunde gelegt (US 5). Der Annahme eines Bereicherungswillens des Angeklagten zum Tatzeitpunkt (US 5) widersprechen (Z 5 dritter Fall) diese post delictum gesetzten Aktionen ‑ sinnfällig ‑ nicht.

Das Erstgericht nahm an, Mag. B***** und Dr. K***** würden dem Angeklagten die Darlehen ohne dessen Zusicherung, die betreffenden Gelder in ein „Casino-Projekt“ in San Marino zu investieren und sie daran (zu jeweils 2 %) zu beteiligen, nicht gewährt haben (US 6 f).

Von dem ‑ als unerörtert (Z 5 zweiter Fall) reklamierten ‑ Umstand, dass diese Zusage nicht in den über die Darlehensgewährung (jeweils in Form eines Notariatsakts) erstellten schriftlichen Vertragsurkunden festgehalten wurde, ging das Schöffengericht ohnedies aus (US 3). Die Annahme, hinwieder, der Angeklagte habe sie den Opfern dennoch (mündlich) erteilt, leitete das Erstgericht ‑ entgegen dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) ‑ keineswegs bloß aus „allgemeiner Lebenserfahrung“, sondern aus den von ihm als glaubwürdig erachteten Angaben des Mag. B***** und des Dr. K***** ab (US 7).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, weshalb trotz Bejahung der voluntativen Komponente der subjektiven Tatseite (US 5) zusätzliche Feststellungen zum ‑ denknotwendig mitenthaltenen (RIS‑Justiz RS0089034) ‑ Täterwissen erforderlich sein sollten (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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